Solare Treibstoffe: Baustein für die klimafreundliche Mobilität

Synhelion stellt erstmals solares Synthesegas in industriellem Maßstab her

Der schweizerischen Synhelion SA ist es nach eigenen Angaben als erstem Unternehmen der Welt gelungen, im industriellen Maßstab Synthesegas ausschließlich mit Solarwärme als Energiequelle herzustellen. Das hat Synhelion erfolgreich auf dem DLR-Multifokus-Solarturm in Jülich demonstriert. Damit sei der letzte entscheidende technische Meilenstein für die industrielle Produktion CO2-neutraler Flugzeugtreibstoffe (E-Kerosin – siehe solarify.eu/alternative-kraftstoffe-synthetische-treibstoffe-designer-fuels-e-fuels) erreicht worden (18.08.2022).

Betankung eines Flugzeugs auf dem Flughafen Barcelona – Foto © Gerhard Hofmann, Agentur Zukunft, für Solarify

Synhelion hat ein solarthermisches Verfahren fu?r die Produktion von synthetischen Treibstoffen entwickelt, das keinen Strom benötigt. Die einzigartige Technologie nutzt Hochtemperatur- Solarwärme für die Herstellung von Synthesegas, woraus anschließend in industriellen Standardprozessen flüssiger Treibstoff, wie Kerosin, Benzin oder Diesel synthetisiert wird, der mit herkömmlichen Flugzeugtriebwerken und Verbrennungsmotoren kompatibel ist. Ein solcher Sun-to- Liquid-Treibstoff schließt den CO2-Kreislauf, da er bei seiner Verbrennung nur so viel CO2 freisetzt, wie zuvor für dessen Herstellung verwendet wurde.

Im Emsland wurde am 04.10.2021 die weltweit erste Anlage zur Produktion von CO2-neutralem E-Kerosin im industriellen Maßstab eingeweiht. Der klimafreundliche Kraftstoff für Flugzeuge entsteht aus grünem Wasserstoff und CO2, das aus einer Biogasanlage und der Umgebungsluft gewonnen wird. Mit der PtL-Roadmap wollen Bund, Länder und Industrie für den Markthochlauf von klimaneutralen E-Flüssigkraftstoffen sorgen. Das Ziel: Bis 2030 sollen mindestens 200.000 Tonnen nachhaltiges Kerosin entstehen. Es gelten in Zukunft verbindliche Ziele für den Ein- und Absatz von erneuerbarem Kerosin. Ab 2026 müssen in Deutschland mindestens 0,5 Prozent des Treibstoffs für Flugzeuge aus PtL-Kerosin bestehen – etwa 50.000 Tonnen. (bundesregierung.de/klimafreundliches-fliegen)

Das Karlsruher Unternehmen Ineratec (2018 mit dem deutschen Gründerpreis ausgezeichnet) will im Industriepark Höchst bei Frankfurt „die weltweit erste PTL-Anlage mit einer Produktionskapazität bis 3.500 Tonnen, also 4,6 Millionen Liter Kraftstoff pro Jahr“, in Betrieb nehmen. Weitere und noch größere Produktionstellen müssten aber zügig folgen, um bis 2030 zwei Prozent zu erreichen. INERATEC will aus 10.000 Tonnen biogenem CO2 und erneuerbarem Strom e-Fuels produzieren. Die Pionieranlage wird die bisher größte und als Wegbereiter für weitere weltweite Power-to-Liquid Projekte von INERATEC dienen. (solarify.eu/industrielle-power-to-liquid-pionieranlage-in-deutschland)

