Klimamotor Golfstrom stottert

Untersuchung: Salzgehalt im Südatlantik steigt

Im Unterschied zu anderen Weltmeeren erwärmt sich nördliche Atlantik nicht so, wie es infolge des Klimawandels zu erwarten wäre. Stefan Rahmstorf, Klima- und Meeresforscher und Leiter der Abteilung Erdsystemanalyse am Potsdam-Institut für Klimafolgenforschung (PIK) schreibt auf spiegel.de: Die Auswertung von Daten der Meerestemperaturen zeige, dass der nördliche Atlantik sich als einzige Weltregion der globalen Erwärmung widersetze und seit dem 19. Jahrhundert sogar kühler geworden sei. Messdaten von zwei Forschern der Peking University und der Ohio State University belegten, dass die Abschwächung der Golfstromzirkulation zu einer Ansammlung von Salz im subtropischen Südatlantik geführt hat.

Atlantik-Brecher, Malecon von Havana, Kuba – Foto © Solarify

Am 14.09.2929 erschien die Untersuchung von chinesischen Forschern (unter anderem Zhengyu Liu – Foto li.) in Nature Climate Change. Erstmals wurden dafür Daten von außerhalb des Nordatlantiks herangezogen. Modellsimulationen zeigen, dass eine Abschwächung der Golfstromzirkulation zu einer Steigerung des Salzgehalts im subtropischen Südatlantik führt. Das liegt daran, so Rahmstorf, dass in dieser Region die starke Verdunstung ständig den Salzgehalt erhöht, während der obere Zweig der Meereszirkulation das salzreiche Wasser nach Norden abführt und salzärmeres von Süden heranbringt. Schwächt diese Strömung sich ab, wird das Wasser in dieser Region daher salziger. Genau dies zeigen die Messdaten im Einklang mit Computersimulationen. Die Autoren sprechen von einem „Salzgehalts-Fingerabdruck“ der Abschwächung der atlantischen Umwälzzirkulation.

Abstract aus Nature Climate Change: „Die atlantische meridionale Umwälzzirkulation (Atlantic Meridional Overturning Circulation, AMOC) ist eine aktive Komponente des Klimasystems der Erde, und ihre Reaktion auf die globale Erwärmung ist für die Gesellschaft von entscheidender Bedeutung. Klimamodelle haben eine Verlangsamung der AMOC unter der anthropogenen Erwärmung seit der industriellen Revolution gezeigt, aber diese Verlangsamung war aufgrund der erheblichen Klimavariabilität zwischen den Jahrzehnten in der kurzen Beobachtungsreihe nur schwer zu erkennen. Dies hat dazu geführt, dass die Verlangsamung indirekt aus längerfristigen Fingerabdrücken wie dem subpolaren „Erwärmungsloch“ im Nordatlantik erkannt wurde. Diese Fingerabdrücke, die einige Unsicherheiten aufweisen, sind jedoch alle lokale Indikatoren für die Verlangsamung der AMOC im subpolaren Nordatlantik. Hier zeigen wir Beobachtungs- und Modellierungsbeweise für einen Fernindikator der AMOC-Verlangsamung außerhalb des Nordatlantiks. Im Zuge der globalen Erwärmung verringert die Abschwächung der AMOC die Salzgehaltsdivergenz und führt dann zu einem „Salzgehaltsstapel“ in weiter Ferne im Südatlantik. Diese Anzeichen stimmen mit der Verlangsamung des AMOC unter der anthropogenen Erwärmung überein und deuten zudem darauf hin, dass diese Abschwächung wahrscheinlich bis in den Südatlantik hinein stattgefunden hat.“

Das warme Wasser im nordöstlichen Atlantik erwärmt auch die Luft in Mittel- und Nordeuropa. So herrschen hier im Winter relativ milde Temperaturen und im Sommer wird es auch weit in den Norden noch relativ warm. Auf der anderen Seite des Atlantiks ist das Klima bei gleichem Breitengrad, beispielsweise in Kanada, viel rauer, die Winter mit oft massenweise Schnee und Schneestürmen heftiger. Ohne den Golfstrom wäre die Nordsee regelmäßig zugefroren.

Golfstrom-Zubringer schwächer denn je

Das Wasservolumen des Floridastroms, Ausgangspunkt des Golfstroms, hat um 1,7 Millionen Kubikmeter pro Sekunde abgenommen, berichtete

Die historische Analyse des Stroms wurde anhand von Meeresspiegelaufzeichnungen aus Florida und der Karibik vorgenommen. Die Verlangsamung des Floridastroms hängt mit der Stärke des Golfstroms und dem viel breiteren System von Strömungen zusammen, das als Atlantic Meridional Overturning Circulation (AMOC) bekannt ist und zur Regulierung des globalen Klimas beiträgt. Das Verständnis vergangener Veränderungen der Meeresströmungen trägt dazu bei, eine der größten Unsicherheiten bei der Beobachtung des Klimawandels im vergangenen Jahrhundert zu verringern.”

Satellitendaten aus vierzig Jahren zeigen Verlagerung der sogenannten Ozeanwirbel; Modellstudien belegen maßgeblichen Einfluss der Erderwärmung

Die großen, windgetriebenen Strömungssysteme der Ozeane haben sich in den zurückliegenden 40 Jahren mit hohem Tempo Richtung Pol verschoben. Zu diesem Ergebnis kommen Forschende des Alfred-Wegener-Institutes, Helmholtz-Zentrum für Polar- und Meeresfoschung (AWI), nachdem sie globale Langzeit-Satellitendaten zur Meeresoberflächentemperatur und zur Höhe des Meeresspiegels ausgewertet haben.

Aus beiden Datensätzen lassen sich Rückschlüsse auf den Verlauf der großräumigen Oberflächenströmungen ziehen. Demnach verschieben sich sowohl auf der Nordhalbkugel als auch auf der Südhalbkugel der Erde die Grenzen der sogenannten Ozeanwirbel und ihrer wichtigen Randströme um 800 Meter pro Jahr Richtung Pol. Angetrieben wird diese Verlagerung gigantischer Wassermassen maßgeblich durch die Erderwärmung, wie zum Beispiel Berechnungen mit einem neuen AWI-Klimamodell belegen. Die Folgen des Wandels spüren Mensch und Natur, berichten die Forscher: Unter anderem steigt in den betroffenen Regionen der Meeresspiegel, Arten wandern ab und Sturmgebiete ziehen auf neuen Bahnen. Die Studie erschien am 24.02.2020 im Fachmagazin Geophysical Research Letters.

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