3. Carbon2Chem-Konferenz – Tag 2

Kalk, Müll und Business Cases

Prof. Görge Deerberg (Fraunhofer-Institut für Umwelt-, Sicherheits- und Energietechnik UMSICHT, Oberhausen) und Markus Oles (thyssenkrupp Steel Europe AG, Duisburg)
„System integration – the center piece of Carbon2Chem®

Deerberg, einer der drei C2C-Koordinatoren, referierte zu Beginn des zweiten Konferenztages am 28.10.2020 über Systemintegration („das Herzstück von Carbon2Chem®„) und die eben beginnende zweite Phase des Projekts. Er sprach über den Energiebedarf und verglich den CO2-Ausstoß zwischen Stahl- und Methanolproduktion: Letztere verursache fast die Hälfte.

Carbon2Chem - altes Stahlwerk Thyssen - Foto © Gerhard Hofmann für Solarify

Carbon2Chem – altes Stahlwerk Thyssen – Foto © Gerhard Hofmann für Solarify

Unterschied zwischen CCU und CDA (carbon direct avoidance): für grünes Methanol müsse viel H2 zugegeben werden. Und die Produktionskosten hängen eben entscheidend vom Strompreis für Wasserstoffproduktion ab.

Abhängig von der Prozessintegration ist ohne grundlegende Veränderung der Stahlproduktion   eine CO2-Reduzierung von annähernd 50 % möglich.
Entscheidend dabei sind: Erneuerbare Energien und Grüner Wasserstoff.
Die Dynamik kann gesteuert werden mittels flexibler und anpassungsfähiger Prozesse.
Die Kosten sind im erreichbaren Bereich, wenn grüner Wasserstoff von den geteilten Kosten ausgenommen wird.

Die Übertragung des C2C-Ansatzes auf andere Industrien sollte ins Auge gefasst werden, so auf

  • andere Stahlproduktionsorte
  • Zementherstellung
  • Müllverbrennung
  • Kombination mit Direct Reducing Steel making Process (Direktreduzierungs- Stahlherstellungsprozess) (CDA)

Reduktionspfade für CO2-Emissionen kombinieren und damit optimieren

  • Dynamik der Transformation ist wichtig
  • Schnell handeln – Jetzt vorhandene Lösungen implementieren
  • Später durch Einsatz von neuen, effizienteren Technologien (wenn fertig) optimieren

Thomas Perterer (Lhoist Germany Rheinkalk GmbH, Wülfrath)
„The lime industry’s challenging ambitions to achieve a carbon-negative footprint“

Für eine Tonne CaO (gebrannter Kalk) braucht es 1,2 MWh Strom – und 1,2 t CO2 werden emittiert:

Perterer schilderte die Bemühungen seines Unternehmens, den Fußabdruck zu verringern. Man setzt an bei:

  • Treibstoffbedarf für das mobile Equipment (Umstellung auf Wasserstoff),
  • dem Brennmaterial für den Brennvorgang,und
  • Strom (Umstellung auf Grünstrom) –

ergeben am Ende eine Reduzierung auf 17 %, schließlich auf Null. Der Pfad laute von CO2-positiv über CO2-neutral zu CO2-frei zu CO2-negativ. „Und um die nächsten Schritte zu beschleunigen, brauchen wir verlässliches Rahmenwerk von Richtlinien, Regelungen und politischen Zusagen zur Unterstützung der erforderlichen Investitionen in neue Anlagen und Anlageninfrastruktur.“

Ralph Kleinschmidt (thyssenkrupp Industrial Solutions AG) Dortmund
„Implementing the Carbon2Chem® technology into other industries“

Aus den Hüttengasen des Duisburger Stahlwerks könnten Synthesegas und Chemikalien bis hin zu Methanol, Höheren Alkoholen, Harnstoff oder  Ammoniak hergestellt werden. Das sei in der ersten Phase von C2C nachgewiesen worden.

  1. Phase: Wasser-Elektrolyse 1GW/a – bildet ganzen Prozess ab
  2. Phase: Demonstration längerfristiger Stabilität, Entwicklung von Business Cases

Struktur der 2. Phase: verschiedene CO2-Quellen, Synthesegas zu Methanol, höheren Alkoholen und Polymeren umwandeln.

