Mindestens 45 GW PV jährlich für Deutschland

HTW: Solarstromausbau muss bis 2035 auf 590 GW verzehnfacht werden

Wenn Deutschland das Pariser Klimaschutzabkommen einhalten will, muss der Photovoltaikausbau bis 2035 auf 590 Gigawatt verzehnfacht werden. Das sagt eine Untersuchung der Hochschule für Technik und Wirtschaft Berlin (HTW), die weiter feststellt, die Ampelregierung habe mit ihrem Koalitionsvertrag versäumt, den zur Einhaltung der 1,5-Grad-Grenze notwendigen Ausbau von Windkraft und Solarenergie festzulegen. Das Ziel, die installierte Photovoltaikleistung bis 2030 auf 200 Gigawatt zu erhöhen, sei ein guter Anfang, reiche aber nicht aus.

Dach-PV-Anlage in Berlin – Foto © Gerhard Hofmann für Solarify

„Um überhaupt auf den Pfad des Pariser Klimaschutzziels zu kommen, ist mindestens die doppelte Photovoltaikleistung erforderlich“, so Volker Quaschning, Professor für Regenerative Energiesysteme an der HTW Berlin und Mitautor der Studie. Anhand von drei verschiedenen Szenarien wurde der zukünftige Energiebedarf Deutschlands und der Wechsel zu fossilfreien Technologien modelliert. Darauf aufbauend wurden ein kohlendioxidneutrales Energiesystem entwickelt und die dazu erforderlichen Ausbaumengen der erneuerbaren Energien bestimmt. Das Ergebnis: Zur Einhaltung des Pariser Klimaschutzabkommens muss Deutschland die installierte Photovoltaikleistung bis 2035 auf mindestens 590 Gigawatt verzehnfachen. Dies erfordert einen schnellen Markthochlauf auf etwa 45 Gigawatt pro Jahr.

Das aktuelle deutsche Klimaschutzgesetz sowie der Koalitionsvertrag der Ampelparteien sehen die Klimaneutralität erst im Jahr 2045 vor. Dies genügt nicht den Anforderungen des Pariser Klimaschutzabkommens. Deutschland müsste dafür seine Kohlendioxidemissionen bereits spätestens 2035 auf null zurückführen, um wenigstens einen Beitrag zur Begrenzung der globalen Erwärmung auf 1,7 °C zu leisten.

Mit dem Koalitionsvertrag versäumt es die neue Bundesregierung, den Ausbau der Windkraft und Solarenergie auf das Pariser Klimaschutzabkommen auszurichten. Für eine Paris-konforme Energieversorgung sind etwa doppelt so hohe Zubauziele erforderlich, wie die Ergebnisse dieser Studie zeigen.

Aus dem Pariser Klimaschutzabkommen ergibt sich ein nationales Restbudget an Kohlendioxidemissionen. Daraus kann abgeleitet werden, bis zu welchem Zeitpunkt Deutschland klimaneutral werden muss. Für den 1,5-Grad-Pfad ergibt sich das Zieljahr 2030. Zur Begrenzung der Erderwärmung auf 1,7°C muss Deutschland bis spätestens 2035 Klimaneutralität erreichen. 2020 deckten erneuerbare Energien gerade einmal 19,3% des deutschen Endenergiebedarfs. Dieser Anteil muss zur Einhaltung des Pariser Klimaschutzabkommens spätestens in 15 Jahren auf 100% gesteigert werden. Wie viel Photovoltaik in Deutschland dazu erforderlich ist, untersucht die vorliegende Studie.

Grundlage ist die weitgehende Elektrifizierung der Sektoren Verkehr, Gebäude und Industrie. Aus Effizienz-gründen muss die Anzahl der Fahrzeuge mit Verbrennungsmotor sowie der Öl- und Gasheizungen drastisch reduziert werden. Stattdessen müssen batterieelektrische Fahrzeuge den Verkehrssektor prägen und Gebäude überwiegend von effizienten Wärmepumpen beheizt werden. Ab 2025 sollten in Deutschland daher keine neuen Fahrzeuge mit Verbrennungsmotor zugelassen oder neue Heizungssysteme mit Gas- oder Ölkesseln installiert werden. Unter diesen Rahmenbedingungen steigt im betrachteten Referenzszenario die Anzahl der Elektroautos 2035 auf 31 Millionen. Gleichzeitig ersetzen bis dahin etwa 12 Mio. Wärmepumpen konventionelle Heizungssysteme. Die Ergebnisse der Studie zeigen darüber hinaus, dass die Energiewende in der Kürze der Zeit ohne grünen Wasserstoff nicht realisierbar ist. Dieser wird vor allem in nicht oder nur schwer elektrifizierbaren Bereichen eingesetzt und muss fossile Brennstoffe ersetzen. Im Referenzszenario wurde berücksichtigt, dass 60% des Bedarfs an Wasserstoff und dessen Folgeprodukten importiert werden. Damit verlagert Deutschland bereits einen nicht zu vernachlässigen Teil seiner Verantwortung zur Einhaltung des Pariser Klimaschutzabkommens in die Exportländer.

->Quellen: