Deloitte: 2021 drohen Strafzahlungen bis 3,3 Mrd. Euro

EU-CO2-Grenzwerte für Autobauer: „Regelkonform  u n d  profitabel agieren“

Neue europäische Gesetzgebungen hinsichtlich der CO2-Grenzwerte von Fahrzeugen zwingen Kraftfahrzeughersteller (OEMs) zum Umdenken: Wie die Unternehmensberatung Deloitte in einer Medienmitteilung schreibt, reiche es nicht länger aus, möglichst viele Autos profitabel zu verkaufen – auch deren CO2-Emissionen müssen berücksichtigt werden“, um Strafzahlungen und vor allem weiteren Reputationsschäden vorzubeugen.

VW produzierte im Dieselskandal auf Halde - Foto © Agentur Zukunft für Solarify

VW produzierte im Dieselskandal auf Halde – Foto © Agentur Zukunft für Solarify

Eine Erweiterung der bisherigen Konzepte zu Steuerung und Planung sei unerlässlich, um die gestiegene Komplexität abzubilden, so Deloitte in der Studie „Cutting CO2 Emissions from Passenger Cars“, in der mit einem quantitativen Prognosemodell die Auswirkungen der strengeren CO2-Regulierung auf die Kfz-Verkäufe, die Emissionen und die Einhaltung der CO2-Vorschriften in der EU von 2020 bis 2026 berechnet werden.

CO2-Grenzwerte: Der externe Druck auf Kraftfahrzeughersteller steigt

Bereits seit mehreren Jahren steigt der Druck auf die europäischen OEMs, die CO2-Emissionen ihrer Fahrzeuge zu reduzieren, um die regulatorischen Vorgaben einzuhalten. Bis 2030 wird aktuell mit einer Senkung der CO2-Grenzwerte um 37,5% gerechnet, was gravierende Auswirkungen auf OEMs hat. Eine Umstellung des gesamtheitlichen Produktportfolios hin zu CO2 konformen Fahrzeugen (insbesondere E-Mobile und Plug-in-Hybride) ist dringend nötig und frühzeitig einzuleiten.

2021 Strafzahlungen bis zu 3,3 Milliarden

Welche Auswirkungen diese strengere CO2-Regulierung hat, hat Deloitte mit einem quantitativen Prognosemodell berechnet. Das Modell führt Produktions- und Absatzzahlen der Automobildatenbank IHS sowie die von der Europäischen Umweltbehörde veröffentlichten Emissionswerte zusammen und prognostiziert Kfz-Verkäufe, Emissionen und die Einhaltung der CO2-Vorschriften in der Europäischen Union von 2020 bis 2026. Damit lässt sich für jeden OEM und jedes in der EU verkaufte Fahrzeugmodell der CO2-Ausstoß in Gramm pro Kilometer bis 2026 ermitteln und vorhersagen, ob die EU-Grenzwerte überschritten und mögliche Strafzahlungen auf die Hersteller zukommen.

Kernergebnisse der Studie:

  • Die strengere europäische CO2-Emissionsgesetzgebung könnte gravierende Strafzahlungen und Reputationsschäden zur Folge haben. 2021 drohen bis 3,3 Mrd. € Strafzahlungen für 10 von 21 KFZ-Herstellern.
  • Das neue, ab 2021 verbindlich geltende WLTP-Messverfahren führt zu signifikant höheren CO2-Werten pro Fahrzeug: Im Schnitt liegen die CO2-Emissionen 23 % über den aktuellen NEFZ-Werten.
  • Elektroautos und Plug-in-Hybride haben die größte Hebelwirkung beim Thema CO2-Reduktion – und die Kundennachfrage steigt: Der Marktanteil von Plug-in-Hybriden und E-Autos an den Neuzulassungen wird sich nach unseren Berechnungen bis 2026 verdreifachen.
  • Der SUV-Trend setzt sich fort: Die OEMs setzen bei der Elektrifizierung auf ein gegenüber kleineren Fahrzeugtypen überproportionales Wachstum bei Hybrid- und Elektro-SUVs. 40% aller SUVs werden nach unserer Berechnung im Jahr 2026 mit einem Plug-in-Hybrid- oder E-Antrieb ausgestattet sein.
  • Sonderregelungen wie “Supercredits” und “Phase-in” erleichtern die Einhaltung der EU-Emissionsvorgaben 2020 und helfen so, Strafzahlungen in einer Gesamthöhe von 7,3 Mrd. € abzuwenden.
  • Der Brexit als zusätzlicher Kostentreiber: Der Austritt des Vereinigten Königreichs aus der EU hat zusätzliche Strafzahlungen in Höhe von 27 Millionen € für fünf OEMs zur Folge.

