Handelsblatt: „Wasserstoff-Thema – größte Gelddruckmaschinerie“

Gespräch Karliczek – Schlögl

Forschungsministerin Anja Karliczek und Chemie-Professor Robert Schlögl vom Max-Planck-Institut für Chemische Energiekonversion (CEC) in Mülheim an der Ruhr diskutieren im Handelsblatt-Interview Chancen und Risiken einer Wasserstoffwirtschaft – und mahnen zur Eile. Beide eine die Begeisterung für das Element mit der Nummer eins im Periodensystem. Langweilig wird das Gespräch mit dem Handelsblatt trotzdem nicht: Karliczek und Schlögl erklären die Farbenlehre aus blauem, grünem und türkisem Wasserstoff und warum Feuerland zum Saudi-Arabien der Zukunft werden könnte.

Siemens-Elektrolyseur (Detail) auf der Intersolar 2018 - Foto © Gerhard Hofmann, Agentur Zukunft für Solarify

Siemens-Elektrolyseur (Detail) auf der Intersolar 2018 – Foto © Agentur Zukunft für Solarify

In Zeiten des Klimawandels sei für sie „Wasserstoff der Energieträger der Zukunft – nicht mehr und nicht weniger“, eröffne er doch „vermutlich die einzige Möglichkeit, unsere großen Industrien, die viel CO2 ausstoßen, also etwa die Chemie- und Stahlbranche, im Land zu halten“. Die Zukunft gehöre dabei „allein dem grünen Wasserstoff“. Dem stimmt auch Schlögl zu: Blauer Wasserstoff habe „angesichts des Klimawandels keinen Sinn“. Die einzig legitime Technik sei der sogenannte „türkise“ Wasserstoff, bei dem CO2 als feste Materie übrig bleibe. Von CCS (Verpressung in der Erde) hält der Chemieprofessor nichts, weil die Folgen unklar seien.

Die Ministerin stimmt dem mit Blick auf die Nationale Wasserstoffstrategie zu: Sie möchte, dass wir „grün, global und groß denken. Wir dürfen uns nicht mit blauem Wasserstoff verzetteln“. Allerdings würden wir den größten Teil  des grünen Wasserstoffs aus dem Ausland importieren müssen. Dafür werde eben im BMBF ein Potenzialatlas erarbeitet, „wo es auf der Erde die besten Voraussetzungen gibt, um grünen Wasserstoff zu produzieren.“

Schlögl weiß bereits, wo das ist: „Dort, wo man sowohl Sonne als auch Wind nutzen und so rund um die Uhr Strom produzieren kann. Da bieten sich natürlich Nordafrika, Westafrika und Australien an – aber auch Feuerland ist hochinteressant. An Kap Horn pfeift permanent der Wind. Und da der Transport von Wasserstoff fast nichts kostet, ist es egal, wo auf der Welt wir ihn produzieren.“ Auch ein Wasserstoff-Desertec in der Sahara werde wieder sinnvoll: Die Desertec-Initiatoren hätten eingesehen, dass Stromleitungen durchs Mittelmeer nicht sinnvoll seien, und „setzen jetzt auf die Produktion von Wasserstoff, den sie verschiffen“.

Weiter ging es in dem Interview darum, wie grüner Wasserstoff billiger, wie der riesige Forschungsbedarf abgearbeitet werden und wie „eine Roadmap der Politik, eine Gesamtverantwortung“ (Schlögl) entstehen kann. Dazu brauche es vor allem Demonstratoren auf höchstem Niveau, nicht wie beim gescheiterten Transrapid. Dazu müssen Demonstration und Versorgung völlig entkoppelt werden. All das müsse „rasend schnell gehen, weil der Übergang mit Parallelstrukturen extrem teuer ist“.  Aber laut Karliczek sind wir „auf einem richtigen Weg. Aus meiner Sicht könnten wir die Ziele aber in den nächsten Wochen noch etwas ehrgeiziger formulieren.“

->Quelle und komplettes Interview:

handelsblatt.com/anja-karliczek-und-robert-schloegl-hinter-dem-wasserstoff-thema-verbirgt-sich-die-groesste-gelddruckmaschinerie