Methan mit alarmierendem Aufwärtstrend

Atmosphärische Konzentrationen des zweitschädlichsten Treibhausgases erreichen Rekordniveau

Methan (CH4) ist nach Kohlendioxid (CO2) das wichtigste Treibhausgas, das zum anthropogenen Klimawandel beiträgt. Methan ist für 23% der durch CO2, CH4 und N2O verursachten globalen Erwärmung verantwortlich. Seine Konzentration in der Atmosphäre liegt 150% über dem vorindustriellen Niveau. Weil Methan rascher aus der Atmosphäre verschwindet (atmosphärische Lebensdauer 9 ± 2 Jahre), wirkt es auf 20 Jahre berechnet 86mal, auf 100 Jahre gerechnet 28mal stärker als CO2 auf die Atmosphäre. Methan trägt auch zur troposphärischen Produktion von Ozon bei, das Gesundheit, Lebensmittelproduktion und Ökosysteme schädigt. Wissenschaftler des Global Carbon Project haben die Zahlen in Earth System Science Data und Environmental Research Letters publiziert (s.u.).

Biologische Methanquellen: Kühe – Foto © Solarify

Die kurze Lebensdauer in der Atmosphäre macht CH4 zu einem guten Ziel für die Eindämmung des Klimawandels. Methan führt auch zur Produktion von Wasserdampf in der Stratosphäre durch chemische Reaktionen, was die globale Erwärmung verstärkt. Feuchtgebiete sind die größte natürliche globale CH4-Quelle.

Die atmosphärischen CH4-Konzentrationen steigen in den vergangenen Jahrzehnten schneller an als in den 2000er Jahren ab 2013. Der Trend der atmosphärischen Methankonzentrationen liegt näher an den treibhausgasintensivsten Szenarien des 5. Weltklimaberichts als an Szenarien, die Minderungsstrategien integrieren. Anthropogene Quellen sind für den gesamten oder größten Teil des jüngsten rapiden Anstiegs der globalen CH4-Konzentrationen verantwortlich, zu gleichen Teilen aus der Landwirtschaft (andere: zwei Drittel) und aus Quellen fossiler Brennstoffe.

Tropische Regionen spielen als Mitverursacher des atmosphärischen Wachstums die bedeutendste Rolle. Die Rolle der Methansenken muss weiter erforscht werden, da eine langsamere Zerstörung des Methans durch OH-Radikale in der Atmosphäre ebenfalls zu den beobachteten atmosphärischen Veränderungen der letzten zehn Jahre beigetragen haben könnte. Allerdings verhindern hohe Unsicherheiten bezüglich der OH-Belastung und des Trends solide Schlussfolgerungen. Die globalen Methanemissionen betrugen 576 Megatonnen CH4 von 2008 bis 2017.

Die Eindämmung von Methan bietet rasche Vorteile für das Klima sowie wirtschaftliche, gesundheitliche und landwirtschaftliche Ko-Vorteile, die die CO2 -Eindämmung in hohem Maße ergänzen.

Der jährliche weltweite Ausstoß des Treibhausgases Methan hat einen neuen Höchststand erreicht: 2017 gelangten Hochrechnungen zufolge knapp 600 Millionen Tonnen des Gases in die Erdatmosphäre, mehr als die Hälfte davon durch Aktivitäten des Menschen. „Methan hat vielfältige Quellen“, sagt der Klimaforscher Mojib Latif vom Geomar Helmholtz-Zentrum für Ozeanforschung in Kiel. „Etwa 20 Prozent der von Menschen verursachten Erderwärmung geht auf Methan zurück.“Gegenüber dem jährlichen Durchschnitt der Jahre 2000 bis 2006 hat sich der jährliche Ausstoß um rund 50 Millionen Tonnen erhöht, ein Zuwachs um neun Prozent. Diese Zahlen stammen aus zwei Studien einer Gruppe um Rob Jackson von der Stanford University in Kalifornien, die in Earth System Science Data und Environmental Research Letters veröffentlicht wurden. „Methan ist jetzt für 23 Prozent der globalen Erwärmung aufgrund von Treibhausgasen verantwortlich“, erklärte Ko-Autor Pep Canadell vom CSIRO Oceans and Atmosphere in Canberra (Australien).

„Die Leute scherzen über die Rülpser von Kühen, ohne zu wissen, wie groß die Quelle wirklich ist“, so Jackson. Die Emissionen von Rindern und anderen Wiederkäuern seien bei Methan fast so hoch wie die der fossilen Brennstoffindustrie. Mit jährlich 4,5 Millionen Tonnen mehr haben auch die USA ihren Anteil an der Emissionssteigerung, vor allem durch die Förderung und Verteilung von Erdgas. Der Anstieg der Methanemissionen durch das Auftauen von Permafrostböden in kälteren Regionen muss noch untersucht werden.

In Europa ist der Methanausstoß als einziger Weltregion leicht gesunken. „Richtlinien und ein besseres Management haben die Emissionen aus Deponien, Gülle und anderen Quellen hier in Europa reduziert“, erklärte Ko-Autorin Marielle Saunois von der Université de Versailles Saint-Quentin (Frankreich). Der Grund: Die Europäer konsumierten inzwischen weniger Rindfleisch und mehr Geflügel oder Fisch.

Landwirtschaft verursacht zwei Drittel des anthropogenen Methans

Die Studienautoren Jackson, Saunois und Canadell haben (gemeinsam mit Philippe Bousquet und Ben Poulter ihre Ergebnisse m 15.07.2020 in Scientific American zusammengefasst. Die Methankonzentration habe im vergangenen Jahr den Rekordwert von 1.875 ppb, mehr als das Zweieinhalbfache des vorindustriellen Niveaus, erreicht.

„Als Wissenschaftler des Global Carbon Project haben wir und Dutzende unserer Kollegen gerade eine Vierjahresstudie und öffentliche Datensätze des Global Methane Budget veröffentlicht, um die Methanquellen aus Land, Ozeanen, Landwirtschaft und der Nutzung fossiler Brennstoffe abzuschätzen. Die Methanemissionen erreichten 2017, dem letzten Jahr, für das vollständige Daten vorliegen, einen Rekordwert von 596 Millionen Tonnen pro Jahr (Bereich von 572-614 Millionen Tonnen einschließlich Fehleinschätzungen). Wir stellen die Ergebnisse in den Zeitschriften Earth System Science Data und Environmental Research Letters vor.“

Mit jedem Jahr entfernen wir uns weiter davon, die Erwärmung unter 1,5 oder 2 °C zu halten. In vielerlei Hinsicht sind wir noch weiter von einer Verringerung der Methanemissionen entfernt als bei Kohlendioxid.

Biologische Methanquellen entstehen vor allem durch Mikroben, die in sauerstoffarmen Umgebungen wachsen, darunter natürliche Feuchtgebiete, Deponien, wassergesättigte Reisfelder und die Mägen von Wiederkäuern wie Kühen, Ziegen und Schafen. Die Autoren finden keine Belege für erhöhte Methanemissionen aus natürlichen Feuchtgebieten, aber für erhöhte Methanemissionen aus Deponien und Wiederkäuern bis 2017; es gibt heute eineinhalb Milliarden mehr Menschen auf der Erde als im Jahr 2000, und der durchschnittliche Verzehr von rotem Fleisch pro Person nimmt immer noch zu. Die Landwirtschaft trägt etwa zwei Drittel des gesamten durch menschliche Aktivitäten freigesetzten Methans bei – so viel wie alle natürlichen Quellen zusammen.

Natürliche Sickerwasser, wie zum Beispiel blubbernde Schlammvulkane, setzen einen Teil des Methans aus fossilen Quellen im Untergrund frei. Aber das meiste fossile geologische Methan, das seinen Weg in die Atmosphäre findet, stammt aus fossilen Brennstoffen, die wir fördern, transportieren oder verbrennen. Nach dem Beitrag der Landwirtschaft in Höhe von zwei Dritteln tragen die Aktivitäten im Bereich der fossilen Brennstoffe den größten Teil des verbleibenden Drittels der weltweiten Methanemissionen aus menschlichen Aktivitäten bei – von Kohlebergwerken und Öl- und Gasquellen bis hin zu undichten Erdgasleitungen und Küchenherden. Insgesamt trugen die Emissionen aus der Landwirtschaft und der Nutzung fossiler Brennstoffe gleichermaßen zu dem von uns beobachteten jährlichen Anstieg von 50 Millionen Tonnen bei.

