MENA: Ungleichheiten bei Energiewende

Rückstand bei Erneuerbaren Energien

Im Wirtschaftsraum EUMENA (Europa, Naher Osten und Afrika) gibt es große Unterschiede bei der Energiewende. Die Projektpipeline für Erneuerbare Energien ist in Europa ungleich größer als im Nahen Osten und Afrika – so Petra Franke am 08.11.2021 auf energiezukunft. Im globalen Süden gehen mehr Investitionen in fossile Brennstoffe. Die MENA-Länder (auch EMEA) bilden neben Amerika und Asien einen der drei Wirtschaftsräume der Welt. Die Einteilung mag willkürlich erscheinen: Sie basiert auf den annähernd gleichen Börsenöffnungszeiten. Doch die Länder dieser Gruppe liegen nicht nur in ähnlichen Zeitzonen. Vielmehr handelt es sich um tief miteinander verbundene Teile der Welt, deren Handels- und Kolonialbeziehungen viele Jahrhunderte zurückreichen. Sowohl die Geschichte als auch die Schicksale der Länder in diesen Regionen sind aufgrund der jahrelangen gegenseitigen Abhängigkeit und Ausbeutung untrennbar miteinander verbunden.

Hybrid-CSP-Kraftwerk bei Kuraymat, Ägypten – Foto © Gerhard Hofmann für Solarify

Das Analyseunternehmen Global Data hat die verfügbaren Daten über geplante und in Bau befindliche Kraftwerke in einem Energy Monitor aufbereitet. Dabei werden große Unterschiede zwischen den verschiedenen Regionen sichtbar. „Das große Thema bei der Energiewende in Europa, dem Nahen Osten und Afrika ist die Ungleichheit“, schreiben die Autoren Nick Ferris und Josh Rayman. Die Autoren räumen ein, dass die Kraftwerksdaten keine vollständige Analyse der Transformation liefern, aber ein wichtiger Indikator für den Weg zu Netto-Null seien.

Enorme Unterschiede gemessen an Bevölkerungszahl

Europa will insgesamt eine Kraftwerkskapazität von 829 Gigawatt neu errichten, 712 Gigawatt davon werden Erneuerbare-Energien-Anlagen sein. Obwohl im Nahen Osten und Afrika fast doppelt so viele Menschen leben wie in Europa, befinden sich dort lediglich 472 Gigawatt in der Pipeline und nur 270 davon sind erneuerbar. Ein ebenfalls großer Unterschied findet sich bei den Investitionen. 2020 wurden im Nahen Osten und Afrika mit insgesamt 1,7 Milliarden Einwohnern 6,7 Milliarden Dollar in Erneuerbare Energien investiert. In Europa mit 750 Millionen Einwohnern waren es 65 Milliarden Dollar.

Die Ungleichheit ist also zweifach: Die Länder des globalen Südens bauen die Erneuerbaren Energien weniger aus und Investitionen gehen verstärkt in fossile Brennstoffe. Nur zwei Prozent der weltweiten Investitionen in Erneuerbare Energien landen in Afrika und dem Nahen Osten.

Zehnmal mehr Windenergie in Europa als im Nahen Osten und Afrika geplant

Zukünftige Windenergieprojekte in der EMEA-Region befinden sich fast ausschließlich in Europa. Der Kontinent verfügt bereits über eine Windkraftkapazität von 219 Gigawatt, weitere 290 Gigawatt sind in Planung oder werden gerade gebaut. In Afrika und im Nahen Osten hingegen sind gerade einmal 7 Gigawatt an Windenergie installiert und 27 Gigawatt geplant. Im Nahen Osten investieren Ägypten (4 GW), Marokko (2 GW) und Saudi-Arabien (2 GW) am meisten in neue Windkraftanlagen. Spitzenreiter ist Südafrika, dort sind 11 Gigawatt in der Pipeline, so viel wie im übrigen Afrika zusammen. Bei der Solarenergie geht es etwas ausgewogener zu. Das mag an den guten klimatischen Voraussetzungen liegen, die es dafür im Nahen Osten und Afrika gibt. Zudem sind Solarenergieprojekte leichter umzusetzen.

Dennoch dominiert Europa auch bei den geplanten Solarenergiekapazitäten. Bis 2030 sollen 152 Gigawatt zu den bestehenden 170 Gigawatt hinzukommen. In Afrika und dem Nahen Osten existiert derzeit eine Kraftwerksleistung von 16 Gigawatt, weitere 68 Gigawatt Photovoltaik sind in Planung.

Die neuen Solarkraftwerke sind über den gesamten afrikanischen Kontinent verstreut, von den Savannen in Subsahara-Afrika über die dicht besiedelten Länder Westafrikas bis hin zur Sahara-Wüste. Simbabwe hat mit 4 Gigawatt die ambitioniertesten Pläne, gefolgt von Südafrika und Äthiopien mit jeweils 3 Gigawatt. Saudi-Arabien und die Vereinigten Arabischen Emirate, die grünem Wasserstoff aus Solarenergie exportieren wollen, wollen 11 beziehungsweise 8 Gigawatt Photovoltaik errichten.

Die Daten deuten nach Meinung der Autoren darauf hin, dass der Übergang zu einem vollständig erneuerbaren Energiesystem in Europa tatsächlich stattfindet. Allerdings weisen sie auf die beträchtlichen Mengen Gas hin, die Europa weiterhin zur Energieversorgung nutzt. In weiten Teilen Afrikas und des Nahen Ostens ist die Herausforderung jedoch komplexer: Es gilt, sich wirtschaftlich zu entwickeln und Millionen von Menschen aus der Armut zu befreien, und zwar auf eine völlig neue Art und Weise, mit Erneuerbaren Energien und nicht mit fossilen Brennstoffen. Die Kraftwerksdaten für die Region EMEA zeigen, dass diese Herausforderung noch nicht bewältigt wird. Sie machen deutlich, dass die versprochene Klimafinanzierung entscheidend sein wird, um weltweit Netto-Null-Emissionen zu erreichen. pf

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