Die CO2-Emissionen seien in den vergangenen 30 Jahren um 35 Prozent zurückgegangen, wir hätten noch 30 Jahre bis auf Null – wie könnten wir das erreichen? Mit CDA, CCS, CCU und Energieeffizienz – Energiewende hin zu Erneuerbaren, grünem Wasserstoff, Abfallverringerung, Recycling – und weiter mittels E-Mobility und grünen Verfahren.

Die energieintensiven Industrien emittieren fast die Hälfte des CO2.

Also sollte die Einführung von Carbon2Chem® in andere Branchen überlegt werden, wie etwa die Zementproduktion oder die Müllverbrennung – dort jeweils die Rauchgas-Zusammensetzung nutzen, und etwa Sauerstoff aus dem Elektrolyseprozess für den Brennvorgang einsetzen.

Die zweite Phase von C2C soll in den nächsten vier Jahren Langzeit-Stabilität nachweisen, die Übertragung in andere Branchen untersuchen und Geschäftsfelder eröffnen. Schließlich könnte Ammoniak auch die Schifffahrt defossilieren. Mit Ammoniak als Treibstoff könnte Wasserstoff importiert werden.

Michaela Schröder (GF GMVA Gemeinschafts-Müll-Verbrennungsanlage Niederrhein GmbH, Oberhausen)
„Role of the thermal waste treatment“

Die sogenannte thermische Abfallbehandlung, bzw. thermische Verwertung findet hauptsächlich in der GMVA Oberhausen (eine PPP zwischen Duisburg/Oberhausen und der Firma Remondis) statt. Die hat 4 Mio. Tonnen Kapazität, darin eingeschlossen auch Biomasse und Sondermüll. Das ist knapp ein Achtel der in Deutschland insgesamt jährlich verbrannten 25. Mio t Abfalls, das ist wiederum abhängig von Bevölkerungswachstum und Konjunktur.

Die GMVA ist auch Energieerzeuger, verkauft am Markt. Bald (ab 2024) wird auch sie abhängig vom Zertifikatehandel sein. 40 % der Abfälle haben biogenen Ursprung. Als Primärenergie werden hauptsächlich Öl, Gas und Kohle eingesetzt, sollen bis 2030 reduziert werden. Bereits heute liefert die Müllverbrennung 2,5 Prozent des Gesamtenergiemixes. Abfall ist eine an 365 Tagen verfügbare Energiequelle. Fossile Energieträger können durch Abfallverbrennung ersetzt und so umweltfreundlich Strom, Dampf und mehr erzeugt werden.

Michaela Schröder zeigte sich sehr interessiert an Wasserstoffproduktion mit grünem Müllstrom nicht nur für Sammelfahrzeuge, auch für die Kundschaft. GMVA will Treibhausgase bis 2030 um 55% reduzieren – 2050 sollen es 90-95% weniger sein (ggü. 1990). „Aber wir werden diese Ziele wohl nicht erreichen“. Dennoch leiste die Müllverbrennung einen Beitrag zum Klimaschutzziel.

Die thermische Abfallbehandlung stelle einen bedeutenden Wert für den Umwelt-, Gesundheits- und Klimaschutz dar:

  • durch Corona auch Krankheitsprävention
  • (thermische) Verwertung von Abfallströmen, die nicht für die stoffliche Verwertung verwendet werden können
  • Reduzierung des Abfallvolumens
  • Entfernung von umwelt- und gesundheitsschädlichen Stoffen durch hochkomplexe Rauchgasreinigungstechnik
  • Ersatz für fossile Brennstoffe
  • Lieferung von Dampf und/oder Elektrizität
  • zuverlässiger Partner z.B. bei der Realisierung zukünftiger Energieprojekte.

In ihren Schlussfolgerungen verlangte Michaela Schröder Klarheit: „Als was werden wir gesehen? In Zukunft muss klar sein, als was der grüne Strom gesehen wird“. Denn die thermische Abfallbehandlung sei Lieferant von (grüner) Energie und decke in Zukunft immer mehr die Grundlast ab, denn die Energiequelle sei national und 365 Tage verfügbar (Autarkie).

