Klimakrise: Worauf sich die Welt vorbereiten sollte

Der nächste IPCC-Teilbericht zeigt, wie wir uns an den Klimawandel anpassen müssen

Das Klima wird sich weiter aufheizen, Wetterextreme werden künftig häufiger auftreten. Wie schwerwiegend die Folgen sind, hängt allerdings auch davon ab, wie gut die Welt darauf vorbereitet ist. Dazu muss man Klima, Natur und Mensch zusammen denken, zeigt der neueste Beitrag zum Sechsten IPCC-Sachstandsbericht, schreibt Christian Mihatsch auf der Internetseite der Helmholtz-Klima-Initiative. Am 28.02.2022 wird der Bericht veröffentlicht.

Überschwemmung in Marienthal, Dernau – Foto © mit freundlicher Genehmigung HwK Koblenz

Bei der Flutkatastrophe im Juli letzten Jahres sind alleine in Deutschland 184 Menschen ums Leben gekommen. Außerdem entstanden Schäden in Höhe von 33 Milliarden Euro, wie der Rückversicherer Munich Re ausgerechnet hat. Die Wissenschaftler von der World Weather Attribution (WWA) Initiative konnten zeigen, dass solche Ereignisse in Westeuropa wahrscheinlicher geworden sind wegen der bisherigen Klimaerwärmung von 1,1 Grad im Vergleich zur vorindustriellen Zeit. Die WWA-Wissenschaftler mahnen daher: „Da solche Ereignisse in Zukunft häufiger auftreten werden, ist es von entscheidender Bedeutung zu untersuchen, wie die Anfälligkeit und Exposition verringert werden kann, um künftige Auswirkungen zu reduzieren.“

Genau darum geht es im zweiten IPCC-Teilbericht. Im am 09.08.2021 präsentierten ersten Teil des sechsten Sachstandberichts (siehe solarify.eu/dlr-projekttraeger-zu-ipcc-bericht und solarify.eu/der-blinde-fleck-des-ipcc-berichts) wurden die physikalischen Grundlagen des Klimawandels erläutert. Im zweiten geht es um die Anpassung an die Erwärmung und im dritten, der Ende März verabschiedet wird, um die Reduktion der Treibhausgasemissionen. Der zweite Teilbericht wurde von 270 Autoren auf Grundlage von 34.000 Studien erstellt und hat rund 1000 Seiten. Hinzu kommt die etwa 30-seitige „Zusammenfassung für Entscheidungsträger“. Diese wird seit dem 14. Februar von Vertretern der 195 IPCC-Mitgliedsstaaten im engen Austausch mit Wissenschaftlern diskutiert. Damit wird sichergestellt, dass deren Regierungen den Inhalt des Berichts als den aktuellen Kenntnisstand der Klimawissenschaften anerkennen. Der Co-Vorsitzende der Arbeitsgruppe für den zweiten Teilbericht, Prof. Hans-Otto Pörtner vom Alfred Wegener Institut Helmholtz-Zentrum für Polar- und Meeresforschung, erwartet kontroverse Diskussionen, denn der zweite Teil sei „näher an politischen Interessen und Konflikten“ als der erste.

Obwohl noch nicht bekannt ist, was im neuen Bericht steht, lassen sich einige Voraussagen machen: Im Vergleich zum fünften Sachstandsbericht aus dem Jahr 2014 wird der sechste viel stärker auf die Wechselwirkungen zwischen der Klimaerwärmung, dem Verlust der Artenvielfalt und dem menschlichen Verhalten eingehen. „Wir haben die Silos verlassen“ sagte Pörtner mit Blick auf dieses „neue Grundverständnis“. Ein Beispiel für diesen Ansatz sind „Mosaiklandschaften“ mit Siedlungen und Landwirtschaft, einem Netz von Schutzgebieten und Überflutungsflächen für den Hochwasserschutz. Der Bericht wird wahrscheinlich zeigen, dass zwischen 30 und 50 Prozent der Erde unter Schutz gestellt werden müssen. „Arten müssen die Möglichkeit haben, gemäß ihren klimatischen Präferenzen auszuweichen“, sagte Prof. Josef Settele vom Helmholtz-Zentrum für Umweltforschung, denn „jede Art, die ausstirbt, ist ein kleiner Kipppunkt“. Der neue Bericht wird zudem die Folgen der Erwärmung und die erforderlichen Anpassungsmaßnahmen viel kleinteiliger darstellen. Dank besserer Klimamodelle lässt sich mittlerweile zeigen, welche Folgen die globale Erwärmung in einzelnen Regionen hat.

Der Bericht zur Anpassung an den Klimawandel ist Grundlage der Nationalen Anpassungspläne der Staaten. Deutschland hat auf Bundesebene seit dem Jahr 2008 einen solchen Plan und hat diesen zuletzt im Jahr 2020 aktualisiert. Nun sieht er 188 Einzelmaßnahmen im Inland und weitere 44 auf internationaler Ebene vor. Der Plan sei allerdings noch sehr „traditionell“, sagte Prof. Daniela Jacob vom Climate Service Center Germany (GERICS) des Helmholtz-Zentrums Hereon, und denke das Klima, die Natur und den Menschen noch nicht wirklich zusammen. Dafür ist der Plan relativ solide finanziert. In vielen Entwicklungsländern ist das hingegen nicht der Fall. Das UN-Umweltprogramm UNEP schätzt, dass der Finanzbedarf von armen Ländern für die Anpassung an den Klimawandel fünf- bis zehnmal größer ist, als die derzeit verfügbaren Klimahilfen. Hinzu kommt, dass die Schäden durch den Klimawandel deutlich höher sind als im Jahr 2014 erwartet wurde. Einzelne Ereignisse können Länder um Jahrzehnte zurückwerfen: So hat Hurrikan Maria im Jahr 2016 im Inselstaat Dominica Schäden im Gegenwert von 224 Prozent des Bruttoinlandprodukts angerichtet. Der neue Bericht widmet daher gleich drei Kapitel „nachhaltigen Entwicklungspfaden“, in denen die Anpassung an die Erwärmung, die Reduktion der Emissionen und die Erreichung der Nachhaltigen Entwicklungsziele der UNO (SDGs) zusammen betrachtet werden.

Quer über die 18 Kapitel des Berichts wird einmal mehr klar werden, wie groß die Veränderungen sind, vor denen die Welt steht. Ein weiter-so und ein bisschen Naturschutz reichten dabei nicht aus, meint Settele: „Wir brauchen einen grundlegenden gesellschaftlichen Wandel, um für kommende Generationen eine lebenswerte Zukunft zu sichern.“

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