Habeck und die Grenzen des Vogelschutzes

Geraten Windenergie-Pläne in Konflikt mit EU-Recht?

Die neue Bundesregierung will den Ausbau von Onshore-Windenergie wieder in Gang bringen und lässt die Windkraftindustrie in ganz Europa auf Rückenwind vom ehemaligen Weltmeister der Onshore-Windenergie hoffen. Doch dabei könnte es zu Konflikten mit den Naturschutzverbänden und EU-Recht kommen, schreibt Nikolaus Kurmayer auf euractiv.com.

Windpark bei Brieselang (Havelland) – Foto © Gerhard Hofmann für Solarify

Das von Vizekanzler Robert Habeck geleitete Ministerium für Wirtschaft und Klimaschutz hat große Pläne, um die schwächelnde Windindustrie des Landes wieder in Schwung zu bringen. „Die Energiewende ist wieder in vollem Gange. Deutschland will einen massiven Ausbau der Onshore-Windenergie“, sagte der Geschäftsführer von WindEurope, Giles Dickson, zu den Ankündigungen Habecks am 11.01.2021.

Habeck hatte in seiner Klimabilanz angekündigt, 2% der deutschen Landesfläche sollten für Onshore-Windenergie reserviert werden, eine langjährige Forderung der Windenergiebranche, die durch ein „Wind an Land“-Gesetz umgesetzt werden soll. Hermann Albers, Präsident des Bundesverbandes WindEnergie, begrüßte den Schritt: „Wir teilen die Einschätzung, dass ein verbindliches Flächenziel definiert und in allen Bundesländern umgesetzt werden muss.“.

Vögel vs. Windkraftanlagen

Um den Ausbau der Onshore-Windenergie zu beschleunigen, muss sich Habeck jedoch möglicherweise mit den fest verankerten Interessen der Naturschutzverbände anlegen. Genehmigungen für neue Windparks würden oft durch naturschutzrechtliche Bedenken und Klagen von Vogelschützern verzögert, schrieb die rechte Hand des Vizekanzlers, Patrick Graichen, im Oktober 2021:„Da die Windkraft eine der Schlüsseltechnologien für Klimaschutz und Energiewende ist, gilt es, Artenschutz und den beschleunigten Ausbau der Windenergie in Einklang zu bringen“, sagte er. Das so genannte „Tötungsverbot“, das in der EU-Vogelschutz- und der Habitat-Richtlinie verankert ist, verpflichtet die EU-Staaten zu einem Verbot:

  • u.a. der „absichtlichen Störung, z. B. während der Fortpflanzung, Aufzucht, Überwinterung und des Zugs“,
  • der „Beeinträchtigung oder Zerstörung von Fortpflanzungs- oder Ruhestätten“,
  • „der Anwendung aller wahllosen Fang- oder Tötungsmethoden, die das örtliche Verschwinden und eine ernsthafte Störung der Populationen dieser Arten zu verursachen können“,

Einige sagen, dass diese relativ weit gefasste Definition des Begriffs „Tötung“ von Vögeln den Ausbau der Onshore-Windenergie in Deutschland bereits eingeschränkt hat. „Bei Windenergieprojekten besteht ein abstraktes Tötungsrisiko nach dem gegenwärtigen Stand der Erkenntnisse insbesondere für Groß- und Greifvögel“, heißt es in einer rechtlichen Analyse, die Graichens ehemaliger Think-Tank Agora Energiewende in Auftrag gegeben hat. Prominente Vögel wie der Rotmilan oder der Seeadler gelten als empfindlich gegenüber Windparks. Da Windturbinen solche empfindlichen Arten töten können, sind Sicherheitsabstände erforderlich, was die Planungsprozesse „aufwändig und schwierig“ macht, heißt es in der Analyse weiter.

In Brüssel vertritt die Industriegruppe WindEurope die Ansicht, dass „die neuen deutschen Pläne um den Windausbau auf bis zu 10 GW Windzubau an Land pro Jahr zu beschleunigen, möglicherweise eine Novellierung der ‚EU Birds and Habitats Directives‘ notwendig machen“ könnten, sagte Christoph Zipf, Presse- und Kommunikationsmanager bei WindEurope, gegenüber EURACTIV. Der geplante Ansatz, eine Gesamtbetrachtung der Spezies anstelle einer individuellen Analyse einzuführen, könnte der Richtlinie widersprechen, erklärte er.

Doch der Naturschutz steht jedem Vorschlag zur Überarbeitung der EU-Vogelschutzrichtlinie skeptisch gegenüber. Die EU-Vogelschutzrichtlinien seien erst vor wenigen Jahren von der EU-Kommission für „fit for purpose“ befunden worden und enthielten viele Ausnahmeregelungen, die Deutschland verstärkt für den Ausbau der Windenergie nutzen könne.

->Quelle und vollständiger Beitrag: euractiv.de/deutsche-windkraftambitionen-kollidieren-wohl-mit-eu-vogelschutzrecht