Mehr als 70 Maßnahmen in umweltpolitischer Digitalagenda des BMU

IÖW: Wichtiger erster Schritt, aber noch kein Durchbruch

Bundesumweltministerin Svenja Schulze hat am 02.03.2020 in der Bundespressekonferenz in Berlin gemeinsam mit Wuppertal-Institut-Präsident Manfred Fischedick die umweltpolitische Digitalagenda ihres Ministeriums vorgelegt. Sie enthält mehr als 70 konkrete Maßnahmen. Zum einen soll die Digitalisierung in umweltverträgliche Bahnen gelenkt werden, und zum anderen sollen die Chancen der Digitalisierung für den Umweltschutz genutzt werden. Wissenschaftler des Instituts für ökologische Wirtschaftsforschung (IÖW) würdigen die Agenda als ersten Schritt: Sie stelle einen wichtigen Beitrag zu einer zukunftsfähigen Gestaltung eines der bedeutendsten Innovationsfelder der heutigen Zeit dar, bedeute aber noch keinen Durchbruch.

Aus einer Medienmitteilung des BMU: „Die Digitalagenda ist die erste Strategie in Europa, die Digitalisierung und Umweltschutz derart konsequent miteinander verbindet. Entwickelt wurde sie vom Bundesumweltministerium in einem breiten Dialog mit rund 200 Expertinnen und Experten, darunter auch das Wuppertal Institut.“ Bundesumweltministerin Svenja Schulze: „Mit dieser Digitalagenda leisten wir echte Pionierarbeit. Umweltschutz gehört in jeden Algorithmus. Denn ungesteuert wird die Digitalisierung zum Klimaproblem. Mit den richtigen Leitplanken kann die Digitalisierung aber auch dabei helfen, den Klimawandel einzudämmen und das Artensterben zu stoppen. Darum müssen wir zum einen die Digitalisierung in umweltgerechte Bahnen lenken. Zum anderen gilt es, die enormen Chancen der Digitalisierung für den Umweltschutz nutzen.“

Prof. Manfred Fischedick, wissenschaftlicher Geschäftsführer des Wuppertal Instituts: „In diesem Jahrzehnt wird sich entscheiden, ob wir den Hebel noch umlegen und die Nachhaltigkeitsziele erreichen können. Digitalisierung kann einen wichtigen Lösungsbeitrag dazu leisten, wenn wir Digitalisierung intelligent lenken und nutzenorientiert einsetzen. Es geht darum, den Energie- und Ressourcenbedarf der Digitalisierung zu verringern, die positiven Gestaltungskräfte, unter anderem für die Umsetzung der Energie- und Mobilitätswende sowie der Kreislaufwirtschaft zu bündeln und das Innovationspotenzial auszuschöpfen. Mit dem Grundprinzip ‚Digitalisierung mit Maß und (!) Ziel‘ setzt die umweltpolitische Digitalagenda eine starke Botschaft, hierdurch kann Deutschland eine wichtige Vorreiterrolle in Europa einnehmen und auf globaler Ebene hohe Multiplikationswirkung erzielen.“

Neue Regeln auf EU-Ebene für längeres Leben von Smartphones und Tablets

Die Agenda umfasst insgesamt mehr als 70 Maßnahmen. So soll unter anderem das Umweltbundesamt ein Register für Rechenzentren erstellen, als Datengrundlage für künftige Effizienzvorgaben. Smartphones und Tablets sollen durch neue Regeln auf EU-Ebene ein längeres Leben bekommen. Im Rahmen der EU-Ökodesign-Richtlinie soll vorgeschrieben werden, dass Hersteller Akkus und Displays austauschbar machen müssen und für eine Mindestfrist Ersatzteile oder Updates anbieten müssen. Das BMU setzt sich in diesem Rahmen auch für eine „Garantieaussagepflicht“ ein. „Hersteller sollen künftig sagen müssen, wie lange ihr Produkt garantiert halten wird. Dann wissen die Kundinnen und Kunden beim Kauf gleich, woran sie sind“, so die Ministerin.

Darüber hinaus enthält die Agenda auch Vorschläge für umweltfreundlicheres Online-Shopping. Ziel ist, umweltfreundliches Einkaufen durch mehr Transparenz zu erleichtern. Ein schneller Weg dahin wären Selbstverpflichtungen der Onlinehändler, Umweltschutzkriterien in ihre Such-Algorithmen einzubauen oder Produkte mit dem Blauen Engel gesondert anzuzeigen. Das BMU erforscht derzeit bereits entsprechende Konzepte zusammen mit dem Onlinehandel. Große Chancen bietet in dem Bereich auch ein sogenannter digitaler Produktpass. Das ist ein Datensatz, der zusammenfasst, woraus ein Produkt gebaut ist, wie klimafreundlich die Produktion war, wie man es reparieren kann, wo es Ersatzteile gibt und was bei der Entsorgung oder beim Recycling zu beachten ist. Diesen Ansatz will das BMU auf europäischer Ebene weiter vorantreiben.

Folgt: IÖW: „Erster Schritt, nicht mehr“