Am 15.01.2019 ist der Sunfire GmbH ein technologischer Durchbruch für die Energiewende gelungen: Die erfolgreiche Inbetriebnahme und der erfolgreiche Testbetrieb (> 500 Stunden) einer Hochtemperatur-Co-Elektrolyse seit November 2018 am Standort in Dresden. Die SUNFIRE-SYNLINK genannte Technologie ermöglicht die hocheffiziente Produktion (zukünftig ca. 80 % Wirkungsgrad im industriellen Maßstab) von Synthesegas in einem einzigen Schritt unter Einsatz von Wasser, CO2 und Ökostrom. Damit sinken die Investitions- und Betriebskosten für Power-to-X-Projekte (e-Crude, e-fuels) deutlich. (sunfire.de/durchbruch-fuer-power-to-x-sunfire-nimmt-erste-co-elektrolyse-in-betrieb-und-startet-die-skalierung)

Synthesegas wird erstmals unter Einsatz von Solarwärme erzeugt

Im Labor der ETH Zürich hat das Team von Synhelion bereits 2010 das erste Mal erfolgreich solares Synthesegas herstellen können. Seither bestand die Herausforderung darin, die Technologie auf einen industriellen Maßstab zu skalieren: Das ist nun gelungen. Die Kooperation mit Wood, einem weltweit führenden Anbieter von Beratungs- und Ingenieurleistungen in den Bereichen Energie- und Umwelttechnik, hat diese technische Entwicklung maßgeblich beschleunigt. Wood liefert Synhelion ihren Reformierungsreaktor, in dem das Synthesegas erzeugt wird. Synhelion treibt diesen Reaktor nun ausschließlich mit solarer Prozesswärme an. Dafür wird die Sonnenstrahlung von einem Spiegelfeld auf den von Synhelion entwickelten Solarstrahlungsempfänger (Receiver) im Multifokus- Solarturm konzentriert. Turm und Spiegelfeld gehören zum Deutschen Zentrum für Luft- und Raumfahrt (DLR). Die präzise Steuerungstechnik zur Ausrichtung des Spiegelfelds wurde von Synhelion Deutschland entwickelt und installiert. Konkret wurde in der Anlage ein 250 kW-Receiver von Synhelion mit einem 6 Meter hohen und 12 Tonnen schweren Reformierungsreaktor gekoppelt. Das System hat eine Produktionskapazität von 100 Normkubikmeter Synthesegas pro Stunde. Dementsprechend könnte eine Anlage dieser Größe jährlich rund 150.000 Liter flüssigen Solartreibstoff herstellen.

Synthesegas ist eine Mischung aus Wasserstoff und Kohlenstoffmonoxid CO). Die benötigten Ausgangsstoffe für die Herstellung sind Wasser und Kohlenstoff. Synhelion verwendet RED-II-zertifiziertes CO2 und Methan aus Bioabfällen als Kohlenstoffquelle, um eine saubere Produktion zu gewährleisten. Die Umwandlung der Ausgangsstoffe in flüssige Treibstoffe benötigt sehr viel Energie, die zwingend aus erneuerbaren Quellen stammen muss. Synhelions innovative Solartechnologie ermöglicht es, diesen Prozess erstmals von der Kraft der Sonne antreiben zu lassen.

Unsere Anlagen sind eigenständig und unabhängig vom Stromnetz, was unsere Technologie weltweit schnell skalierbar macht. In Jülich, Nordrhein-Westfalen bauen wir derzeit die weltweit erste industrielle Anlage zur Produktion von CO2-neutralem Solartreibstoff. Die industrielle Produktion von Solartreibstoffen wird dort im Jahr 2023 beginnen. Wir planen, die erste kommerzielle Produktionsanlage bis 2025 in Spanien in Betrieb zu nehmen. Bis 2030 streben wir Produktionskosten von unter 1 EUR/CHF/USD pro Liter und eine kommerzielle Produktionskapazität von 875 Millionen Litern Treibstoff pro Jahr an. Das entspricht etwa der Hälfte des Schweizer Flugtreibstoffbedarfs. Wir planen, die Produktionskapazität bis 2040 auf 50 Milliarden Liter Solartreibstoff pro Jahr zu erhöhen, womit etwa die Hälfte des europäischen Flugtreibstoffbedarfs gedeckt werden könnte“ (synhelion.com).

