Bundesrechnungshof kritisiert BMWi wegen Energiewende

„Unzureichende Steuerung“ – BEE: Rechnungshof-Argumente „nicht zielführend“

Der Bundesrechnungshof kritisiert in einem neuen Bericht das Bundeswirtschaftsministerium hart für seine „teils zu optimistischen und teils unplausiblen“ Annahmen bei der Versorgungssicherheit. Zudem habe sich Altmaiers Haus immer noch nicht festgelegt, was es „unter einer preisgünstigen Stromversorgung versteht“. Nach dem Bundesrat schlägt nun auch der Bundesrechnungshof in die gleiche Kerbe: Die Deckelung der EEG-Umlage zu Jahresbeginn mit den Einnahmen aus der nationalen CO2-Bepreisung sei noch längst keine Energiepreisreform. Beobachter sprechen von einer kräftigen „Watschn“ (so Sandra Enkhardt auf pv magazine).

Für den Rechnungshof nur „mangelhaft“ – Plakat am BMWi: „Hier wird an der Energiewende gearbeitet“ – Foto © Gerhard Hofmann für Solarify

Die Prüfer kritisieren, dass das Bundeswirtschaftsministerium den Erfolg und die Akzeptanz der Energiewende in Deutschland gefährde. Die Annahmen des BMWi zur Strom-Versorgungssicherheit seien – so wörtlich der 48seitige Bericht des Bundesrechnungshofes „zur Umsetzung der Energiewende im Hinblick auf die Versorgungssicherheit und Bezahlbarkeit bei Elektrizität“ – „teils zu optimistisch und teils unplausibel“. Beispielsweise habe „das BMWi kein Szenario untersucht, in dem mehrere absehbare Faktoren zusammentreffen, die die Versorgungssicherheit gefährden können“.

Wenn man es in Schulnoten ausdrückt, erteilt der Bundesrechnungshof dem BMWi eine Fünf-bis-Sechs: „Das BMWi steuert die Energiewende im Hinblick auf die gesetzlichen Ziele einer sicheren und preisgünstigen Versorgung mit Elektrizität weiterhin unzureichend.“ Und: „Die Steuerung der Energiewende durch das BMWi ist nach wie vor mangelhaft.“

Es muss sein Monitoring zur Versorgungssicherheit vervollständigen und dringend Szenarien untersuchen, die aktuelle Entwicklungen und bestehende Risiken zuverlässig abbilden. Außerdem habe das Ministerium „immer noch nicht festgelegt, was es unter einer preisgünstigen und effizienten Versorgung mit Elektrizität versteht. Angesichts der Entwicklung der Strompreise empfiehlt der Bundesrechnungshof eine grundlegende Reform der staatlich geregelten Energiepreis-Bestandteile“, so die Kurzfassung der Ergebnisse der Prüfer.

Seit der letzten Bilanz 2018 habe sich wenig getan. Nach wie vor drohe „die Energiewende Privathaushalte und Unternehmen finanziell zu überfordern“, bilanziert der Präsident des Bundesrechnungshofes Kay Scheller. Deutschland liege bei den Strompreisen für private Haushalte, kleine- und mittlere Gewerbe und Industriekunden europaweit an der Spitze. Dabei machten staatlich geregelte Bestandteile einen Großteil des Strompreises aus, insbesondere EEG-Umlage und Netzentgelte.

Die hohen Strompreise seien insofern bedenklich, als sie „die Akzeptanz des Generationenprojekts“ und zugleich die Wettbewerbsfähigkeit gefährdeten. „Hier besteht Handlungsbedarf: Wir schlagen vor, das System der staatlichen Umlagen und Entgelte grundlegend zu reformieren“, so Scheller weiter. „Das BMWi muss prüfen, wie es eine umfassende Preisreform vorantreiben kann, um die Letztverbraucher künftig zumutbar finanziell zu belasten. Dazu muss es endlich bestimmen, was es unter einer preisgünstigen und effizienten Stromversorgung versteht. Anhand von Indikatoren hat es festzulegen, bis zu welchem Preis Strom als preisgünstig gilt.“

Die Prüfer fordern vom BMWi auch ein besseres Monitoring der Versorgungssicherheit. Die aktuellen Entwicklungen und bestehende Risiken müssten zuverlässig und realistisch erfasst und abgebildet werden. So habe die Regierung den geplanten Kohleausstieg bislang unzureichend berücksichtigt. Gleichzeitig sei mit den neuen Wasserstoffplänen ein erheblicher Mehrbedarf an Strom verbunden. Der Bundesrechnungshof verweist zudem auf den stockenden Netzausbau und eingeschränkte grenzüberschreitende Austauschkapazitäten. Zugleich müsse das Ministerium auch Jahre mit extremem Klima stärker berücksichtigen, da sich dies auf die Erzeugung durch Photovoltaik und Windkraft auswirken könne. „Das BMWi beugt diesen realen Gefahren für eine sichere Stromversorgung nicht wirksam vor,“ sagte Scheller. „Es muss sein Monitoring dringend vervollständigen.“

Laut der Zeitung für kommunale Wirtschaft lässt der Bericht „an Deutlichkeit nichts zu wünschen übrig“. Der Umbau des Energiesystems sei schlecht gemanagt. “Der Bericht legt den Finger in die Wunde“, kommentiert VKU-Hauptgeschäftsführer Ingbert Liebing (Parteifreund Altmaiers). Auch wegen der Umsetzung der noch offenen Regelungen zur EEG-Novelle stehe die Regierung in der Kritik.

Bundesverband Erneuerbare Energie: Strommarkt jetzt auf Erneuerbare Energien ausrichten

Der Bundesverband Erneuerbare Energie e.V. (BEE) bewertet die vom Bundesrechnungshof angeführten Argumente als nicht zielführend: „Jahr für Jahr werden die gleichen Vorwürfe zu Bezahlbarkeit und Versorgungssicherheit in einem von Erneuerbaren Energien getragenen System geäußert und mit jedem Jahr verlieren sie weiter an Substanz. Während sich die Stromerzeugung aus regenerativen Energien in den letzten zehn Jahren mehr als verdoppelt hat und mit 47 Prozent inzwischen die tragende Säule ist, blieb die Versorgungssicherheit im Strombereich stabil und belegt im internationalen Vergleich einen Spitzenplatz. Gleichzeitig sind die Kosten seit Inkrafttreten des EEG rapide gesunken. Viele Technologien sind heute wettbewerbsfähig und taugen nicht mehr als Sündenbock für hohe Stromkosten. Diese sind vor allem auf eine Systematik zurückzuführen, die die Erneuerbaren immer noch nicht ins Zentrum gestellt hat. Die Energieerzeugung aus Wind und Sonne zählt heute zu den günstigsten Formen der Stromerzeugung, so dass in diesem Jahr lediglich mit einer Erhöhung der EEG-Umlage von 0,1 ct/kWh zu rechnen ist. Diese Vorteile müssen nun auch bei den Privathaushalten und kleineren Betrieben ankommen“, so BEE-Präsidentin Simone Peter.

Dafür müssten endlich konkrete Lösungen umgesetzt werden. „Die gesetzlichen Abgaben und Umlagen sind so umzugestalten, dass sie einem auf Erneuerbaren Energien basierenden System Rechnung tragen. In einem ersten Schritt schlägt der BEE vor, die Industrieprivilegien über den Bundeshaushalt zu finanzieren, mit einer Ersparnis von 1,5 ct/kWh, sowie die Stromsteuer auf das europarechtlich mögliche Minimum zu senken, mit einer Ersparnis von 2 ct/kWh. Des Weiteren gilt es, Anreize für die Flexibilisierung von Stromangebot und -nachfrage zu setzen, die Einspeisung aus inflexiblen fossilen Kraftwerken zu begrenzen und faire Wettbewerbsbedingungen für Erneuerbare zu schaffen. So werden nachhaltig Kosten gesenkt und Planbarkeit geschaffen“. Die von der Bundesregierung vorgenommene Querfinanzierung der EEG-Umlage habe dagegen wie erwartet dazu beigetragen, dass das EU-Notifizierungsprozedere für die beihilferechtliche Genehmigung zu Verzögerungen bei der Veröffentlichung von Ausschreibungsergebnissen durch die Bundesnetzagentur führt und damit zu erheblichen Rechtsunsicherheiten bei den Projektierern. „Die Bundesregierung muss sich vehement dafür einsetzen, dass die EU schnell grünes Licht gibt“, so Peter abschließend, die gleichzeitig mitteilte, dass sich der BEE inzwischen auch direkt an die EU-Kommission gewandt habe.

Weiterführende Informationen: Das BEE-Vorschlagspapier „Vorschlag von Maßnahmen für eine kurzfristige Anpassung des Strommarktdesigns“ finden Sie hier.

->Quellen: