„Kontraproduktive“ Auswirkung der auf CO2-Ausstoß ausgerichteten KFZ-Steuer

Nachfrageimpulse für Alternativ-Antriebe

Von der stärkeren Ausrichtung der dtKraftfahrzeugsteuer auf den CO2-Ausstoß erwartet die Bundesregierung positive Impulse für die Nachfrage nach alternativen Antrieben – so der parlamentseigene Pressedienst heute im bundestag (hib/HLE) am 08.10.2020. Das habe die Regierung in ihrer Antwort (19/22358) auf eine Kleine Anfrage der FDP-Fraktion (19/21932) mitgeteilt. Die höhere CO2-Gewichtung bei der Messung der Kraftfahrzeugsteuer setze Anreize für innovative und klimaschonende Mobilität, die zugleich bezahlbar und sozialverträglich bleibe. Solarify dokumentiert in Ausschnitten.

Deutscher Bundestag – 19.Wahlperiode – 14.09.2020
Antwort der Bundesregierung auf die Kleine Anfrage der Abgeordneten Oliver Luksic, Frank Sitta,Bernd Reuther, weiterer Abgeordneter und der Fraktion der FDP– Drucksache 19/21932

Das Konjunkturpaket der Bundesregierung, der Verkehrssektor und Steuern

Vorbemerkung der Fragesteller
Die Corona-Pandemie stellt die Bundesrepublik Deutschland vor enorme Herausforderungen in allen Lebensbereichen. Auch der Verkehrssektor ist davon und durch die Einschränkungen des öffentlichen Lebens, in der Wirtschaft und im Privaten sowie durch Grenzkontrollen und gestörte Lieferketten schwer betroffen. Gleichzeitig hat sich die Bedeutung eines leistungsfähigen und flexiblen Verkehrs in der Krise der vergangenen Monate noch einmal bestätigt. Die Erhaltung der Versorgungssicherheit für die Bevölkerung und die Industrie so-wie die Möglichkeit der Personenbeförderung innerhalb der Bundesrepublik als auch über ihre Grenzen hinweg sind von besonderer Wichtigkeit für den Standort Deutschland und für seine Bürger.

Die Bundesregierung hat in Reaktion auf die Corona-Pandemie am 3. Juni 2020 ein Konjunkturpaket vorgestellt. Neben vielen Impulsen für eine kurzfristige Ankurbelung der Binnenwirtschaft setzt sich dieses Papier auch das Ziel, als „Krisenbewältigungspapier“ nach dem Abflachen der Infektionskurve in Deutschland die Auswirkungen der Pandemie soweit als möglich einzudämmen. Auch der Verkehrssektor ist diesbezüglich durch eine Vielzahl von Maßnahmen direkt wie indirekt betroffen. Nach Ansicht der Fragestellerinnen und Fragesteller findet sich in diesem Programm in Bezug auf den Verkehrssektor neben einer Vielzahl grundsätzlich sinnvoller, aber wenig konkreter Vorschläge eine Weiterführung der bisherigen einseitigen und ineffektiven Subventionspolitik der Bundesregierung sowie verstecke Mehrbelastungen für die Bürger.

Im Bereich der Steuerpolitik hat die Bundesregierung im Rahmen des Konjunkturpakets zwei grundlegende steuerliche Anpassungen präsentiert. So soll einerseits für ein halbes Jahr die Mehrwertsteuer gesenkt werden und andererseits eine stärkere Ausrichtung der Kfz-Steuer auf den CO2-Ausstoß erfolgen. Nach Ansicht der Fragestellerinnen und Fragesteller sind diese beiden Schritte in der aktuellen Krise kontraproduktiv. Während die Steuersenkung großen bürokratischen Aufwand bereitet und gleichzeitig eine geringe Wirkung auf den Konsum gerade im angespannten Automobilsektor entfaltet, erhöht die Bundesregierung durch die Anpassung der Kfz-Steuer die Belastung für Fahrzeughalter, da viele Modelle nun höher besteuert werden sollen

1. Welche konkreten Maßnahmen hat die Bundesregierung bisher getroffen bzw. wird sie treffen, um, wie im Vortext des Konjunkturprogramms angekündigt, Lieferketten wiederherzustellen? Mit welcher Wirkung rechnet die Bundesregierung kurz- sowie langfristig durch die jeweiligen Maßnahmen (bitte einzeln aufschlüsseln)?
Gemeinsam mit den Kontaktstellen „Lieferketten“ und einem Kommunikationsnetzwerk aus Kontaktstellen, betroffenen Verbänden sowie zuständigen Ressorts haben Bund und Länder umgehend auf die Corona-bedingten Störungen an Lieferkettenabläufen reagiert und mit ihren Anlaufstellen schnell dafür Sorge getragen, dass Probleme bei der Beschaffung von Zulieferprodukten und Rohstoffen von Unternehmen behoben werden können. Über regelmäßige Telefonkonferenzen und eine gemeinsam geführte Kontaktliste wird ein konstruktiver Austausch zwischen den Netzwerkpartnern sichergestellt. Die konkrete Gestaltung von Lieferketten sieht die Bundesregierung als grundsätzlich unternehmerische Entscheidung. Sie flankiert diese über geeignete Rahmenbedingungen wie Handelsabkommen und Finanzinstrumente (z. B. Bürgschaften). Diese sollen eine räumliche Diversifizierung und damit eine erhöhte Resilienz von Lieferketten ermöglichen. Finanzielle Anreize mit dem Ziel einer Rückverlagerung von Wertschöpfungsketten nach Deutschland fallen nicht darunter.

