Mit dem Mikroskop zur langlebigen Festkörperbatterie

Nanoskalige Schichten an Grenzflächen können zur Stabilisierung beitragen

Festkörperbatterien könnten künftig zur Alternative für Lithiumbatterien werden und Elektroautos zu längeren Reichweiten verhelfen. Doch derzeit sind sie noch nicht langlebig genug. Die Ionen in einer Festkörperbatterie müssen mehrere Materialgrenzen überwinden, was diverse Nachteile mit sich bringt. Ein Team des Fritz-Haber-Instituts der Max-Planck-Gesellschaft, der TU München und des Forschungszentrum Jülich veröffentlichte jedoch am 02.06.2021 auf der FHI-Webseite und in Advanced Energy Materials, dass bestimmte nanoskalige Schichten an den Grenzflächen sogar zur Stabilisierung der Batterien beitragen können.

Lithium-Ionen-Batterie – Foto © Gerhard Hofmann für Solarify

Sie sind die nächste Generation der mobilen Energiespeicher: Festkörperbatterien. Sie versprechen größere Reichweiten. Sie sind sicherer als die bisher herkömmlichen Batterien mit flüssiger Füllung, die fast jedes E-Auto hat. Diese Flüssigkeit – der Elektrolyt – hat viele Nachteile: sie altert schneller als Feststoffe und ist außerdem leicht brennbar. Bei Autounfällen, in denen die Batterie eingedrückt wird und potentiell auslaufen kann, ist das besonders gefährlich. Gerade das soll die nächste Generation der Elektroautos nicht mehr haben und gleichzeitig mehr Energie speichern können. Deswegen investieren große Automobilhersteller wie BMW, Daimler, Ford und Volkswagen nun vermehrt in die Entwicklung leistungsstarker Festkörperbatterien.

Noch ist die kommerzielle Nutzung von Festkörperbatterien jedoch nicht wirtschaftlich. Denn mit den neuen Möglichkeiten ergeben sich auch neue Herausforderungen. Beim Be- und Entladen einer Batterie müssen Ionen – aktuell immer Lithium-Ionen – zwischen den Polen im Inneren der Batterie hin und her bewegt werden. Die beweglichen Ionen wandern in der Festkörperbatterie nicht mehr durch eine Flüssigkeit, sondern durch mehrere, feste Materialien. Deshalb muss man sicherstellen, dass diese Ionen insbesondere an allen Material- und Korngrenzen nicht auf hohe Barrieren treffen. Denn der Elektrolyt, das leitfähige Medium, besteht nicht aus einer gleichförmigen Masse, sondern aus vielen aneinandergrenzenden, festen Körnchen. Damit die Ionen zusammenhängende Wege vorfinden, erhitzt man die losen Körnchen bei der Herstellung unter hohem Druck. Dabei bildet sich an ihren Grenzen eine Art Schmelzschicht, die die Körner verbindet und über die die Ladung gut transportiert werden kann.

Zur Funktion der dabei entstandenen Kontaktschichten gab es in der Festkörperbatterie-Forschung einige Zweifel. Lange wurde angenommen, dass die Veränderungen an den fest-fest Grenzflächen in der Batterie nur unerwünschte Eigenschaften mit sich bringen und hat versucht, ihre Ausdehnung so weit wie möglich zu minimieren. Ein Team aus Wissenschaftler:innen des Fritz-Haber-Instituts (FHI) der Max-Planck-Gesellschaft, der Technischen Universität München (TUM) und des Forschungszentrums Jülich haben nun herausgefunden, dass diese Grenzflächenveränderungen nicht immer nachteilig sind, sondern sogar einen positiven Effekt haben können.

Um dies herauszufinden, musste das Team die Funktion einer Korngrenze im Inneren einer Batterie im Nanobereich untersuchen. „Das ist in der Festkörperbatterie-Forschung noch weitestgehend Neuland“, sagt Prof. Rüdiger-A. Eichel, Direktor des IEK-9 am Forschungszentrum Jülich und Professor an der RWTH Aachen, „bisher wurden dazu hauptsächlich meso- und makroskopische Untersuchungen durchgeführt. Doch die kommen nicht dicht genug an den Ort des Geschehens ran.“ Mithilfe von Simulationen und experimentellen Untersuchungen ist es dem Team um Dr. Christoph Scheurer vom FHI gelungen, die Grenzschicht auf atomaren Niveau zu charakterisieren. Dabei stellten die Wissenschaftler:innen fest, dass die Grenzschichten tatsächlich zur elektrochemischen Stabilisierung der Batterien beitragen.

Der Grund: die gefundenen Grenzschichten verhindern die Bildung von Lithiumdendriten. Diese tentakelartigen Gebilde können entstehen, wenn in der Batterie Elektronen und Lithium-Ionen aufeinandertreffen. Sie verbinden sich dann und bilden längliche Strukturen, denen die Batterie schnell zum Opfer fallen kann. Verbindet ein metallischer Dendrit nämlich Anode und Kathode, die Pole der Batterie, in deren Innerem, so kommt es zum Kurzschluss und die Batterie ist kaputt. „Die sich natürlich bildende, extrem dünne Schicht zwischen den Körnern in der Batterie ist eine Art Schutzummantelung, die genau das verhindert“, sagt Sina Stegmaier, Doktorandin an der TUM.

Diese Ergebnisse könnten die Gestaltung von Festkörperbatterien in naher Zukunft wesentlich beeinflussen. Zielgerichtetes Grenzflächen-Engineering zur Ausbildung solcher Schutzummantelungen könnte ein vielversprechender Weg sein, um die Dendritbildung zu verhindern und damit die nächste Generation sicherer Batterien langlebiger zu machen.

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