Netzagentur setzt Strafzahlungen aus

…und ändert Ausschreibungsprozedere

Wegen der Corona-Pandemie ändert die Bundesnetzagentur die Modalitäten der laufenden Ausschreibungen für Photovoltaik-, Windkraft-, Biomasse und KWK-Anlagen. Die Ausschreibungen sollen durchgeführt und die Bieter informiert werden, aber keine öffentliche Bekanntmachung der Zuschläge erfolgen. Auch soll ein Verfallen bereits gewährter Zuschläge infolge der Corona-Pandemie vermieden werden, schrieb Sandra Enkhardt am 21.03.2020 in pv magazine.

Biogasanlagen und Windgenerator – Foto © Gerhard Hofmann, Agentur Zukunft für Solarify

Die Forderung sei bereits in der vergangenen Woche von einigen Erneuerbaren-Verbänden und PV-Projektierern: Die Fristen für die Realisierung der PV-Projekte aus den Ausschreibungen müssten wegen der Corona-Pandemie verlängert werden. Aktuell sei die Installation neuer PV-Kraftwerke aufgrund verschiedener Beschränkungen kaum möglich, wie die Befragung einiger großer Projektierer in Deutschland durch pv magazine ergab. Am 23.03.2020 reagierte die Bundesnetzagentur. Um den Verlust der bereits gewährten Zuschläge und Strafzahlungen zu vermeiden, seien verschieden Maßnahmen ergriffen worden.

Die Maßnahmen der Netzagentur: „Ausschreibungen und Corona“

„Durch das Corona-Virus ist eine Ausnahmesituation entstanden. Dies betrifft bereits durchgeführte, aktuell laufende sowie auch alle anstehenden Ausschreibungen (EE- und KWK-Ausschreibungen)“, so die Agentur. Betroffen seien sowohl Unternehmen, die bereits einen Zuschlag erhalten hätten als auch potentielle neue Bieter. „Lieferketten sind unterbrochen, die Realisierung vieler Projekte steht in Frage. Bietern droht der pönalbewerte Verlust ihrer erhaltenen Zuschläge. Die Verkündung von Zuschlägen löst den Fristenlauf aus, dennoch müssen Bieter wissen, ob sie einen Zuschlag erhalten haben oder gegebenenfalls erneut bieten müssen. Aus gegebenem Anlass trifft die Bundesnetzagentur folgende Maßnahmen: für laufende und künftige Ausschreibungen:

1. Ausschreibungstermine:

Die Ausschreibungstermine finden statt. Sie sind gesetzlich vorgegeben. Dies gilt auch für Ausschreibungstermine, die noch nicht auf der Internetseite der Bundesnetzagentur bekannt gemacht wurden. Teilnehmer müssen ihre Gebote jeweils fristgerecht einreichen.

2. Durchführung:

Die Bundesnetzagentur wird die Ausschreibungsrunden durchführen, das heißt, die Gebote öffnen, prüfen und reihen. Dies kann voraussichtlich jedoch nur zeitlich verzögert durchgeführt werden, denn die Öffnung und Prüfung erfolgt mit einem hohen Personalaufwand, die Anwesenheit mehrerer Personen in einem Raum ist erforderlich. Nach Prüfung und Reihung steht fest, welche Gebote einen Zuschlag erhalten:

  • Erfolgreiche Bieter werden eine schriftliche Zusicherung erhalten, dass sie einen Zuschlag bekommen.
  • Ausgeschlossene Bieter werden wie gewohnt informiert.
  • Bieter, die keinen Zuschlag aufgrund des gebotenen Werts erhalten, werden ebenfalls informiert.
  • Nicht mehr benötigte Sicherheiten werden ausgekehrt.

Wesentliche Änderung: Die Zuschlagsentscheidung selbst wird zunächst nicht im Internet bekanntgegeben. Damit beginnen die Fristen (betrifft u.a. Pönalen, Realisierungsfrist und Zahlung der Zweitsicherheit) nicht zu laufen. Erst nach einer Beruhigung der Lage wird dies nachgeholt. Ausnahmen werden für bezuschlagte Biomasse-Bestandsanlagen und für Bieter, die eine individuelle Vorabveröffentlichung wünschen (hierzu ist ein formloser Antrag zu stellen), gemacht.