2. Welche Wirkung erwartet die Bundesregierung durch die befristete Absenkung der Mehrwertsteuer auf den Verkehrssektor
a) im Hinblick auf die Zulassung von Pkw und leichte Nutzfahrzeuge (bitte in absoluten Zahlen sowie prozentualer Entwicklung soweit möglich angeben)?
b) im Hinblick auf die Zulassung von Lkw, Bussen sowie weiteren schweren Nutzfahrzeugen (bitte in absoluten Zahlen sowie prozentualer Entwicklung soweit möglich angeben)?
c) im Hinblick auf die Zulassung von Motorrädern und weiteren motorisierten Zweirädern (bitte in absoluten Zahlen sowie prozentualer Entwicklung soweit möglich angeben)?
Die befristete Absenkung der Mehrwertsteuer setzt schnell wirksame Kaufanreize. Das Ziel ist ein konjunktureller Impuls. Neben den Bürgerinnen und Bürgern wird damit zugleich Unternehmen aller Branchen geholfen. Somit profitieren auch Fahrzeughersteller von dieser Steuersenkung, die einen zusätzlichen Kaufanreiz insbesondere für große Anschaffungen setzt. Die konjunkturelle Wirkung wird durch Vorzieheffekte verstärkt. Für das Jahr 2021 wird mit einer einsetzenden Belebung der Wirtschaft gerechnet. Zudem kann insbesondere der Nutzfahrzeugbereich auch indirekt über die für den Nutzfahrzeugbereich wichtige Konsumgüternachfrage profitieren. Der Bundesregierung liegen hinsichtlich der Auswirkungen auf die Anzahl der Zulassungen von Kfz keine verlässlichen Prognosen vor.

3. Mit welcher maximal höheren Belastung pro Halter bzw. Fahrzeug rechnet die Bundesregierung durch die Neuausrichtung der Kfz-Steuer?
Der statistische Durchschnitt der tariflichen Jahressteuer erstmals zugelassener Pkw mit Verbrennungsmotor würde sich ausgehend vom Jahr 2019 (die Mittel-werte des anteiligen Jahres 2020 insbesondere mit seinen Corona-bedingten Besonderheiten sind für einen Vergleich nicht geeignet) nach dem Regierungsentwurf des Siebten Gesetzes zur Änderung des Kraftfahrzeugsteuergesetzes vom 12. Juni 2020 rechnerisch wie folgt entwickeln:

Der bis Ende des Jahres 2020 erstzugelassene Fahrzeugbestand ist nicht betroffen.

4. Mit welcher Wirkung durch die Neuausrichtung der Kfz-Steuer auf die Anzahl der neu zugelassenen Pkw rechnet die Bundesregierung im weiteren Verlauf des Jahres angesichts der allgemein erheblich rückläufigen Zulassungszahlen (siehe Daten des Kraftfahrt-Bundesamtes (KBA) von März 2020 bis Juni 2020)?
Aus Sicht der Bundesregierung werden die geplanten Änderungen bei der Kraftfahrzeugsteuer eigenständig keine Veränderung bei der Anzahl der neu zu-gelassenen Pkw bewirken. Die stärkere CO2-Ausrichtung der Kraftfahrzeugsteuer für Pkw setzt neben Anreizen für effizientere konventionelle Antriebe insbesondere auch positive Impulse für die Nachfrage und mittelbar das Angebot alternativer Antriebe. Künftige Kaufentscheidungen sind ferner in Verbindung mit den vielfältigen weiteren Maßnahmen aus dem Klimaschutzprogramm 2030 zu sehen.

5. Liegen der Bundesregierung Studien oder interne Gutachten bezüglich der zu erwartenden Wirkung einer stärkeren Anpassung der Kfz-Steuer in Bezug auf CO2-Emissionen vor, und wenn ja, zu welchen Schlüssen kommen diese?
Bezüglich der prognostizierten Entwicklung des CO2-Ausstoßes verweist die Bundesregierung auf folgende Gutachten des Umweltbundesamtes und des Bundesministeriums für Wirtschaft und Energie:

Die Gutachten untersuchen die Wirkungen der Maßnahmen des Klimaschutzprogramms 2030 einschließlich einer stärkeren CO2-Ausrichtung der Kraftfahrzeugsteuer für Pkw. Für den Verkehrssektor wird von folgenden Entwicklungen der Treibhausgasemissionen für das Jahr 2030 ausgegangen.

