100-Milliarden-Klima-Paket vorgeschlagen

Fratzscher (DIW) und Neubauer (FfF): „Gute Klimapolitik ist auch gute Wirtschaftspolitik“

Die Klimaschutzbewegung Fridays for Future (FfF) fordert die Bundesregierung auf, ein Sondervermögen in Höhe von 100 Milliarden Euro für den Klimaschutz und für den Ausbau Erneuerbarer Energien bereitzustellen. Rückendeckung kommt aus der Wissenschaft. Zusammen mit Marcel Fratzscher vom Deutschen Institut für Wirtschaftsforschung hat FfF-Sprecherin Luisa Neubauer am 13.09.2022 in Berlin die Forderung der Klimaschützer nach dem 100-Milliarden-Paket vorgestellt.

Klima-Demo vor Reichstag 2021 – Foto © Gerhard Hofmann, Agentur Zukunft, für Solarify

Mit dem Geld soll neben dem Ausbau der Erneuerbaren Energien der öffentlichen Nahverkehr massiv ausgebaut und der Ausstieg aus allen fossilen Energieträgern beschleunigt werden. Gegenfinanziert werden soll das Paket mit einer Übergewinnsteuer, dem Abbau der etwa 65 Milliarden Euro an klimaschädlichen Subventionen, Krediten, und einer Lockerung der Schuldenbremse.

Fratzscher wörtlich: „Die Bundesregierung sollte den Vorschlag vieler Wissenschaftlern und auch aus der Zivilgesellschaft, wie beispielsweise von Fridays for Future, für ein großes Investitionsprogramm für die ökologische Transformation aufgreifen und umsetzen.“ Wir realisieren jetzt, welche Fehler wir in den vergangenen 20 Jahren gemacht haben“, sagte er. „Jetzt müssen wir reagieren, damit wir uns beim Thema Energieversorgung nicht nochmal in eine solche Abhängigkeit begeben.“ Gute Klimapolitik sei auch gute Wirtschaftspolitik, erklärte Fratzscher. „Deutschland wird seine vielen guten Arbeitsplätze und hohe Wettbewerbsfähigkeit seiner Unternehmen nur dann schützen können, wenn wir die ökologische Transformation stark beschleunigen.“ Deutschland und Europa müssten angesichts von Krieg und Energiekrise den Ausstieg aus fossilen Energieträgern beschleunigen. „Dies erfordert hohe öffentliche und private Investitionen.“

Auch die Energieökonomin Claudia Kemfert (DIW) und Professor Volker Quaschning (Hochschule für Technik und Wirtschaft) in Berlin, bekräftigen die Forderungen der Bewegung.

Laut Neubauer hat es der DIW-Präsident „wunderbar auf den Punkt gebracht, warum wir das brauchen“: „Deutschland wird seine vielen guten Arbeitsplätze und die hohe Wettbewerbsfähigkeit seiner Unternehmen nur dann schützen können, wenn wir die ökologische Transformation stark beschleunigen. Wenn die Regierung 100 Milliarden für das Militär aufwendet, dann muss sie doch genauso viel Geld aufbringen können, wenn es darum geht, dass unser aller Zukunft lebenswert bleibt.“

Mit dem Geld musse laut Neubauer auf tagesschau.de eine „beispiellose Geschwindigkeitserhöhung im Ausbau der Erneuerbaren Energien“ erreicht werden. Auch der öffentliche Nahverkehr solle mit Hilfe des Sondervermögens beschleunigt ausgebaut werden. Das Geld sei da – dies habe etwa das vom Staat subventionierte 9-Euro-Ticket gezeigt. Ein Teil des Sondervermögens solle als Klimafinanzierung an Länder des globalen Südens gehen.

Die Wurzeln der Energiekrise und der Klimakrise seien dieselben: „Unsere Abhängigkeit von fossilen Energien. Und genau die muss beendet werden“, erklärte Neubauer. „Die Angst vor den Nebenkostenabrechnungen ist eine direkte Konsequenz einer Politik, die sich zu lange geweigert hat, echte Energieunabhängigkeit auf Basis Erneuerbarer Energien herzustellen“, sagte sie. „Wenn jetzt nicht massiv in die schnelle Transformation weg von Kohle, Öl und Gas investiert wird, dann haben wir keine Chance aus der Krisenspirale rauszukommen.“

Neubauer betonte, selbst angesichts horrender Gasrechnungen sei Klimaschutz kein Luxus. „Klimasicherheit und soziale Sicherheit dürfen nicht gegeneinander ausgespielt werden“. Das jüngste Entlastungspaket der Bundesregierung sei nicht zukunftsgerichtet, ergänzte Co-Sprecherin Annika Rittmann. Sie träfen mit konkreter und rascher Hilfen einen Punkt, griffen aber zu kurz. Jene, die es am meisten bräuchten, würden zu wenig entlastet, zudem bewirkten sie zu wenig für den ökologischen Umbau. Deshalb sei nun ein eigenes Sondervermögen nötig.

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