Koalitionsvertrag Grundstein für geringere CO2-Emissionen

Perspektiven für Gaskraftwerke und Erneuerbare

Neben einem drastisch beschleunigten Ausbau der erneuerbaren Energien sei ein CO2-Mindestpreis von 60 €/t angekündigt. Das Ende des fossilen Zeitalters mit einem Kohleausstieg „idealerweise“ bis 2030 und einem Ende des Verbrennungsmotors bis 2035 werde eingeläutet. Vorrang hätten Elektrifizierung bzw. Dekarbonisierung des Wärme- und Verkehrssektors. Das steigere zwangsläufig die Stromnachfrage. Um die notwendigen Maßnahmen anzuschieben, soll bereits im kommenden Jahr ein Klimaschutz-Sofortprogramm auf den Weg gebracht werden.

PV und Windenergie in Brandenburg – Foto © Gerhard Hofmann für Solarify

Insbesondere sollen die neuen, sehr ambitionierten Ausbauziele Wind (Offshore 30 GW, Onshore 100 GW) und PV (200 GW) für 2030 „unter Beseitigung aller Hemmnisse“ erreicht werden. 20300 würden dann 80 Prozent des Bruttostrombedarfs (680 bis 750 TWh) mit Erneuerbaren Energien gedeckt. Um dies zu realisieren, müssten rein rechnerisch in den kommenden neun Jahren jedes Jahr kontinuierlich absolute Höchststände in den Zubauraten der einzelnen Energiesparten erreicht werden (PV 16 GW/Jahr; Onshore 5 GW/Jahr).

2030 sollen mindestens 15 Millionen batterieelektrische Pkw in Deutschland zugelassen sind. Allein dafür müsste deren Anteil an den jährlichen Neuzulassungen etwa 85 Prozent betragen. Daneben wird Wasserstoff eine zunehmend prominente Rolle in Mobilität, Industrie und Verstromung spielen. Der Wasserstoff soll 2030 zu etwa 10 GW aus Elektrolyseuren kommen. Ein neues Strommarktdesign soll erarbeitet und die Finanzarchitektur des Energiesystems dementsprechend werden.

Basierend auf aktuellen Einschätzungen zur Strommarktentwicklung und in Anlehnung an die im Koalitionsvertrag skizzierten energiewirtschaftlichen Zielwerte 2030, haben die Energieökonomen der enervis energy advisors GmbH die Strompreis- und Strommarktentwicklung am deutschen Großhandelsmarkt bis 2030 prognostiziert und analysiert.

„Unsere Strommarktmodellierungen zeigen, dass die energiewirtschaftlichen Zielpfade des Koalitionsvertrages zu einer deutlichen Minderung der CO2-Emissionen in der Stromerzeugung bis 2030 führen. Der Kohlendioxidausstoß des Kraftwerksparks reduziert sich deutlich auf unter 100 Mio. t CO2 in 2030 und liegt damit in Reichweite des sektoralen Zielwertes des Klimaschutzgesetzes“, so Mirko Schlossarczyk, Partner und Strommarktexperte bei enervis.

Gleichzeitig steigt allerdings die Bruttostromnachfrage bis 2030 auf 720 TWh, und Deutschland wird im Jahressaldo zum Stromimporteur. Die voranschreitende Dekarbonisierung und Elektrifizierung des Wärme- und Verkehrssektors sowie der Industrie und der Markthochlauf von Wasserstoff resultieren in neuen Herausforderungen. Die Erneuerbaren Energien müssen zügig, signifikant und dauerhaft ausgebaut werden. Im PV-Segment lassen die resultierenden Marktwerte einen Zubau auch außerhalb der Förderung, vor allem ab Mitte der 2020er Jahre, realistisch erscheinen.

Zudem brechen für Gaskraftwerke neue Zeiten an und ein Kapazitätszubau rückt bereits deutlich vor 2030 ins Blickfeld. Die skizzierten Annahmen führen im Ergebnis der Modellierung bis 2030 zu einem Bedarf von etwa 17 GW an neuen Gaskraftwerken. „Die vielzitierte Brückentechnologie Gas wird in diesem Umfeld eine Renaissance erleben. Um die Versorgungssicherheit zu gewährleisten und damit letztendlich den Kohleausstieg zu ermöglichen, müssen wir nicht nur über den Kohleausstieg sprechen, sondern auch über den Einstieg von wasserstofffähigen Gaskraftwerken, KWK und Speichern. Hier werden zeitnah vernünftige Anreize und dann auch Investitionen benötigt“, so Schlossarczyk weiter.

Daneben belegen die Ergebnisse der enervis-Szenariomodellierung, dass eine Stilllegung von Kohlekraftwerken bis 2030 bei gleichzeitig signifikant steigender Stromnachfrage die Diskussionen um Versorgungssicherheit und Strommarktdesign weiter befeuern dürfte. Das derzeitige Strommarktdesign auch in Zukunft unterstellt, steigt der Bedarf an Nachfrageflexibilitäten, Stromspeichern und Power-to-X-Technologien. Daher ist die im Koalitionsvertrag angelegte Diskussionsgrundlage eines neuen Strommarktdesigns in diesem Kontext zwangsläufig und notwendig.

Die energiewirtschaftlichen Ziele des Koalitionsvertrages sowie die Zielerreichungsstrategien und –maßnahmen stellen somit lediglich den Auftakt eines langen und intensiven Ringens um die künftige Struktur der Stromerzeugung, sowie des deutschen Strommarktes dar und strahlen weit über die Energiewirtschaft und den Industriestandort Deutschland hinaus.

enervis energy advisors GmbH ist eine Unternehmensberatung mit langjähriger Erfahrung in der Beratung von Energieversorgern. Beratungsschwerpunkte sind modellgestützte Preisprognosen und Marktanalysen, sowie energiewirtschaftliche Optimierungsfragen und Assetbewertungen. enervis liefert unabhängige und anerkannte Strompreisprognosen und Marktanalysen für alle relevanten europäischen Strommärkte.

->Quelle: E-Mail-Versand – enervis.de