 

Ein Entwurf zur Änderung des Kraftfahrzeugsteuergesetzes lag zum Zeitpunkt der vorgenommenen Berechnungen nicht vor. Beide Gutachten beinhalten höhere Steuersätze für die CO2-Komponente der Steuer als im Regierungsentwurf vom 12. Juni 2020 vorgesehen. Der CO2-Ausstoß dürfte daher geringfügig höher ausfallen als in den Szenarien mit Klimaschutzprogramm 2030 der Gutachten. Weitere Angaben sind den Gutachten zu entnehmen.

6.Wie haben sich die Einnahmen aus der Kfz-Steuer in den vergangenen fünf Jahren entwickelt (bitte aufschlüsseln und die prozentuale Veränderung angeben)?
Das Aufkommen aus der Kraftfahrzeugsteuer entwickelte sich wie folgt:

7. Mit welchen Mehr- oder Mindereinnahmen rechnet die Bundesregierung aufgrund der Neuausrichtung der Kfz-Steuer?
a)Auf welcher Entwicklung des Bestands an zugelassenen, steuerpflichtigen Kfz beruht diese Annahme (bitte nach Antriebstechnologien so-wie weiteren Unterscheidungsfaktoren wie Motorisierung, Gewicht oder Anderen aufschlüsseln)?
b)Mit welcher Wirkung rechnet die Bundesregierung aufgrund der Verlängerung der Kfz-Steuerbefreiung für reine Elektrofahrzeuge?
Hinsichtlich der Aufkommenswirkungen aus der stärker CO2-bemessenen Kraftfahrzeugsteuer für Pkw und der verlängerten Gewährung der Steuerbefreiung für erstzugelassene reine Elektrofahrzeuge wird auf das Tableau im Regierungsentwurf des Siebten Gesetzes zur Änderung des Kraftfahrzeugsteuergesetzes (Bundestagsdrucksache 19/20978) verwiesen. Diese finanziellen Auswirkungen basieren auf Daten des Kraftfahrtbundesamtes und der Generalzolldirektion zu den jährlichen Neuzulassungen. Die getroffenen Annahmen zu den für die Kraftfahrzeugsteuer maßgeblichen Motortechnologien (Fremdzünder, Selbstzünder und rein Elektro, gespeist aus emissionsfreien Energiequellen) beruhen wesentlich auf ihrer Verteilung bei den Erstzulassungen des Jahres 2019.

Die Gesamtzahl der jährlichen Neuzulassungen wurde für die Jahre des Prognosezeitraums konstant fortgeschrieben, wobei ein wachsender Anteil von reinen Elektrofahrzeugen unterstellt wurde.

8. Welche Wirkung beziehungsweise Wechselwirkung erwartet die Bundesregierung durch den festen CO2-Preis von 25 Euro pro Tonne ab dem Jahr 2021 in Bezug auf die Kfz-Steuer und auf die Belastung der Fahrzeughalter?Der im Brennstoffemissionshandelsgesetz geregelte CO2-Preis von 25 Euro pro Tonne hat keinerlei Auswirkungen auf die Kraftfahrzeugsteuer und die dadurch belasteten Fahrzeughalter.
a) Wie bewertet die Bundesregierung die Frage einer faktischen Doppelbesteuerung durch CO2-Preis und Kfz-Steuer?
Bei dem im Brennstoffemissionshandelsgesetz geregelten CO2-Preis handelt es sich nicht um eine Besteuerung. Die Kraftfahrzeugsteuer für Pkw ist zudem fahrleistungsunabhängig vor allem nach dem jeweils standardisiert ermittelten theoretischen CO2-Emissionspotenzial bemessen und demzufolge nicht nach realen CO2-Emissionen.
b) Welche Maßnahmen unternimmt die Bundesregierung bzw. plant sie, um die Belastung der Fahrzeughalter sozialverträglich zu halten?
c) Wie bewertet die Bundesregierung den festen CO2-Preis ab 2021 sowie die Neuausrichtung der Kfz-Steuer im Hinblick auf die im Koalitionsvertrag getätigte Aussage, keine höhere Steuerbelastung für die Bürger zu verursachen?
Die Fragen 8b und 8c werden gemeinsam beantwortet.
Alle im Rahmen des Brennstoffemissionshandelsgesetzes (BEHG) erzielten Einnahmen werden zur gezielten Entlastung der Bürgerinnen und Bürger und der Unternehmen eingesetzt, etwa zur Entlastung von der Umlage nach dem Erneuerbare-Energien-Gesetz (EEG), zur Erhöhung der Pendlerpauschale und zur Finanzierung von klimapolitischen Förderprogrammen. Im Saldo führt das BEHG somit nicht zu einer höheren Belastung der Volkswirtschaft. Auf individueller Ebene können die neuen Regelungen im Zusammenhang mit dem BEHG zu Belastungen oder Entlastungen führen. Im Übrigen wird auf die Antwort zu Frage 8a) verwiesen.
Die höhere CO2-Gewichtung bei der Bemessung der Kraftfahrzeugsteuer setzt Anreize für innovative klimaschonende Mobilität, die zugleich bezahlbar und sozialverträglich bleibt.

->Quellen: