Wie man CO2-Bepreisung in Europa sozial ausbalanciert

MCC: EU-Kommission mit Politik gezielter Finanzhilfen auf gutem Weg

Europa öffnet die Geldschatulle, um Klimaschutz gerecht zu gestalten: 2020 brachte die EU-Kommission den milliardenschweren „Just Transition Fund“ auf den Weg, um die durch eine höhere CO2-Bepreisung entstehenden Belastungen gezielt zu kompensieren, jetzt soll noch ein „Climate Action Social Fund“ folgen. Doch wer sollte von solchen Töpfen fairerweise profitieren? Für diese Frage schafft jetzt ein Forschungsteam aus vier Ländern wissenschaftliche Orientierung. Es zeigt die Verteilungswirkung von CO2-Bepreisung in Europa, konzentriert sich dabei auf die Unterschiede zwischen den Mitgliedsländern und gibt Empfehlungen für Finanzhilfen zum sozialen Ausgleich. Federführend war das Berliner Klimaforschungsinstitut MCC (Mercator Research Institute on Global Commons and Climate Change). Die Studie ist publiziert in der Fachzeitschrift Energy Economics.

Bildmontage © Solarify

„CO2-Bepreisung kann für manche Haushalte besonders teuer sein – deshalb ist es gut, dass zum Beispiel Deutschland mit dem eingenommenen Geld gezielt Entlastung auf nationaler Ebene schafft“, sagt Simon Feindt, Doktorand in der MCC-Arbeitsgruppe Governance und Leitautor der Studie. „Aber beim Blick auf die gesamte EU haben wir ermittelt, dass die Last zwischen den Ländern deutlich unterschiedlicher ist als innerhalb der Länder.“

Es zeige sich auch die Bedeutung eines CO2-Grenzausgleichs: Die Unterschiede seien noch größer, wenn der CO2-Preis nur für in der EU produzierte und nicht auch für von außerhalb importierte Güter gelte. „Wir liefern eine empirisch fundierte und konsistent berechnete Abschätzung der Verteilungswirkungen in fast allen Mitgliedsstaaten. Und wir zeigen, wie der überschaubare Einsatz von Einnahmen aus der CO2-Bepreisung den sozialen Ausgleich zwischen Staaten sichern kann.“

Die Studie stütze sich auf die Ausgabenbudgets privater Haushalte aus Repräsentativbefragungen des EU-Statistikamts. Zudem berücksichtige sie den CO2-Gehalt der einzelnen Budgetposten. Dies berücksichtige jeweils die gesamte Lieferkette und basiere auf Primärdaten des wissenschaftlichen Netzwerks „Global Trade Analysis Project“, so Feindt.

Für ein umfassendes Bild der Verteilungseffekte werde unterstellt, dass ein CO2-Preis von 25 Euro je Tonne erhoben werde, EU-weit, für alle Sektoren und zusätzlich zu bestehenden Abgaben. Der Befund: Vor allem Mehrausgaben für Wohnen, Mobilität und Ernährung erhöhten dann die Lebenshaltungskosten prozentual besonders stark in Haushalten mit schmalem Budget – und am stärksten bei jenen in ärmeren Ländern.

Das Autorenteam zeigt die Last für verschiedene Haushaltsgruppen je nach Ausgabenbudget. Es definiert auch eine „Härtefall-Gruppe“ von Haushalten mit deutlich über 3 Prozent Mehrausgaben. 75 Prozent dieser Haushalte sind in Bulgarien, Polen und Rumänien.

Im Anschluss liefert die Studie einen pragmatischen Lösungsvorschlag:

Man könnte einen Teil des Geldes aus der CO2-Bepreisung dafür verwenden, diese soziale Schieflage zwischen den Ländern zu korrigieren. 7 Prozent der Einnahmen würden reichen, um die mittlere Belastung des ärmsten Zehntels in etwa auf die Durchschnittsbelastung aller Haushalte abzumildern. Das Instrument wäre eine Pauschalzahlung, die in gleicher Höhe auch an das zweit-, dritt- und viertärmste Zehntel geht. Das Forschungsteam rechnet vor, wie sich die Mittel des entsprechenden Ausgleichsfonds regional verteilen würden. Die ärmeren EU-Staaten würden davon besonders profitieren.

Die Politik der EU-Kommission geht bereits in diese Richtung: Aus dem „Just Transition Fund“ fließt ein überproportionaler Anteil nach Osteuropa. Allein 27 Prozent bekommt Polen, das sich mit der Brüsseler Klimaschutz-Offensive erklärtermaßen schwertut. Das Geld aus diesem Topf wird überwiegend in Projekte zur Regionalförderung gesteckt, doch der neue „Climate Action Social Fund“ soll private Haushalte auch direkt unterstützen.

„Je ehrgeiziger die EU-Klimaziele werden und je höher der CO2-Preis, desto mehr Rechtfertigung gibt es auch für regional differenzierte Fördertöpfe“, betont Thomas Sterner, Professor für Umweltökonomie an der Universität Göteborg und Co-Autor. „Dass ein sozialer Ausgleich gut begründet und von der Bevölkerung unterstützt wird, dazu liefert unsere Studie einen Beitrag.“

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