Klimawandel befördert große immergrüne Pflanzen

Waldwechsel in den asiatischen Tropen

Durch höhere CO2-Werte in der Luft wachsen in den asiatischen Tropen mehr immergrüne Pflanzen; laubabwerfende Pflanzen hingegen gehen zurück. Zudem wird die Vegetation der Region in Zukunft stärker in die Höhe wachsen. Das ist das Ergebnis einer Simulation von Wissenschaftlern des Senckenberg-Forschungszentrums für Biodiversität und Klima, die kürzlich im Fachmagazin Global Change Biology erschienen ist. In Folge dieser Entwicklung entsteht in den asiatischen Tropen bis 2100 im Mittel bis zu 23 Prozent mehr oberirdische holzige Biomasse. Die Region könnte daher eine globale Kohlenstoffsenke sein, vorausgesetzt, heutige Flächen mit natürlicher Vegetation werden nicht gerodet.

Vom Regenwald überwucherte Tempelstadt My Son in Vietnam – Foto © Gerhard Hofmann für Solarify

Zwischen Afghanistan im äußersten Westen und Papua-Neuguinea im Osten liegen die asiatischen Tropen, eines der dichtest besiedelten Gebiete der Erde. Die riesige Region ist im Hinblick auf ihre biologische Vielfalt bemerkenswert: sieben der 36 weltweiten Biodiversitäts-Hotspots findet man dort. Im subtropischen bis tropischen Klima gedeiht eine Pflanzenvielfalt die ihresgleichen sucht – von grasdominierten Savannen bis hin zum Dschungel immergrüner Regenwälder.

Dieser Pflanzenwelt stehen große Veränderungen bevor: „Durch höhere Kohlenstoffdioxidwerte in der Luft wird die Vegetation in Indien und dem westlichen Teil Südostasiens bis zum Jahr 2100 stellenweise mehr als zehn Prozent an Höhe zulegen. Zudem wird es in den asiatischen Tropen insgesamt mehr immergrüne Pflanzen geben, während die laubabwerfende Vegetation zurückgeht“, so Senckenberg-Wissenschaftler und Studien-Hauptautor Simon Scheiter.

Scheiter hat mit seinem Team anhand eines dynamischen Vegetationsmodells untersucht, wie sich der Klimawandel auf die Vegetation der asiatischen Tropen auswirkt. Die Forschenden simulierten, wie sich die Pflanzen unter Klimawandel-Szenarien mit moderaten und sehr hohen Kohlenstoffdioxid-Konzentrationen in der Atmosphäre bis 2100 entwickeln. Berechnet wurde die natürliche Vegetation unter Berücksichtigung verschiedener globaler Klimamodelle; potentielle zukünftige Landnutzungsänderungen (LULUCF – siehe solarify.eu/lulucf) wurden ausgespart.

Die Zunahme der Höhe und der immergrünen Wuchsform ist vornehmlich Bäumen zuzuschreiben. Deshalb wird die holzige Biomasse in der gesamten Region – mit Ausnahme von Pakistan und Afghanistan – bis zum Ende des Jahrhunderts ebenfalls signifikant steigen. Scheiter dazu: „Wir haben für die oberirdische Biomasse in den asiatischen Tropen im Zeitraum 2080 bis 2099 bei sehr hohen Treibhauskonzentrationen ein Plus von 22,8 Prozent gegenüber heute berechnet. Bei moderaten Treibhauskonzentrationen ist ein Plus von 12,7 Prozent zu erwarten.“

Die Gebiete in den asiatischen Tropen, die durch natürliche Vegetation bedeckt sind, werden daher den Forschenden zufolge bis zum Ende des Jahrhunderts eine globale Kohlenstoffsenke bilden. Voraussetzung dafür ist, dass die heutigen Flächen mit natürlicher Vegetation nicht gerodet werden, um Platz für Äcker, Weiden und Plantagen zu schaffen. Zudem demonstrieren die Ergebnisse, dass es sich lohnen könnte, in der Region ehemalige Waldgebiete wieder aufzuforsten, um den Klimawandel zu bremsen.

Das ist aber nur eine Seite der Medaille, wie Scheiter betont: „Unsere Simulation zeigt, dass Landschaften mit geringem Baumbestand und laubabwerfender Vegetation am stärksten durch den Klimawandel beeinträchtigt werden und das Ergrünen der Region Lebensräume komplett verändern wird. Wenn Graslandschaften und grasdominierte Savannen schrumpfen, könnten die dort heimischen Pflanzen und Tiere verschwinden oder ganz aussterben. Um dem Klimawandel zu begegnen, müssen wir deshalb eine Lösung finden, die sowohl Klima- als auch Artenschutz berücksichtigt.“

„Unterstützung für die Erhaltung der natürlichen Vegetation als Klimaschutzstrategie“

Graham Simpkins schreibt in Nature Reviews Earth & Environment: „Die Wälder im tropischen Asien sind durch direkte (Landnutzungsänderung) und indirekte (anthropogene Klimaänderung) Stressoren bedroht. So verändert der Klimawandel beispielsweise die Phänologie und Vegetationsstruktur der Pflanzen und beeinflusst damit die Verteilung der Vegetation, die Kohlenstoffspeicherung und die Biodiversität. Effektives Management und politische Empfehlungen erfordern daher ein vertieftes Verständnis dieser Prozesse, insbesondere im tropischen Asien, das 7 der 36 globalen Biodiversitäts-Hotspots beherbergt.“

Scheiter und Kollegen verwenden ein dynamisches Vegetationsmodell (aDGVM2), um die Auswirkungen des Klimawandels auf die Vegetationsbildung im tropischen Asien zu untersuchen. Im Vergleich zu 2000-2019 werde die oberirdische Biomasse in den Jahren 2080-2099 voraussichtlich um 12,7% bzw. 22,8% für den repräsentativen Konzentrationspfad 4,5 (RCP4,5) und RCP8,5 zunehmen. Diese Veränderungen seien im größten Teil des tropischen Asiens konsistent, wobei negative Veränderungen nur in Pakistan und Afghanistan festgestellt worden seien.

Simpkins weiter. „Solche Biomassezunahmen hängen in erster Linie mit einer Verschiebung von kleinen zu hohen Formationen und von laubabwerfenden zu immergrünen Biomen zusammen, am ausgeprägtesten in Indien und Südostasien, wo Höhenänderungen von ~5-10 m für RCP8.5 simuliert werden. Es wird daher erwartet, dass Regionen des tropischen Asiens, die von natürlicher Vegetation bedeckt sind, bis zum Ende des Jahrhunderts eine Kohlenstoffsenke bleiben werden (wenn man die Auswirkungen der Landnutzungsänderung außer Acht lässt), was weitgehend auf die CO2-Düngung zurückzuführen ist. Es wurde jedoch festgestellt, dass die Ergebnisse bei den einzelnen Ensemblemitgliedern unterschiedlich ausfielen, was die Notwendigkeit zeigt, bei der Beurteilung künftiger Vegetationstrends viele Modelle zu berücksichtigen. Diese potenziell prognostizierte Zunahme der oberirdischen Biomasse bietet Unterstützung für die Erhaltung der natürlichen Vegetation als Klimaschutzstrategie. Allerdings können Verschiebungen von offenen (Grasland) zu geschlossenen (bewaldeten) Ökosystemen auch konservatorische Herausforderungen darstellen; während solche Verschiebungen dem Klimaschutz zugute kommen, könnten sie auch die biologische Vielfalt bedrohen und Konflikte zwischen Nutzergruppen auslösen.“

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