Erste detaillierte Beschreibung einer SEI

Borat-basierte Passivierungsschichten ermöglichen reversible Calcium-Batterien

Eine in Energy and Environmental Science veröffentlichte Studie hat experimentelle und theoretische Ansätze kombiniert, um die auf Calcium-Metallelektroden gebildeten Passivierungsschichten und deren Einfluss auf den reversiblen Betrieb von Calcium-basierten Batterien zu untersuchen. Die Versuche wurden von Forschern des ICMAB-CSIC durchgeführt, die sowohl mit dem ALBA-Synchrotron (MIRAS-Beamline) als auch mit anderen internationalen Labors und Universitäten zusammenarbeiteten.

Eine Batterie besteht aus drei Hauptkomponenten: zwei Elektroden (Anode und Kathode), die durch einen Elektrolyten getrennt sind. Die Untersuchung der Grenzfläche zwischen dem Elektrolyten und den Elektroden ist entscheidend bei reversiblen Batterien, die kontinuierlich einen Lade-/Entladeprozess durchlaufen.

Jetzt haben Forscher des Instituts für Materialwissenschaften von Barcelona (ICMAB-CSIC) in Zusammenarbeit mit Forschern des ALBA-Synchrotrons (MIRAS-Beamline), Cerdanyola, des Laboratoire de Réactivité et Chimie des Solides (LRCS, Amiens, Frankreich), des Institut des sciences analytiques et de physico-chimie pour l’environnement et les matériaux (IPREM, Pau, Frankreich) und der National University of Singapore (NUS) die Passivierungsschichten (SEI), die sich auf Calciummetall-Elektroden bilden, und deren Einfluss auf den reversiblen Betrieb von Batterien auf Calciumbasis analysiert.

Calciummetall als Material für Batterien der nächsten Generation

Die Entwicklung von Batterien mit hoher Kapazität ist entscheidend, um den Übergang von fossilen Brennstoffen zu Erneuerbaren Energiequellen zu begünstigen. Da es in diesem Zusammenhang ernsthafte Zweifel an der Nachhaltigkeit von Lithium-Ionen-Batterien gibt, wird derzeit an mehreren Technologien der nächsten Generation geforscht. Um eine neue Batteriechemie mit hoher Energiedichte und langer Lebensdauer zu entwickeln, werden Anoden- und Kathodenmaterialien mit verbesserter Kapazität und Zyklierbarkeit benötigt.

Metallisches Calcium hat eine theoretische gravimetrische Kapazität, die etwa 3,6-mal höher ist als die derzeit in Lithium-Ionen-Batterien verwendete graphitische Anode. Seine hohe Kapazität, kombiniert mit seinem hohen Reduktionsvermögen, macht Calciummetall zu einem hervorragenden Kandidaten als Anodenmaterial für Batterien der nächsten Generation.

Dennoch ist die Anwendung von Calciummetall-Anoden stark eingeschränkt, da es keine Elektrolytlösungen gibt, die einen reversiblen Betrieb ermöglichen. Da der Elektrolyt in ständigem Kontakt sowohl mit der Anode als auch mit der Kathode steht, sind die Grenzflächenprozesse Schlüssel für die reversible Ladung/Entladung der Batterie.

Bildung von Passivierungsschichten (SEI) auf Calciummetallanoden

Gerade wegen ihrer hohen Reduktionskraft neigt die Elektrolytlösung dazu, im Kontakt mit Calciummetall zu reagieren und unlösliche Verbindungen zu bilden, die sich an der Oberfläche der Elektrode anreichern. Im Idealfall bilden diese Elektrolyt-Zerfallsprodukte eine Deckschicht, die die Ca2+-Migration ermöglicht, aber einen weiteren Elektrolyt-Zerfall verhindert und somit eine stabile Festkörper-Elektrolyt-Interphase (SEI) bildet.

Das Vorhandensein einer solchen SEI-Schicht ist nicht per se nachteilig für den Betrieb der Batterie. Ganz im Gegenteil, ihr korrekter Betrieb ermöglicht eine lange Zyklenlebensdauer, wie sie in kommerziellen Lithium-Ionen-Batterien beobachtet wird. Angesichts der zweiwertigen Ladung der Ca2+-Ionen ist die Herstellung einer geeigneten Calcium-SEI-Schicht jedoch eine offene Herausforderung für diese Technologie.

In dieser jetzt in Energy and Environmental Science veröffentlichten Studie liefern die Autoren die erste detaillierte Beschreibung einer Borat-basierten Passivierungsschicht (oder SEI), die auf metallischem Calcium gebildet wird und die Migration von zweiwertigen Kationen und den reversiblen Betrieb des Metalls ermöglicht.

FTIR-Mikrospektroskopie (durchgeführt an der MIRAS-Beamline des ALBA-Synchrotron), XPS (durchgeführt am IPREM) und TEM-EELS (durchgeführt am LRCS)-Experimente ermöglichten die Bestimmung der chemischen Zusammensetzung der Passivierungsschicht und zeigten das Vorhandensein von Boraten, CaF2 und organischen (polymeren) Spezies, wenn der Ca(BF4)2-Elektrolyt verwendet wurde, während bei der Verwendung eines Kontrollelektrolyten ohne Bor (Ca(TFSI)2) die Hauptbestandteile Carbonate waren.

„Wir beobachteten, dass der Elektrolyt mit Ca(BF4)2 eine SEI-Schicht erzeugt, die reich an organischen Verbindungen ist und Borat-Spezies enthält, meist als [BO3]-Anteile. Das Vorhandensein solcher Boranteile scheint für den Ca2+-Transport entscheidend zu sein, da der Kontrollelektrolyt ohne jegliche Borquelle eine blockierende SEI-Schicht erzeugt, die die elektrochemische Reaktion der Metallelektrode stoppt“, erklärt Juan Forero-Saboya, ICMAB-Forscher und Erstautor der Arbeit.

Die Identifizierung der Borat-Arten als Verantwortliche für den Calcium-Ionentransport ist der erste Schritt auf dem Weg zum SEI-Engineering. „Das Verständnis der chemischen Natur dieser Passivierungsfilme und die Möglichkeit, sie zu konstruieren, ist entscheidend für die zukünftige Entwicklung von Calcium-Metall- und anderen zweiwertigen Metallbatterien“, fügt Forero-Saboya hinzu.

In diesem Zusammenhang präsentieren die Autoren auch einen Proof-of-Concept, der zeigt, dass die boratreiche Passivierungsschicht das elektrochemische Verhalten in verschiedenen Elektrolytmedien garantiert. Das Testen verschiedener Elektrolytlösungen mit vorpassivierten Calcium-Metallelektroden hob die starke Beziehung zwischen der Metallplattierungs-/Abstreifkinetik (in Bezug auf die Leistung der Metallanode) und der Kationensolvationsstruktur in der Lösung hervor.

Die Studie wurde im Rahmen des „CAMBAT“-Projekts (ERC Starting Grant, PI: Alexandre Ponrouch) durchgeführt und erfolgte in Zusammenarbeit mit Forschern des ALBA Synchrotrons, des LRCS in Amiens, des IPREM in Pau (beide in Frankreich) und der National University of Singapore.

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