Weiterer Schritt zur künstlichen Photosynthese

MPI-Forscher entdecken katalytisches Zwischenprodukt der biologischen Wasseroxidation

Einem internationalen Forscherteam um Dimitrios Pantazis, Gruppenleiter am Max-Planck-Institut für Kohlenforschung, ist ein bedeutender Schritt zur Entschlüsselung des Mechanismus der Wasseroxidation durch Pflanzen gelungen. In der modernen Chemie gibt es viele Bemühungen, mit synthetischen Katalysatoren die bemerkenswerte Leistung der Wasseroxidation zu reproduzieren, die in der Natur von photosynthetischen Organismen vollbracht wird. Pflanzen nutzen das Sonnenlicht, um Wasser in Sauerstoff, Protonen und Elektronen zu spalten. Dies ist die Quelle des Sauerstoffs, den wir atmen, während die Protonen und Elektronen in enzymatischen Reaktionen verwendet werden, die atmosphärisches Kohlendioxid in Biomoleküle einbauen. Trotz jahrzehntelanger Forschungsanstrengungen bleiben viele Details dieses natürlichen Prozesses im Dunkeln.

EPR-Spektroskopie und quantenchemische Untersuchung des Wasseroxidationskatalysators der biologischen Photosynthese – Bild © kofo.mpg.de

Geleitet von spektroskopischen Untersuchungen und rechnerischen Simulationen, welche die Pantazis-Gruppe in den vergangenen Jahren durchgeführt hat, entwarf das Forscherteam eine Reihe von Experimenten, die darauf abzielten, die Bindung von Wasser an der aktiven Stelle des für die Wasseroxidation verantwortlichen Enzyms, dem Photosystem II, zu hemmen. Durch die Verwendung von Methanol als Inhibitor zur Blockierung eines Proteinkanals, der Wasser an die katalytische Stelle liefert, war es möglich, eine bisher unbekannte Form des Katalysators zu isolieren und zu untersuchen. Die Forscher entdeckten ein bislang unbekanntes Zwischenprodukt, das für die Bindung und Aktivierung des Wassermoleküls für die anschließende Oxidation verantwortlich ist. Mit Hilfe der Elektronen-Spin-Resonanz-Spektroskopie (EPR) in Kombination mit innovativen quantenchemischen Berechnungen konnte gezeigt werden, dass dieser bisher unbekannte Zwischenzustand ein Mangan-Ion mit einer sehr ungewöhnlichen Koordinationsgeometrie enthält. Dieses Mangan-Ion hat nur fünf statt der normalen sechs Liganden, was eine wichtige freie Koordinationsstelle schafft, an die sich das Wasser binden kann. Die Entdeckung des neuen katalytischen Zwischenprodukts macht es notwendig, die bisher diskutierten hypothetischen Reaktionsmechanismen für die Wasseroxidation in Pflanzen zu überdenken. Die Erkenntnisse des Pantazis-Teams haben aber auch wichtige Implikationen auf das Design und die Funktionsweise von künstlichen Wasserspaltungssystemen.

Die Studie “Arrested Substrate Binding Resolves Catalytic Intermediates in Higher-Plant Water Oxidation” ist jetzt als „Hot Paper“ in der renommierten Zeitschrift Angewandte Chemie (open access) erschienen. Nachfolgend der Abstract: „Unter den katalytischen Zwischenschritten des wasseroxidierenden Mn4CaO5-Clusters von Photosystem II (PSII) ist der abschließende metastabile S3-Zustand von entscheidender Bedeutung, da er ein Substrat bindet und der O2-Entwicklung vorausgeht. Hierin kombinieren wir X- und Q-Band EPR-Experimente an nativem und methanolbehandeltem PSII von Spinacia oleracea (echter Spinat) und zeigen, dass methanolbehandelte PSII-Präparationen des S3-Zustands einer bisher uncharakterisierten High-Spin- (S=6) Spezies entsprechen. Diese wird als Hauptkomponente auch in intakten photosynthetischen Membranen bestätigt und koexistiert mit der bisher bekannten Intermediate-Spin-Konformation (S=3). Das High-Spin-Zwischenprodukt wird einer wasserungebundenen Form zugeordnet, wobei eine MnIV3-Untereinheit über anisotropen Austausch mit einem koordinativ ungesättigten MnIV-Ion ferromagnetisch interagiert. Diese Ergebnisse klären und definieren die strukturelle Heterogenität des S3-Zustands und liefern Einschränkungen für den S3-zu-S4-Übergang, für die Substratidentität und die Lieferwege sowie für den Mechanismus der O-O-Bindungsbildung.

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