Andreas Geisbauer (Clariant Produkte (Deutschland) GmbH, Heufeld)
Holger Ruland (Max-Planck-Institut für Chemische Energiekonversion, Mülheim an der Ruhr) A new challenge – reference processes and Carbon2Chem®

Geisbauer wies darauf hin, dass Ammoniak und Methanol zusammen mit Ethylen und Propylen nur 2% des CO2-Ausstoßes verursachten – der Verkehr dagegen 17%. Eine Tonne Methanol aus Erdgas verursacht 0,7 t CO2.

Hochofengas entstehen 0,4 Mio m3 pro Stunde.

Laut Gaisbauer gibt es für die Methanol-Synthese zwei Strategien/Szenarien, je nachdem, ob auf den N2 oder den CO2-Gehalt abgestellt wird.

Für die nächste Generation von Methanol-Katalysatoren werden Kostensenkungen erwartet – durch verbesserte Produktivität und längere Lebensdauer.

Im Zuge der Gasrenigung im C2C-Unterprojekt L III wird es um Reinigungsstrategien gehen. Im Technikum steht dafür ein Set verschiedener Reaktoren zur Verfügung. Man hofft, dass die Komplexität verringert werden kann.

Ruland: Die Methaolsysnthese mit einem CuZnOAl2O3-Katalysator hat (unabhängig vom Katalysator) thermodynamische Grenzen. Ein steigender CO2-Gehalt reduziert aber möglicherweise das Methanol-Ergebnis. Doch das ist eher kein Problem angesichts der Tatsache, dass industrielle Prozesse mit 2-4% CO2-Gehalt arbeiten.

Brauchen wir einen neueun Katalysator für die CO2-Hydrierung (RWGS = Watergas shift reaction)?

Die Auswirkung der Unreinheit der Abgase auf den CuZnOAl2O3-Katalysator ist weitgehend unbekannt: Das wird (unter hohem Druck – pulse and dosing experiements) untersucht. Irresversible Vergiftungen wurden beobachtet. Viele Kriterien aber sind einflusslos.

Zusätzliche Effekte des Einflusses der Verunreinigungen müssen beobachtet werden – wie etwa schwankender Wasserstoffzufluss aus erneuerbaren Quellen oder Einfluss von Temperatur und Druck. Bei schneller H2-Umschaltung passt sich die Katalysator-Oberfläche an – reversibel.

Fünf Herausforderungen und anstehende Aufgaben:

  1. Um die CO2-Emissionen aus der Stahlindustrie deutlich zu reduzieren, wird der Schwerpunkt auf Hochofengas gelegt – benötigt große Mengen an grünem H2,
  2. Die Validierung von Szenarien für kombinierte Gasreinigung + Synthese muss ausführlich mit Flaschengasen und gereinigtem Abgas getestet werden
  3. Die Bestimmung der Grenzkonzentration für Vergiftungsverunreinigungen erfordert eine zuverlässige Korrelation mit analytischen Daten
  4. Detaillierte kinetische Datensätze für Synthesegas mit hohem CO2-Gehalt, die für ein optimiertes Prozessdesign benötigt werden
  5. Nachweis erfolgreicher Ergebnisse beim dynamischen Betrieb unter industriellen Prozessbedingungen

Marco Waas (Nouryon, Amsterdam, Niederlande)
A European strategy for CO2-neutral meth anol

„Ausgehend vom Pariser Abkommen und der (steigenden) Entwicklung des Kohlepreises und durch den EU-Green-Deal zunehmenden Investitionsmöglichkeiten müssen wir uns auf die Energiewende vorbereiten. Erneuerbare Energie wächst zusehends – aber was ist mit Treib- und Brennstoffen? Der Kohlekreislauf ist die Gelegenheit.

Zwei Probleme:

  1. Stahlhütten, Müllverbrennungen, Zementfabriken, Raffinerien und Olefin-Produzenten müssen aufhören, CO2 auszustoßen und Abfall zu produzieren – oder sie werden an einem bestimmten Punkt aus der Wirtschaft verschwinden.
  2. Chemie- und Materialproduzenten und der Verkehr müssen nachhaltige Roh- und Treibstoffe finden.

Der weltweite Methanol-Markt umfasst 80 – 100 Mt – Anwendungen finden sich überall um uns herum: Im Alltagsleben, im Verkehr, der Automobilindustrie.

Viele Wege und Arten von nachhaltigem Methanol können unterschieden werden:

Grüner Wasserstoff ist Schlüsselfaktor für recyceltes erneuerbares Methanol, aber noch seien bedeutende Hürden zu überwinden (siehe unten): Neue Wertschöpfungsketten verbinden verschiedene Märkte; Regulatorien immer noch in Entwicklung, kein Standardfinanzierungen; neue Technologie steht im Wettbewerb mit optimierter Technologie in großem Maßstab, keine Marktprämie für grüne Chemikalien.

„Regierungsunterstützung für Erneuerbar Energien hat den Technologien erlaubt, sich in kurzer Zeit zur Kostenparität zu entwickeln. Wasserstoff ist der Schlüssel für die Kreislaufwirtschaft: Installierte Capex für H2 kann bis auf 390 Euro/kW sinken

H2 kann zwar wettbwerbsmäßig in Europa produziert werden – aber wir brauchen Import, auch von außerhalb Europas, Chile, Russland. Nahe an den Küsten ist Wind verfügbar und Sonnengebiete sind nicht weit entfernt – Marokko, Chile, etc.. Wir müssen den Sprung wagen, auf dem Weg zu einem europäischen, auf der bestehenden Infrastruktur aufgebauten Wasserstoff-Rückgrat.“

Fazit: Der Übergang zu einer Kreislaufwirtschaft schafft wirtschaftliche Chancen:

  • Im nächsten Schritt geht es um die chemische Industrie
  • Es gibt eine Reihe von kreisförmigen Kohlenstoffquellen, die wir nutzen können … Die Stahlindustrie ist eine Schlüsselquelle.
  • Eine große Menge an Wasserstoff wird benötigt.
  • Wie bei der Wind- und Solarenergie müssen wir mit der Umsetzung beginnen und die Projekte vergrößern, um die Kosten zu senken.
  • Wir brauchen einen europäischen Ansatz

Dorit Wolf (Evonik Industries GmbH, Hanau)
„Catalyst and process development for higher alcohol and olefin production“

Marktgrößen und Werte potenzieller C2C-Produkte jenseits von Methanol:

Verschiedene Pfade und Katalysatoren auf dem Weg zu höheren Alkoholen, Olefinen und Oxygenaten:

Katalysator-Entwicklung und Scale-Up als Kern neuen Prozessdesigns: RUB identifizierte benötigte Funktionen und Strukturen; Evonik transferierte die Ergebnisse in den industriellen Maßstab. Es ging um die Kontrolle des Reaktionspfades via Katalysator-Design – eines homogenen Reaktionspfades mit CO2-Input.

Ein Erfolg war die Entwicklung einer stufenweise homogen katalysierten Hydrierung von CO2 mit anschließender Aufbaureaktion zu EtOH und weiterer Umwandlung zu Butanol im Batch- und Conti-Prozess (einschließlich in-situ-Analyse und kinetischer Messungen)

Fazit:

  • Bestimmung und Zusammenstellung umfassender Leistungsdaten einschließlich Langzeittests im Labormaßstab
  • Entwicklung kinetischer Modelle für die Reaktorsimulation
  • Entwicklung eines Prozessmodells
  • Die Prozesssimulation wurde gestartet, um die Auswirkungen von Prozessvariablen und Katalysatorleistung abzuleiten.

Vom Labor in den Industriemaßstab

Andreas Frey, (Linde AG, Pullach)/ Karsten Büker, (thyssenkrupp Industrial Solutions AG, Dortmund)
„Technical Solutions for a CO2-neutral Production“

Frey forderte: „Keine Insellösungen mehr, sondern Verbindungen! So etwa die Energieerzeugung mit Stahl- und Ammoniakproduktion zu verbinden.