Es wird nicht einfach sein, die Emissionen von jeweils einer halben Milliarde Ziegen und mehr als einer Milliarde Rinder und Schafe weltweit einzudämmen. Einige Antworten sind ein besseres Düngermanagement, wie es Europa getan hat, weniger Fleisch zu essen (für diejenigen von uns, die genügend Protein in ihrer Ernährung haben) und Futterzusätze wie Algen oder ätherische Öle hinzuzufügen, um das Methan-Rülpsen bei Rindern und Schafen zu reduzieren. Wir können den Reisanbau ändern, um die permanente Staunässe zu vermeiden, welche die Methanproduktion ankurbelt. Wir können das Entweichen von Methan reduzieren, das bei der Förderung, Verteilung und Nutzung von Erdöl, Erdgas und Kohle entweicht. Wir können auch weniger fossile Brennstoffe verwenden, indem wir kohlenstoffarme Erneuerbare Energien, Elektrofahrzeuge und energieeffiziente Technologien einsetzen. Wenn wir all diese Dinge nicht tun, werden die Methanemissionen weiter ansteigen und den Planeten erwärmen, was vielleicht teurere und weniger bewährte Technologien zur Methanentfernung nach der Freisetzung erfordert.

Die Wissenschaftler präsentieren aber auch eine gute Nachricht: Weil Methan in der Atmosphäre sehr viel schneller abgebaut wird als CO2, könnte eine Verringerung des menschengemachten Methanausstoßes schnell Wirkung zeigen. Die kurzfristige Reduktion von Treibhausgasen im Zuge der Lockdowns wegen der Corona-Krise wird den Forschern zufolge kaum Einfluss auf die Methanemissionen haben. „Wir heizen immer noch unsere Häuser und Gebäude und die Landwirtschaft wächst weiter“, erklärte Rob Jackson.

Alle Autoren sind Mitglieder des Global Carbon Project, eines internationalen Zusammenschlusses von Forschern, welche die Emissionen von CH4 und anderen Treibhausgasen verfolgen.

->Quellen:

      • n-tv.de/Methanausstoss-erreicht-unguten-Hoechststand
      • globalcarbonproject.org/methanebudget
      • Originalpublikation: Marielle Saunois, Ann R. Stavert, Ben Poulter, Philippe Bousquet, Josep G. Canadell, Robert B. Jackson, Peter A. Raymond, Edward J. Dlugokencky, Sander Houweling, Prabir K. Patra, Philippe Ciais, Vivek K. Arora, David Bastviken, Peter Bergamaschi, Donald R. Blake, Gordon Brailsford, Lori Bruhwiler, Kimberly M. Carlson, Mark Carrol, Simona Castaldi, Naveen Chandra, Cyril Crevoisier, Patrick M. Crill, Kristofer Covey, Charles L. Curry, Giuseppe Etiope, Christian Frankenberg, Nicola Gedney, Michaela I. Hegglin, Lena Höglund-Isaksson, Gustaf Hugelius, Misa Ishizawa, Akihiko Ito, Greet Janssens-Maenhout, Katherine M. Jensen, Fortunat Joos, Thomas Kleinen, Paul B. Krummel, Ray L. Langenfelds, Goulven G. Laruelle, Licheng Liu, Toshinobu Machida, Shamil Maksyutov, Kyle C. McDonald, Joe McNorton, Paul A. Miller, Joe R. Melton, Isamu Morino, Jurek Müller, Fabiola Murguia-Flores, Vaishali Naik, Yosuke Niwa, Sergio Noce, Simon O’Doherty, Robert J. Parker, Changhui Peng, Shushi Peng, Glen P. Peters, Catherine Prigent, Ronald Prinn, Michel Ramonet, Pierre Regnier, William J. Riley, Judith A. Rosentreter, Arjo Segers, Isobel J. Simpson, Hao Shi, Steven J. Smith, L. Paul Steele, Brett F. Thornton, Hanqin Tian, Yasunori Tohjima, Francesco N. Tubiello, Aki Tsuruta, Nicolas Viovy, Apostolos Voulgarakis, Thomas S. Weber, Michiel van Weele, Guido R. van der Werf, Ray F. Weiss, Doug Worthy, Debra Wunch, Yi Yin, Yukio Yoshida, Wenxin Zhang, Zhen Zhang, Yuanhong Zhao, Bo Zheng, Qing Zhu, Qiuan Zhu, and Qianlai Zhuang: The Global Methane Budget 2000–2017 – in: Earth Syst. Sci. Data, 12, 1561–1623, https://doi.org/10.5194/essd-12-1561-2020, 2020 – earth-system-science-data.net
      • globalcarbonproject.org/GCP_MethaneBudget_2020_v2020-07-15.pdf
      • R B Jackson, M Saunois, P Bousquet, J G Canadell, B Poulter, A R Stavert, P Bergamaschi, Y Niwa, A Segers and A Tsuruta: Increasing anthropogenic methane emissions arise equally from agricultural and fossil fuel sources, in: Environmental Research Letters, iopscience.iop.org/1748-9326/ab9ed2