Weitere Informationen und Ergebnisse  in der Deloitte Studie “Cutting CO2 emissions from passenger cars”.

Stellhebel zur Optimierung des Produktportfolios

Die gestiegenen Anforderungen an die OEMs erfordern operativ eine langfristige und kurzfristige Steuerung und Planung von CO2. Hierbei ist neben der neuen KPI insbesondere ihr Zusammenspiel mit Absatzzahlen und finanziellen Kennzahlen relevant. Betrachtet man die Stellhebel zur Optimierung des Produktportfolios, lassen sich folgende Maßnahmen identifizieren, die zu einer verbesserten CO2-Compliance der OEMs führen:

  • Technische Produktmaßnahmen
  • Portfoliomaßnahmen
  • Mixverschiebungen von konventionell zu elektrisch
  • Preisliche Maßnahmen (Senkung/Erhöhung von Listenpreisen)
  • Kurzfristige Volumenplanung/Mixverschiebung

Der Großteil dieser Maßnahmen bedarf einer langfristigen Planung und muss frühzeitig eingeleitet werden.

Langfristige Steuerung legt Grundlagen für CO2-konformes Produktportfolio und CO2-Grenzwert-Compliance

Langfristig wie kurzfristig ist es wichtig, dass neben den bisherigen Steuerungsgrößen (Profitabilität und Absatz) auch das Thema CO2 Emissionen in den Fokus des Steuerungsansatzes rückt. Eine kontinuierliche Abwägung zwischen Einbußen in der Profitabilität, potenziellen Strafzahlungen und Reputationsverlusten sowie zusätzlich benötigten technischen Maßnahmen ist erforderlich.

Dabei wird die Basis für ein mit CO2-Grenzwerten konformes und profitables Produktportfolio in der langfristigen Planung gesetzt – kurzfristig kann nur minimal ausgeglichen werden. Ein integrierter Prozess zur Steuerung des strategischen Produktportfolios (Langfristplanung) sowie der am Ende tatsächlich zugelassenen Fahrzeuge (Kurzfristplanung) ist essentiell, um einen gesamtheitlichen Blick auf das Thema CO2-Grenzwerte zu gewährleisten.

Ohne Systemsupport Komplexität nur schwer zu managen

Ein integrierter Prozess zwischen langfristiger und kurzfristiger Steuerung impliziert die Kombination von vielen Informationen aus unterschiedlichen Fachbereichen und Systemen. Diese Informationen müssen harmonisiert und miteinander verknüpft werden, um Transparenz über den aktuellen Status zu schaffen und die Simulation von Optimierungspotenzialen zu ermöglichen. Eine gesamtheitliche Systemlösung stellt sicher, dass alle Fachbereiche über einen gemeinsamen Status sprechen („Single Source of Truth“) und entsprechende Maßnahmen gemeinschaftlich und auf Basis identischer Prämissen erarbeitet werden können.

Wie sind gestiegene Anforderungen in Bezug auf CO2-Grenzwerte für OEMs umsetzbar?

Es ist unumstritten, dass europäische Automobilkonzerne in den kommenden Jahren weiterhin mit den gestiegenen Anforderungen an die Steuerung von CO2-Emissionen zu kämpfen haben. Damit einhergehende Profitabilitätseinbußen sind nur bedingt abwendbar. Dennoch ist eine Umgestaltung des Produktportfolios bereits gestartet und mittels eines gesamtheitlichen methodischen Ansatzes und entsprechender systemseitiger Unterstützung machbar.

->Quellen: