Antwort eines Branchenverbandes auf die „Recyclinglüge“

Mission impossible oder Wegbereiter für eine funktionierende Kreislaufwirtschaft?

Die politischen Entscheidungsträger auf EU-, Bundes- und Landesebene appellierten seit Jahren an Wirtschaft und Verbraucher, Plastikmüll am besten zu vermeiden und wenn dies nicht möglich sei, zu trennen und zu sammeln, damit der Plastikmüll entsprechend recycelt werden könne, heißt es in einer Pressemeldung vom 01.07.2022 der Arbeitsgemeinschaft Stoffspezifische Abfallbehandlung e.V. (ASA).

Plastikmüll – Foto © Gerhard Hofmann, Agentur Zukunft, für Solarify

Aber wieso verschlechtere sich die Verschmutzung der Meere, wenn Europa und die Welt ihr Trennverhalten verbesserten und auch in der Abfallvermeidung immer besser würden? „Ist es nach wie vor eine „Mission impossible“, die Lage in den Griff zu kriegen, gehen wir den richtigen Weg oder ist das Recycling der Wegbereiter für eine funktionierende Kreislaufwirtschaft, die der Markt selbst regelt?“ heißt es weiter in der ASA-Meldung.

„Diese und weitere Fragen waren Inhalt der Recherche der ARD-Doku „Die Recyclinglüge“. Die Dokumentation hat aus unserer Sicht viele Punkte angesprochen, die wir als Branche insgesamt schon oft zu bedenken gegeben haben und auch immer in unseren Anstrengungen eine Rolle spielen müssen. Daher ist es wichtig und auch zielführend, Aufklärung zu betreiben und für dieses Thema zu sensibilisieren. ‚Statt uns gegenseitig den schwarzen Peter zuzuschieben, sollten wir an einem Strang ziehen und Handeln und zwar jetzt und nicht erst in ein paar Jahren!‘, so ASA-Geschäftsführerin Katrin Büscher.“

Prof. Dr. Maurer von der Europäischen Kommission habe es in der Doku „trefflich formuliert“: „Es ist doch klar für jeden, dass es so nicht weitergehen kann. Wenn es so nicht weitergehen kann, dann braucht es politische Eingriffe, die vielleicht einigen wehtun werden. Aber wir können nicht, um einigen nicht wehzutun, die ganze Menschheit aufs Spiel setzen.“

In erster Linie müssten wir beim (Kunststoff-)Recycling für mehr Transparenz sorgen und die Gesellschaft aufklären. So fehle es bisher an wichtigen Eckdaten, die die grundsätzliche Ablehnung und das Hinterfragen „Gutes zu tun“ und nachhaltig zu leben, zum Erliegen bringen. Diese Eckdaten müssten wir ermitteln und verstärkt an die Öffentlichkeit tragen und damit das Grundverständnis für die weltweite Problematik stärken.

Die Öffentlichkeitsarbeit der Wirtschaft (Unternehmen), der Kommunen, der Entsorgungswirtschaft insgesamt müsse stetig ausgebaut werden und insgesamt dazu führen, dass die Sensibilität für das Thema Zuspruch erfährt. „Nach wie vor stellt sich der Bürger die Frage: Wofür trenne ich, wenn der Nachbar von nebenan den Biomüll mit der Plastiktüte entsorgt oder sowieso alles zum guten Schluss verbrannt wird. Zurecht!“, wie Katrin Büscher sagt. „Eine Patentlösung habe ich selbst auch noch nicht gefunden, weil es immer Personen gibt, die das durchaus komplizierte Trennsystem nicht verstehen oder sich aus Bequemlichkeit dem geforderten System widersetzen oder einfach resignieren, weil sie gefühlt die einzigen sind, die den Kunstsoff und andere Materialströme trennen“. Nach wie vor sei dem Bürger kaum schlüssig zu erläutern, warum Kunststoffabfälle in mehrere Entsorgungssysteme getrennt werden müssten, obwohl es der selbe Stoffstrom sei.

„Auch dem Bürger muss das Ergebnis dieses gleichgültigen Handelns weh tun“, so die Juristin fordernd. Die Krisen jetzt zeigten es ganz deutlich. Das beginne bei den Benzin- und Dieselpreisen und endet spätestens im Herbst mit der Drosselung der Gaslieferungen. Die Juristin rauft sich bereits seit Wochen die Haare: „Es kann nicht sein, dass nun alle Branchen fordern, dass sie privilegiert sind und das Gas auf keinen Fall gedrosselt oder abgestellt werden darf. Doch so wird es kommen und deshalb müssen wir uns überlegen, welche Möglichkeiten wir jetzt haben einzusparen und auch verstärkt auf erneuerbare Energien setzen“, so die Fachfrau ergänzend. „Wenn alle nur an sich denken und auf ein Wunder hoffen, dann wird die Krise im Herbst weitere Krisen auslösen. Deshalb können Stufenpläne eine Lösung sein- diesen haben wir bereits für die stoffspezifische Abfallbehandlung erarbeitet.“ ergänzt Johanna Weppel, Umweltingenieurin und Referentin der ASA.

„Lösungsorientiertes Arbeiten gilt auch für das Recycling. Als Branche müssen wir nach Lösungen suchen und nicht pauschale Forderungen aufstellen“, so die Expertinnen abschließend.

Daher sei die Politik gefordert und aufgerufen endlich aktiv zu werden und vor allem die Praxis einzubeziehen. Das bedeute insbesondere, dass wir realistische Recyclingquoten aufriefen und die Praxis in diesen Ermittlungs- und Entscheidungsprozess einbezogen werde. „Denn was bringt es uns auf Dauer, wenn Quoten festgelegt werden und sich im Nachgang herausstellt, dass der Praxisbezug fehlt und sie nicht realisierbar sind“ so die Medienmitteilung weiter.

Ein gutes Bespiel wie es besser laufen kann, seien die BREF-Papiere (Best Available Technique Referenz Documents). Hier werde erst der Stand der Technik ermittelt und dann würden finale Regelungen festgelegt. „Ein Ansatz, der auch bei der Ermittlung der Quoten im Fokus stehen muss – bevor das Kind in den Brunnen gefallen ist“, fordert die Umweltingenieurin.

Daher fordert die Branche auch schon seit langem Rezyklateinsatzquoten, mit denen die Unternehmen verpflichten werden, überhaupt Rezyklate zu verwenden. „Ohne diese sogenannte Rezyklateinsatzquote wird die Wiederverwendung von Kunststoffen in einer Endlosschleife des Nichtstun enden oder in einem Verschiebebahnhof, weil die Herstellung neuer Kunststoffe günstiger ist, als der Einsatz recycelter Kunststoffe“, verdeutlichen die ASA-Esperinnen. Hier kann sich auch die Politik nicht mehr zurücklehnen und davon ausgehen, „dass es der Markt schon regeln wird“.

Eine intakte Kreislaufwirtschaft könne nur dann Zukunft haben, wenn alle Akteure an einem Strang zögen und gemeinsam Lösungen erarbeiteten. „Theorie und Praxis Hand in Hand.“

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