Büker erläuterte einen technischen Ansatz von Carbon2Chem® für die Gasvorbehandlung und -konditionierung (Foto: In der ersten Phase errichtetes Technikum auf dem thyssenkrupp-Gelände – © thyssenkrupp)

Entstaubung und Verdichtung von Hochofen- und/oder Konverter-Gas unter mäßigem Druck – dann Zuführung zur Gasreinigung und -konditionierung

  • Reinigung durch adsorptive und katalytisch/adsorptive Abtrennung/Umwandlung von Spurenkomponenten
  • Konditionierung von Synthesegas:
    – Einstellung des H2-Gehalts und/oder des H2/CO-Verhältnisses durch CO-Umwandlung und Hinzufügen von H2
    – Vollständige oder teilweise Entfernung von CO2
    – Glättung durch Methanisierung Im Falle von NH3-Syn-Gas

 

Frey erläuterte die Wasserstoff-Rückgewinnung aus Koksofengas (COG) mittels Druckwechseladsorption (PSA-Technologie), die Anwendungsgebiete von PSA, Nieder- und Hochdruckprodukte

Merkmale der PSA-Technologie
– PSA-Prozesse sind robust in staubiger und rauer Umgebung
– Hohe Flexibilität gegenüber Variationen des Speisegaszustandes
– Hervorragendes Turn-Down-Verhältnis
– Schnelle automatisierte einfache Inbetriebnahme
– Verbrauchsfreie Handhabung oder Entsorgung von chemischen Lösungsmitteln oder Dampf
– CAPEX/OPEX-Optimierung durch Kombination von PSA mit anderen Reinigungsverfahren
– Leicht zu integrieren

PSA-Einsatz: rot gedruckte beschädigen den Adsorber (wie etwa Naphthalin – C10H8); Abhilfe in speziell dafür konstruiertem Adsorberbett und einem eigens entwickelten Prozess). Frey stellte das „Linde-Modul“ vor und kam dann zu den Arbeitsergebnissen.

Karsten Büker fuhr dann mit der „Reinigung der Hüttengase – Beseitigung von Verunreinigungen“ fort.

Hüttengase enthalten Verunreinigungen aus der Eisenverhüttung (Hochofen) und Stahlproduktion (Konverter); Schwefel- und Stickstoffhaltige Verbindungen können ebenso wie Spurenmetalle die Katalysatoren vergiften. Die Konzentrationen rangieren von Nano- bis Milligramm pro Kubikmeter Gas. Daher muss gereinigt werden – mittels ad- und absorptiver Entfernung ebenso wie durch katalytische Umwandlung. Die Herausforderung besteht nun in der Feststellung der Unreinheiten und der Findung von Entfernungs-Lösungen zu moderaten Betriebskosten.

Das wurde in der ersten Phase von C2C erreicht:

  • Tests mit verschiedenen Anordnungen von Adsorptions- und Katalysatormaterialien
  • Materialversorgung, Materialanalyse und Prozessentwicklung in Zusammenarbeit mit Clariant
  • Zuverlässige Entfernung potenzieller Katalysatorgifte erreicht
  • Während der Testperioden wurde kein Leistungsverlust in nachfolgenden Prozessschritten der Synthesegas-Konditionierung beobachtet
  • Suche nach alternativen zuverlässigen Katalysator- und Adsorbens-Konfigurationen zur Optimierung/Reduzierung von Investitions- und Betriebskosten

Thyssenkrupp führte zahlreiche Versuche mit unterschiedlichen Setups adsorbierender und Katalysatormaterialien durch – zur Ammoniaksynthese und Methanol- und Harnstoffherstellung, zur Materialversorgung, zur verlässlichen Entfernung von möglichen Katalysator-Giften. Während der Testphasen sei kein Verlust an den Katalysatoren entstanden, auch nicht nach vier Wochen unter Dampf mit Hüttengasen.

Zusammenfassung und Ausblick

  • Einrichtung von Langzeit-Betriebsversuchen zur Beurteilung des Prozessdesignkonzepts für die Hüttengasaufbereitung
  • Weiterentwicklung im Hinblick auf die Optimierung und Reduzierung der Betriebskosten bei gleichzeitiger zuverlässiger Entfernung von Verunreinigungen
  • Machbarkeitsnachweis, dass Walzgas wirtschaftlich gereinigt und als Einsatzgas für mehrere Syntheseprozesse zur Verfügung gestellt werden kann
  • Entwicklung innovativer Prozessdesigns für Syntheseprozesse mit hohem Inertgasgehalt
  • Erfassung von Daten für die grundlegende Auslegung und das Scale-up auf technische Anlagengröße

Daniel Maga (Fraunhofer-Institut für Umwelt-, Sicherheits- und Energietechnik UMSICHT, Oberhausen
„Life cycle assessment of the integrated production of steel and chemicals“

Ziel sei die Lebenszyklusbewertung der integrierten Produktion von Stahl und Chemikalien im Vergleich mit eigenständiger Produktion. Dabei gehe es um Handhabung der Multifunktionalität: Ansatz für den Vergleich von eigenständiger Stahl- und Chemieproduktion mit integrierter Produktion. Zu beachten seien hierbei die Systemgrenzen eines integrierten Stahlwerks, zunächst was den Input von Eisenerz, Kohle, Dampf, Kalk und Sauerstoff anbelange – dann der Output an produzierten Hüttengasen (Steel Mill Gases, SMG), also Hochofengas (Blast Furnace Gas, BFG), Hochofen-Sauerstoffgas (Blast Oxygen Furnace Gas, BOFG), schließlich Koksofengas (Coke Oven Gas (COG).

Maga stellte dann untersuchte Szenarien und Hauptannahmen, sowie Grundannahmen für alle Simulationsmodelle einander gegenüber:

      • Etwa 8,5 Mio. Tonnen Stahlwerksgase (SMG) werden zu den Carbon2Chem®-Anlagen geleitet und im Kraftwerk des integrierten Stahlwerks (BFG und COG) vermieden
      • Keine Änderungen im Betrieb des integrierten Stahlwerks

Szenarien

      • Jumbo: 8,S Mio. Tonnen SMG werden in die chemische Produktion geleitet
      • Industriell: Nur ein kleiner Teil der SMG ist für die chemische Produktion bestimmt, der Rest geht an Kraftwerk
      • COG max:Der gesamte COG wird für die Herstellung von ChemicaI verwendet.
      • Wassergas-Konvertierungsreaktion (WGS): Zusätzlicher Reaktor zur Verschiebung von CO zu CO2 und H2 (höhere Ausbeuten gegenüber zusätzlicher Prozesseinheit)

Es folgten die Untersuchungs-Ergebnisse für Auswirkungen der Produktion höherer Alkohole, von Polycarbonaten, Harnstoff und Methanol – auch auf die globale Erwärmung (8,4 Mio. t Stahl pro Jahr ergeben 0,3 – 5,8 Mio t Methanol).

Der Break Even-Point ist dabei für Harnstoff am günstigsten – es folgen Methanol und höhere Alkohole.

Weitere Annahmen:

      • Emissionen des integrierten Stahlwerks werden durch den Einsatz von Stahlwerksgasen reduziert
      • Gesamte CO2-Emissionen des integrierten Hüttenwerks inkl. Vorketten: ca. 17 Mio. t pro Jahr
      • Die durch die Verwendung von SMG in Carbon2Chem® vermiedenen Treibhausgasemissionen werden durch 100 %ige Umwandlung von SMG in CO2 berechnet.
      • Der im neuen Kraftwerk erzeugte Dampf deckt den gesamten Dampfbedarf des integrierten Stahlwerks

Nicht berücksichtigte Prozesse

      • Abwasserbehandlung
      • Gasreinigung für Wassergas-Konvertierungsreaktion
      • Katalysatoren
      • Transport von Wasserstoff

Einfluss auf Erderwärmung

Integrierte Stahl- und Methanolproduktion zeigt für Methanol-Jumbo-Szenarios höheren Erderwärmungseinfluss (GWI) als eigenständige Produktion – für Windenergie geringere; Harnstofferzeugung mittels Windstrom ist etwa ein Drittel geringer. Im Fall der höheren Alkohole ist der Erwärmungseffekt bei integierter Produktion doppelt so hoch wie das Referenz-Szenario des Energiesystem-Entwicklungsplans (ESDP) – mit Windstrom nur halb so groß. Die Herstellung von Polycarbonaten und Methanol liegt 8% über ESDP-Referenz – bei Windenergie 21% darunter.

