Militärische Aktivitäten weltweit für mehr Emissionen verantwortlich als Russland

IPPNW hält Militär für 5,5 % aller THG-Emissionen verantwortlich

Eine am 11.11.2022 veröffentlichte innovative neue Methode zur Schätzung der globalen und regionalen militärischen Treibhausgasemissionen (THG) deutet darauf hin, dass die Streitkräfte der Welt für 5,5 % der globalen Emissionen verantwortlich sind. Wäre das globale Militär ein Land, hätte es den viertgrößten CO2-Fußabdruck der Welt – größer als der von Russland. Aufgrund mangelnder Berichterstattung und erheblicher Datenlücken ist es naturgemäß schwierig, den Gesamtausstoß von Treibhausgasen (THG) durch die Streitkräfte der Welt zu schätzen. Dennoch deuten die verfügbaren Daten darauf hin, dass dieser Beitrag sehr groß sein könnte.

Schätzung der Treibhausgasemissionen des Militärs – Titel © SGR_CEOBS

Anlässlich des am 10.11.2022 erschienen Berichts von „Scientists for Global Responsibility“ (SGR) und „Conflict and Environment Observatory“ (CEOBS) fordert die ärztliche Friedensorganisation IPPNW die deutsche Bundesregierung auf, sich auf der Klimakonferenz für einen Sonderbericht und eine Bewertung der Klimaauswirkungen von Krieg und Militär einzusetzen. Dem Bericht von Scientists for Global Responsibility (SGR) und dem Conflict and Environment Observatory (CEOBS) zufolge bedeutet dies, dass die Streitkräfte der Welt, wenn sie zusammen ein Land wären, den viertgrößten nationalen Kohlenstoff-Fußabdruck der Welt hätten – größer als der von Russland. Dieser Bericht wird zusammen mit neuen Daten auf militaryemissions.org veröffentlicht, die zeigen, dass sich die Qualität der Berichterstattung der Regierungen über militärische Emissionen an die Vereinten Nationen von Jahr zu Jahr nicht verbessert hat.

Der Bericht „Estimating the military’s global greenhouse gas emissions“ (Schätzung der globalen Treibhausgasemissionen des Militärs) stützt sich auf die begrenzten öffentlich zugänglichen Daten über Emissionen von Militärfahrzeugen, Militärstützpunkten und industriellen Lieferketten. Das Fehlen einer soliden Berichterstattung und erhebliche Datenlücken bedeuten, dass es von Natur aus schwierig ist, die Treibhausgasemissionen der Streitkräfte der Welt zu schätzen, was zu einem blinden Fleck in den globalen Plänen zur Bewältigung der Klimakrise führt. Diese neue Schätzung – auch wenn noch erhebliche Unsicherheiten bestehen – zeigt jedoch, dass das Ausmaß dieser Emissionen so groß ist, dass alle Regierungen konzertierte Maßnahmen zu ihrer Verringerung ergreifen müssen – trotz der derzeitigen Hindernisse durch Kriege in der Ukraine und anderswo

In dieser gemeinsamen Studie mit Scientists for Global Responsibility beschreiben wir eine innovative neue Methode, um aktualisierte Schätzungen für globale und regionale militärische Treibhausgasemissionen zu erstellen. Wir kommen insbesondere zu dem Ergebnis, dass der gesamte militärische Kohlenstoff-Fußabdruck etwa 5,5 % der globalen Emissionen ausmacht. Dies unterstreicht die dringende Notwendigkeit, konzertierte Maßnahmen zu ergreifen, um sowohl die militärischen Emissionen zuverlässig zu messen als auch den damit verbundenen Kohlenstoff-Fußabdruck zu verringern – zumal diese Emissionen im Zuge des Krieges in der Ukraine höchstwahrscheinlich noch zunehmen werden.

IPPNW fordert verpflichtende und transparente Veröffentlichung

Die ärztliche Friedensorganisation IPPNW fordert die deutsche Bundesregierung auf, sich auf der Klimakonferenz für einen Sonderbericht und eine Bewertung der Klimaauswirkungen von Krieg und Militär einzusetzen. „Dass einer der wichtigsten Verursacher für die Klimakrise von den offiziellen Verhandlungen ausgespart wird und die Länder nicht dazu verpflichtet sind, die Emissionen ihres Militärs und der Rüstungsindustrie offen zu legen, ist inakzeptabel“, betont Dr. med. Angelika Claußen, Vorsitzende der Internationalen Ärzt*innen für die Verhütung des Atomkriegs. Viele Daten werden gar nicht erst erhoben oder nicht transparent veröffentlicht, heißt es in dem Report. Dadurch entsteht eine signifikante Leerstelle, die den Kampf gegen die Klimakrise enorm erschwert.

„Das interessante an dem Report von CEOBS und SGR ist, dass sich die Berechnungen nur auf „Friedenszeiten“ beziehen. Laufende Konflikte und Kriege bleiben wegen unzureichender Datenlage ausgespart. Das heißt, dass direkte Auswirkungen der Kriegsführung, wie Brände von Öl-Depots und Wäldern, Schäden an der (fossilen) Infrastruktur und den Ökosystemen, sowie Wiederaufbau und Gesundheitsfürsorge für Überlebende gar nicht einberechnet wurden. Dementsprechend ist davon auszugehen, dass die berechneten 5,5 Prozent sogar eine sehr konservative Schätzung sind“, verdeutlicht Claußen.*

Der CO2-Ausstoß des Militärs wurde auf Druck der USA in Klimaabkommen wie dem Kyoto-Protokoll 1997 und dem Pariser Klimaschutzabkommen 2015 ausgeklammert. Bisher ist er damit kein verpflichtender Bestandteil und wird weder konsistent erhoben noch transparent veröffentlicht. Das hätte sich auch in den vergangenen Jahren kaum geändert, heißt es in dem Bericht weiter.

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