Nächster Schritt: Produktion von Solarkerosin

Mit der erfolgreichen Herstellung von Synthesegas im industriellen Maßstab hat Synhelion einen zentralen Meilenstein in der Skalierung der Sun-to-Liquid-Technologie erreicht. Als nächsten Schritt baut das Schweizer Unternehmen nun, ebenfalls in Jülich, die weltweit erste industrielle Anlage für Solartreibstoffe, welche die gesamte Prozesskette vom konzentrierten Sonnenlicht bis zu den flüssigen Treibstoffen in industriellem Maßstab demonstrieren wird. Diese Anlage wird im Rahmen des vom vom BMWK geförderten SolarFuels-Projekts umgesetzt. Die Anlage soll bereits im Jahr 2023 in Betrieb genommen werden; die Fluggesellschaft SWISS wird Erstabnehmerin des Solarkerosins sein.

Philipp Good, CTO der 2016 gegründeten Synhelion, kommentiert: „Durch die erfolgreiche Herstellung von solarem Synthesegas haben wir den Traum der Umwandlung von Sonnenlicht in Treibstoff industrietauglich gemacht. Der letzte grosse technische Meilenstein bei der Skalierung unserer Technologie ist damit geschafft. Nun ist der Weg geebnet für die industrielle Herstellung CO2-neutraler Flugzeugtreibstoffe, mit der wir nächstes Jahr in Ju?lich beginnen wollen.“

„Das DLR gratuliert Synhelion zu diesem Erfolg auf dem Weg, innovative Technologie reif für den Markt und die Anwendung zu machen. Gleichzeitig freuen wir uns, dass das DLR mit seinen Großforschungsanlagen als Plattform für diese Entwicklung dienen konnte“, sagt die DLR-Vorstandsvorsitzende Prof. Anke Kaysser-Pyzalla. Erst im letzten Jahr hat die Schweizer Synhelion die DLR-Unternehmensgründung Heliokon übernommen, die heute als Synhelion Germany firmiert und große Teile der operativen Umsetzung durchführt.

Über Synhelion

Synhelion ist Pionier auf dem Gebiet nachhaltiger Solartreibstoffe. Das Cleantech- Unternehmen wurde 2016 als Spin-off der ETH Zürich gegründet, um CO2-neutrale Mobilität zu ermöglichen. Die industrielle Produktion von Solartreibstoffen wird 2023 in Deutschland beginnen. Bis 2025 ist die Inbetriebnahme der ersten kommerziellen Produktionsanlage in Spanien geplant. Synhelion ist das erste Unternehmen, das mit konzentrierter Sonnenstrahlung nachhaltige Prozesswärme von u?ber 1.500°C erzeugt. Damit ist es erstmals möglich, industrielle Prozesse wie die Treibstoffproduktion oder die Zementherstellung mit Solarwärme zu betreiben.

Gemeinsam stark: einmalige DLR-Infrastruktur für Forschung und Entwicklung mit der Industrie

Das DLR-Institut für Solarforschung betreibt in Jülich zwei Solartürme sowie ein etwa rund zehn Hektar großes Feld mit mehr als 2.000 beweglichen Spiegeln, sogenannten Heliostaten. Diese fangen das Sonnenlicht ein, bündeln es und lenken es zu den beiden Solartürmen. Die Anlage dient vor allem dazu, solare Bestrahlungstests durchzuführen. Mit ihr entwickeln Forschende des DLR zusammen mit Industrieunternehmen Komponenten und Systeme für kommerzielle solarthermische Kraftwerke. Am Standort Jülich ist zudem das DLR-Institut für Future Fuels beheimatet. Gemeinsam mit dem Institut für Solarforschung testet es hier Verfahren zur solaren Wasserspaltung, zur Herstellung von solaren Treibstoffen und für die die Nutzung von Solarwärme in Industrieprozessen.

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