3. Veröffentlichungen: 

Veröffentlicht werden jedoch die Zahlen zur eingegangenen Gebotsmenge und des höchsten und niedrigsten Gebotswerts, der bezuschlagten Gebote. Bei den Ausschreibungen, an denen sich Solaranlagen beteiligen können, wird zusätzlich auch die auf Acker- und Grünlandflächen entfallene Gebotsmenge veröffentlicht. Die Zahlen des Netzausbaugebiets für Windenergie an Land werden ebenfalls aktualisiert.

4. Realisierungsfristen bereits bezuschlagter Gebote:

  • Windenergieanlagen an Land und Biomasseanlagen: Eine Verlängerung der Realisierungsfrist wird für Gebote für Wind an Land und für Biomasse auf formlosen Antrag von der Bundesnetzagentur unbürokratisch gewährt. Die Anträge können per E-Mail gestellt werden, in ihnen sind die Gründe mitzuteilen, die zu einer Verzögerung des Projekts geführt haben.
  • Solaranlagen: Bei Solaranlagen ist die Beantragung einer Zahlungsberechtigung bis auf weiteres vor der Inbetriebnahme der Anlage möglich, wenn die geplante Anlage als Projekt im Marktstammdatenregister erfasst ist, so dass der Zuschlag nicht verfällt. Bei der Beantragung der Zahlungsberechtigung sind die Gründe mitzuteilen, die zu einer Verzögerung des Projekts geführt haben.
  • Bei den Zuschlägen für KWK-Anlagen besteht aktuell wegen der länger laufenden Realisierungsfristen kein Handlungsbedarf. Die Lage wird aber fortlaufend beobachtet.

5. Pönalen

Für Zuschläge für Windenergieanlagen an Land und für Biomasseanlagen werden eigentlich unabhängig von der Verlängerung der Realisierungsfrist nach Ablauf der ursprünglichen Realisierungsfrist Strafzahlungen fällig. Die Bundesnetzagentur wird jedoch bei gemäß der oben genannten Verfahrensweise verlängerten Zuschlägen bis auf Weiteres keine entsprechende Mitteilung an die Übertragungsnetzbetreiber machen, so dass keine Pönalen erhoben werden können.“

Die „abgespeckten“ Ergebnisse für die PV-Ausschreibungen im März hat die Bundesnetzagentur laut pv magazine noch nicht veröffentlicht. Es handelt sich um die erste von vier Sonderausschreibungen in diesem Jahr und hat ein Volumen von 300 Megawatt. Zudem läuft derzeit noch die erste technologieoffene Ausschreibung des Jahres, bei denen Photovoltaik und Windkraft an Land konkurrieren. Stichtag für die Gebote ist der 1. April. Bislang gingen alle Zuschläge in diesen Auktionen in Deutschland an PV-Anlagen.

Reaktionen

„Es ist gut, dass die Bundesnetzagentur jetzt ein Signal setzt, Fristen für Erneuerbaren-Projekte zu verlängern und Strafzahlungen vorerst auszusetzen“, erklärte Julia Verlinden, energiepolitische Sprecherin der Bundestagsfraktion von Bündnis 90/Die Grünen. „Entscheidend ist, dass der Aufschub von Fristen unbürokratisch und im notwendigen Umfang erfolgt. Dafür muss die Bundesnetzagentur auch in der Praxis sorgen.“ Die Grünen-Politikerin hatte sich im Vorfeld ebenfalls für eine Verlängerung der Fristen stark gemacht.

Der Bundesverband Neue Energiewirtschaft (be) begrüßte den Versuch der Bundesnetzagentur, im Rahmen des geltenden Rechtsrahmens Spielräume für die Fristeinhaltung von Ausschreibungsanlagen zu schaffen. Die Bekanntmachung lasse allerdings noch einige Fragen offen. Aus Sicht des bne böten die neuen Regeln noch keine Lösung für PV-Anlagen, die im B-Planverfahren feststecken, da vieles nicht mehr funktioniere, was für deren Baurecht vor Ort erforderlich sei. „Daher brauchen wir sehr schnell Gesetzesänderungen mit Fristverlängerungen sowie für die Dauer der Corona-Krise weitergehende Spielräume für die Bundesnetzagentur“, erklärte bne-Geschäftsführer Robert Busch.

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