US-Gasboom vor Aus?

Brückenbrennstoff Erdgas in den USA gerade „kürzer und schmaler geworden“

Die sogenannte Erdgas-Revolution in den USA könnte zu Ende gehen: Eben erst hatte sie Amerika zum Energieexporteur gemacht, den Strom billig gehalten und zu einem Kraftwerksbau-Boom geführt. Doch die Konkurrenz der regenerativen Energieträger wächst, weil die Corona-Pandemie die Nachfrage nach fossilen Energien verringert hat, sagte Dan Klein von S&P (Standard & Poor’s) Global Platts*) auf deren Internetseite, zitiert u.a. vom Institute for Energy Economics and Financial Analysis (IEEFA) und Eric Wesoff in der US-Ausgabe des Portals pv magazine.

*) benannt nach Warren C. Platt (1883–1963), der 1909 die Zeitschrift National Petroleum News gegründet hat.

Gasfackel – Foto © Gerhard Hofmann für Solarify

Als das Coronavirus im Frühjahr die Wirtschaft zum Erliegen brachte, sahen Analysten die Erneuerbaren Energien gestärkt aus der Krise hervorgehen – weil die allgemein infolge des Lockdowns sinkende Stromnachfrage die Anleger fossiler Brennstoffe besonders hart treffen würde. Die Gesundheits- und Wirtschaftskrise verstärkte die Schmerzen der Erdgasindustrie just in dem Moment, wo sich die Ertragsaussichten für viele Besitzer und Betreiber fossiler Anlagen bereits verschlechtert hatten. Schon damals wurde (Fracking-)Erdgas für einen „Brückenbrennstoff“ zwischen Kohle und Erneuerbaren Energien gehalten – aber diese Brücke, wenn sie denn überhaupt existiert, wird jetzt  immer kürzer und schmaler.

Kleins Satz fiel in einem von S&P Global Inc. am 06.10.2020 veranstalteten Webinar: „[Wir] erwarten nach wie vor, dass Gas langfristig stark wachsen wird. … Aber COVID hat diesem Wachstum einen guten Teil weggenommen“. Demgegenüber herrscht die Erwartung vor, dass der Wind und Solar des Landes in diesem Jahr deutlich wachsen werden, dass demzufolge die Dynamik hinter einem Vorstoß für Netto-Null-Emissionen in den Unternehmen Amerikas zunimmt, weil einfach Europas Öl- und Gas-Konzerne ihre Aufmerksamkeit – und ihre Investitionsausgaben – stärker auf Erneuerbare Energien richten.

Noch entsprechen diese Trends mitnichten den nachdrücklichen Forderungen von Klimawissenschaftlern, um schlimmere Auswirkungen des Temperaturanstiegs zu vermeiden. Jason Bordoff, Direktor des Center on Global Energy Policy an der School of International and Public Affairs der Columbia University, sagte bei einer Veranstaltung im Rahmen der New Yorker Klimawoche (21.-27.09.2020): „Diesem Beispiel [wird aber] in vielen anderen Teilen der Welt nicht gefolgt“ – obwohl die EU den Kampf gegen den Klimawandel zu einer Priorität ihrer finanziellen Reaktion auf das Coronavirus gemacht hat.

Ein Lichtblick für Klimaaktivisten war eben die Ankündigung, dass China bis 2060 CO2-neutral werden will. Aber es bleibt offen, wie genau das Reich der Mitte plant, seine Emissionen zu reduzieren. So machen sich viele Analysten Sorgen darüber, dass Peking die Beschränkungen für den Bau neuer Kohlekraftwerke aufgehoben und lokale Regierungsbeamte in China dazu veranlasst hat, in der ersten Jahreshälfte 2020 etwa 20.000 MW neue Kohlekapazität zu genehmigen, die höchste Rate in den letzten Jahren.

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