BUND: GEG hat „keinerlei Klimanutzen“

Solardeckel-Streichung, Abstandsregelungen, Gebäudeenergiegesetz: Zielkurs für die Energiewende nicht in Sicht

Der Bundestag hat am 18.06.2020 Gesetzesänderungen zum Solardeckel und zur Abstandsregelung bei Windkraftanlagen sowie das GebäudeEnergieGesetz (GEG, siehe solarify.eu/gebaeudeenergiegesetz-aktualisieren-gih) beschlossen. Der BUND kritisiert falsche Weichenstellungen für das Vorankommen in der Energiewende. Hans-Josef Fell bleibt ebenfalls kritisch. Der BDEW sieht vertane Chancen.

Olaf Bandt, BUND-Vorsitzender: „Endlich, der Solardeckel ist nach einem unwürdigen Geschacher gefallen, mehr als ein dreiviertel Jahr, nachdem es im Klimapaket der Bundesregierung gefordert wurde. Diese Hängepartie geht auf das Konto von CDU und CSU. Den Solardeckel gegen Abstandsregelung für Windkraftanlagen auszuspielen zeigt, dass viele Unionspolitiker immer noch nicht verstanden haben, wie wichtig die Erneuerbaren-Branche für den Standort Deutschland ist.“

Noch immer Teil-Rot für Wind – Foto © Gerhard Hofmann Solarify

„Blockadehaltung der Union bei der Energiewende“

Die Union hatte in den regierungsinternen Verhandlungen ihre Forderung nach dem Mindestabstand von Windkraftanlagen von 1.000 Metern zu Wohnbebauung zur Bedingung für den Fall des Solardeckels gemacht. Die jetzt getroffene Einigung sieht vor, dass die Bundesländer nun selbst über die Abstände entscheiden dürfen. Bandt: „Damit hat die Union dem Föderalismus einen Bärendienst erwiesen. Es droht ein Wirrwarr an Vorgaben und Restriktionen in den Landes- und Raumplanungen. Dadurch gerät der Ausbau der erneuerbaren Energien, allem voran der Windbranche als Zugpferd der Energiewende, weiter ins Stocken. Wirtschaftliche Unsicherheiten zu schaffen für eine Zukunftsbranche, die essenziell für das Erreichen der Klimaziele ist, ist völlig unverständlich – insbesondere in Krisenzeiten. Das Beharren auf einer widersinnigen Abstandsregelung, die weder dem Naturschutz, noch der Akzeptanz der Bürger dient, steht für die Blockadehaltung der Union bei der Energiewende.“

Fell: PV-Hemmnisse bleiben trotz Deckel-Streichung bestehen

Die Koalition begrüße die Einigung als einen wesentlichen Beitrag zum Klimaschutz, so der Energie-Experte Hans-Josef Fell – „dies genau ist es aber überhaupt nicht, denn es wird damit ja kein stärkerer Ausbau der PV kommen, sondern nur ein Einbruch verhindert. Doch die Regierung, allen voran Wirtschaftsminister Altmaier, verkauft dies als Erfolgsmeldung: ‚Es geht bei der Energiewende weiter voran!‘ und weiter beschreibt er die Aufhebung des Solardeckels als ’starken Impuls bei Photovoltaik für Konjunktur und Beschäftigung in der Erneuerbaren-Branche‘. Altmaier täuscht so über die tatsächlichen Ausbauhemmnisse bei der PV hinweg. Denn weitere Hemmnisse für den Ausbau der Solarenergie bleiben bestehen (u.a. Ausschreibungen für Freiflächenanlagen, deutliche Vergütungssenkung durch ‚atmenden Deckel‘, EEG-Umlageerhebung auf Eigenstromerzeugung, fehlende Direktvermarktungs- und Mieterstromunterstützung). Der für den Klimaschutz jährlich notwendige Ausbau von 10-20 GW kann so nicht erreicht werden.“

Hinzu kommt laut Fell, dass zur Aufhebung des weitgehenden Investitionsstillstandes in den Bereichen Wasserkraft, Bioenergie und Geothermie für die Stromerzeugung keinerlei Beschlüsse gefasst worden seien. Bei der Windenergie sei sogar eine weitere Ausbaubremse beschlossen worden, mit dem Mindestabstand von höchstens 1000 Metern zur Wohnbebauung. „Zwar können die Länder auch kürzere Abstände einführen; die Erfahrung der letzten Jahre aber zeigt, dass viele Länder dem Druck der Windkraftgegner nachgeben werden und den höchst möglichen Mindestabstand von 1000 Metern beschließen werden, womit die verfügbaren Flächen für Windenergie weiter massiv eingeschränkt werden.“

BUND: GebäudeEnergieGesetz bereits heute ünberholt

Auch im Gebäudesektor, einem weiteren Schlüsselbereich für das Erreichen der Klimaschutzziele sieht es laut BUND es düster aus: Das GebäudeEnergieGesetz, das am 19.06.2020  nach jahrelanger Diskussion ebenfalls vom Bundestag verabschiedet worden sei, habe in der jetzigen Form keinerlei Klimanutzen. Effizienzstandards für Neubau und Sanierung blieben auf einem bereits heute überholten, unzureichenden Stand zurück.

„Das Ziel eines klimaneutralen Gebäudebestands wird wieder einmal verfehlt. Das ist nicht nur schlecht für unser Klima, sondern birgt auch die Gefahr, dass hohe Strafzahlungen an die EU auf Deutschland zukommen“, so Bandt. Aus Sicht des BUND hätten die Regierungsfraktionen weitreichendere Beschlüsse fassen müssen. „Der Zielkurs für die Energiewende ist nicht in Sicht. Um nachhaltige und krisensichere Rahmenbedingungen für Zukunftsbranchen wie die der erneuerbaren Energien und den Bausektor zu schaffen, muss der Solardeckel komplett abgeschafft, die pauschalen Abstandsregeln für Windkraftanlagen gekippt und ein GebäudeEnergieGesetz erarbeitet werden, das einen klimaneutralen Gebäudebestand garantiert. So kann – völlig ohne milliardenschwere Konjunkturhilfen – eine krisensichere, zukunftsfähige und ökologische Wirtschaft geschaffen werden“, erklärt Bandt.

BDEW: Grüner Wasserstoff zu zögerlich behandelt

Im GebäudeEnergieGesetz wurde wurde in den Augen des BDEW eine Chance damit vertan, dass „der Einsatz von grünem Wasserstoff im Rahmen der Innovationsklausel nur verhalten berücksichtigt wurde. Der BDEW hatte hierfür eine umfangreichere Erweiterung der Innovationsklausel vorgeschlagen, die erste Bewertungsgrundlagen für Wasserstoff auf Basis Erneuerbarer Energien im Wärmemarkt vorsah. Anstatt der Umsetzung dieses innovativen Modellansatzes wird das Vorhaben vorerst verschoben.

Die Regelungen zur – anlassbezogen obligatorischen – Energieberatung sind aus Sicht des BDEW zu eng gefasst: Im Gesetz wird ausschließlich auf ein unentgeltliches Beratungsangebot verwiesen. Hochwertige Beratungen der qualifizierten Berater der Energieeffizienz-Expertenliste des Bundes werden nicht adressiert. Eine Regelung, die aus Sicht des BDEW vertiefte Energieberatungen in der Praxis behindert und Sanierer und Erwerber einer Immobilie im Unklaren lässt.“

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