Im Falle eines Strommixes im Jahr 2030 ist die konventionelle Produktion von Stahl und Methanol günstig, und im Falle der Windenergie zeigt die integrierte Produktion von Stahl und Methanol größeren Nutzen. Wenn ein Strommix mit einer Kohlenstoffintensität von weniger als 0,23 kgCO2-Äqu./kWh Strom verwendet wird, hat die integrierte Produktion von Stahl und Methanol eine geringere Auswirkung auf die globale Erwärmung als die alleinige Stahl- und Methanolproduktion.

Absolute Treibhausgas-Einsparungen:

Abschluss – Deerberg – weitere 75 Millionen vom BMBF

250 Online-Teilnehmer waren dabei. Mit großer Wahrscheinlichkeit sei es noch in diesem Jahrzehnt möglich, unter Verwendung kohlendioxidhaltiger Prozessgase Methanol, Harnstoff, höhere Alkohole und Polymere herzustellen – und zwar im Industriemaßstab, lautete der Tenor der Carbon2Chem®-Partner. Darauf arbeite man nun in der zweiten Projektphase hin, so Prof. Görge Deerberg. “In den kommenden vier Jahren wollen wir zeigen, dass die entwickelten Verfahren auch im Großen stabil funktionieren, und die Basis für eine emissionsarme Stahlproduktion legen. Dafür stellt das BMBF bis 2024 weitere 75 Millionen Euro zur Verfügung”, erklärte der Projektkoordinator und stellvertretende Institutsleiter des Fraunhofer UMSICHT zum Abschluss der Konferenz.

Medienmitteilung von thyssenkrupp: Entscheidende Phase abgeschlossen – Nachdem im März 2018 das Technikum in Duisburg die Arbeit aufnahm, konnten binnen kurzer Zeit erstmals erfolgreich Ammoniak, Methanol und höhere Alkohole aus Prozessgasen der Stahlproduktion hergestellt werden. Neben dem CO2 aus diesen Gasen nutzt Carbon2Chem® dazu auch Wasserstoff. Um den Weg für eine klimaneutrale Produktion zu ebnen, wurde im Technikum eine alkalische Wasser-Elektrolyse von thyssenkrupp Uhde Chlorine Engineers mit einer Leistung von zwei Megawatt betrieben. Es wurde der Nachweis erbracht, dass die Wasser-Elektrolyse auch mit sehr volatiler erneuerbarer Energie betrieben werden kann, ohne Schaden zu nehmen. Die Durchführung der chemischen Synthese mit kommerziell verfügbaren Katalysatoren und der Betrieb der Gasreinigung mit kommerziell verfügbaren Prozessstufen durch thyssenkrupp Industrial Solutions bestätigt den hohen technologischen Reifegrad (TRL) des Projekts. Zudem wurde die Wirtschaftlichkeit sowie der positive ökologische Effekt von allen Projektpartnern bestätigt.
Nächste Phase: Ausweitung und Marktreife – In der jetzt gestarteten zweiten Projektphase wird es darum gehen, nachzuweisen, dass die erarbeiteten Lösungen im komplexen Zusammenspiel zwischen Stahlproduktion und chemischer Synthese über lange Zeit stabile laufen und die Carbon2Chem®-Technologie im industrieübergreifenden Verbund sofort hochskaliert werden kann. Darüber hinaus steht die Anwendbarkeit auf weitere Industrien neben der Stahlherstellung im Mittelpunkt. So sollen zusätzliche Sektoren als große CO2-Quellen in das Projekt aufgenommen werden – etwa die Zement- und Kalkherstellung sowie Müllverbrennungsanlagen. Zuletzt soll die zweite Projektphase dazu dienen, das Projekt zur Markreife zu führen.

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