Analyse von Allianz Trade: Ukrainekrieg kann Energiewende antreiben

Kriegsfolgen könnten Energiewandel befördern

Die Folgen des Krieges in der Ukraine können einer Studie zufolge die Energiewende in Deutschland beschleunigen. Die grüne Wende könne mitunter erfolgreicher gelingen als bisher erwartet, obwohl die deutsche Bundesregierung im Streben nach mehr Energieunabhängigkeit zunächst mehr auf Kohle setzen müsse, heißt es in einer viel beachteten Analyse des Kreditversicherers Allianz Trade (früher Euler-Hermes) vom 17.07.2022.

Hoffnung auf die Energiewende – Foto © Gerhard Hofmann, Agentur Zukunft, für Solarify

Die drohende Aussetzung der russischen Gasimporte hat dabei die Energieabhängigkeit Deutschlands ins Rampenlicht gerückt. Die kurzfristige Lösung: bei der Stromerzeugung verstärkt auf Kohle zu setzen. Die Befürchtung: der grüne Wandel Deutschlands könnte aus dem Ruder laufen. Die Untersuchung von Allianz Trade zeigt jedoch, dass Deutschlands grüne Wende weitaus erfolgreicher gelingen könnte als bislang erwartet. „Mittelfristig dürften die ehrgeizigen Ziele Deutschlands den Anteil der Erneuerbaren Energien am Strommix sogar über das Maß hinaus steigern, das für die Erfüllung der Pariser Klimaziele bis 2035 erforderlich wäre“, so Milo Bogaerts, CEO von Allianz Trade in der DACH-Region.

Drei Gründe, warum es unwahrscheinlich ist, dass Deutschland seine grüne Wende verfehlt:

      1. Mehr Kohleverstromung wird die CO2-Emissionen in der EU nicht erhöhen, da sie durch das EU-Emissionshandelssystem (EU ETS) begrenzt sind. „Im Rahmen des EU ETS führt ein zusätzlicher Kohleeinsatz zu einer Steigerung der CO2-Preise. Das bedingt wiederum weniger CO2-Emissionen in anderen Branchen“, sagt Markus Zimmer, als Senior Economist bei Allianz Research verantwortlich für die aktuelle Studie.
      2. Die Preise, die das EU-Emissionshandelssystem vorgibt, liegen deutlich über einem für Kohle wettbewerbsfähigen Preis. So sind für Kohle EU-ETS-Preise unter 60 EUR erforderlich, während die derzeitig zwischen 80 und 90 EUR schwanken und voraussichtlich weiter steigen werden.
      3. Die deutsche Regierung bekennt sich weiterhin zum Ausstieg aus der Kohleverstromung bis 2030, obwohl diese Verpflichtung noch nicht gesetzlich verankert ist. „In Anbetracht der hohen EU-Emissionshandelspreise ist es zudem sehr unwahrscheinlich, dass Kohle langfristig als Ersatz für russisches Gas dienen wird“, so Markus Zimmer. „Sie wird aus dem Markt gedrängt werden.“

Ehrgeizige Ziele Deutschlands: vierfache Steigerung der Kapazitäten für Erneuerbare Energien

Mittelfristig zielen die Ambitionen Deutschlands auf eine mehr als vierfache Steigerung der Kapazitäten im Bereich der Erneuerbaren Energien ab. Das würde die Abkehr vom russischen Gas beschleunigen. Allerdings ist für diese Zielerreichung ein Paradigmenwechsel in zentralen Bereichen des Stromsystems erforderlich. Markus Zimmer: „Die Planungs- und Genehmigungsverfahren für Erneuerbare-Energien-, Strom- und Wasserstoffnetze müssen konsequent vereinfacht und beschleunigt werden. Darüber hinaus bedarf der Infrastrukturausbau für Strom-, Gas- und Wasserstoffnetze dringend einer Koordinierung, die ohne einen integrierten Systementwicklungsplan nicht zu erreichen ist.“

440.000 Jobs: Deutschlands klimaneutrales Stromsystem schafft Wirtschaftsimpuls

Der Ausbau der Erneuerbaren Energien bringt laut Untersuchung von Allianz Trade erhebliche Wachstums- und Beschäftigungsvorteile mit sich: Allein der Ausbau der Stromerzeugungskapazität aus Erneuerbaren Energien erfordert bis 2035 Investitionen in Höhe von durchschnittlich 28 Mrd. EUR pro Jahr. Dies führt zu einer zusätzlichen Wertschöpfung von 40 Mrd. EUR pro Jahr (direkt und indirekt, letzteres betrifft die vorgelagerten Lieferketten der Investitionen in Erneuerbare Energien). Zudem wird der Ausbau der Erneuerbaren Energien von 2022 bis 2035 insgesamt durchschnittlich 440.000 Arbeitskräfte in Deutschland beschäftigen.

„Diese Entwicklung kann sowohl Segen als auch Fluch sein“, kommentiert Milo Bogaerts, CEO Allianz Trade in DACH. „Bleibt die Wirtschaft schwach, sehen wir einen willkommenen Konjunkturimpuls. Sollten im Zuge einer wirtschaftlichen Erholung die globalen Lieferketten nicht mit dem Wachstum Schritt halten, könnte dies allerdings zu einem weiteren Preisdruck auf knappe Ressourcen führen, den Inflationsdruck erhöhen oder sogar eine Lohn-Preis-Spirale begünstigen.“

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