EU-Gesetz gegen Entwaldung

Weltweit erste Verordnung gegen Waldeinschlag

Anfang 2023 müssen sowohl der Rat als auch das EU-Parlament noch offiziell über den gefundenen Kompromiss abstimmen: Aber dann wird der EU-Markt (relativ) frei von Produkten, die in Zusammenhang mit Entwaldung stehen. Laut Oroverde und Dutzender weiterer Naturschutz-NGO haben sich die Mühen gelohnt. Die Sitzung, in deren Rahmen sich EU-Kommission, EU-Parlament und EU-Ministerrat auf die wichtigsten Kernelemente der neuen Verordnung einigten, könne als Meilenstein betrachtet werden. Die drei Institutionen diskutierten am 06.12.2022 bis tief in die Nacht über Veränderungen am von der EU-Kommission im November 2021 vorgestellten Entwurf.

Waldnutzung – Foto © Gerhard Hofmann, Agentur Zukunft, für Solarify

Die vorläufige politische Einigung soll sicher stellen, dass eine Reihe von Waren, die in der EU in Verkehr gebracht werden, nicht länger zur Entwaldung und Waldschädigung in der EU und anderswo in der Welt beitragen. Da die EU einer der größten Wirtschaftsbereiche und Verbraucher dieser Rohstoffe ist, wird dieser Schritt dazu beitragen, einen erheblichen Teil der weltweiten Entwaldung und Waldschädigung zu beenden und somit die Treibhausgasemissionen und den Verlust an biologischer Vielfalt zu reduzieren.

Sobald die neuen Vorschriften in Kraft treten, müssen alle betroffenen Unternehmen ihre Sorgfaltspflicht erfüllen, wenn sie folgende Waren in der EU in Verkehr bringen oder aus der EU ausführen: Palmöl, Rindfleisch, Soja, Kaffee, Kakao, Holz und Kautschuk sowie daraus hergestellte Erzeugnisse (wie Rindfleisch, Möbel oder Schokolade). Diese Rohstoffe wurden auf der Grundlage einer gründlichen Folgenabschätzung ausgewählt, in der sie als Hauptursache für die Entwaldung aufgrund der Ausweitung der Landwirtschaft ermittelt wurden.

Zu dieser politischen Einigung ist man nur 12 Monate nach dem Vorschlag der Kommission von 2021 gekommen. Die endgültige Fassung baut auf den von der Kommission vorgeschlagenen Kernpunkten auf: Bekämpfung der Entwaldung, unabhängig davon, ob sie legal oder illegal ist; strenge Rückverfolgbarkeitsanforderungen zur Verbindung der Rohstoffe mit der landwirtschaftlichen Nutzfläche, auf der sie erzeugt wurden, und ein Länder-Benchmarkingsystem.

Auf dem Index: Soja, Palmöl, Kaffee, Kakao, Holz, Kautschuk und Rinderzeugnisse

Neben Soja, Palmöl, Kaffee, Kakao, Holz und Rinderzeugnissen wird das Gesetz also nun auch Kautschuk umfassen – ein Rohstoff, der in der Vergangenheit immer wieder in Zusammenhang mit Entwaldung für Negativschlagzeilen gesorgt hat. Kautschuk ist vor allem in der Autoindustrie für Reifen gefragt, und somit für die EU von besonderer Bedeutung.

Doch wurde nicht nur um Rohstoffe gestritten: Die Umsetzbarkeit des Gesetzes inklusive etwaiger Kontrollen war immer wieder Bestandteil von Lobbygesprächen und des EU-internen Trilogs. Nun ist klar: Es wird eine jährliche Mindestrate von Kontrollen bei importierenden Unternehmen geben, die höher wird, wenn die Ware aus sogenannten Hochrisikoländern kommt – also solchen, in denen die Entwaldung für die Produktion von Gütern besonders hoch ist. Schlupflöchern wird vorgebeugt, in dem die Lieferkette der relevanten Rohstoffe tatsächlich bis zum Produktionsort per GPS-Daten rückverfolgbar sein muss.

Neue Sorgfaltspflichten für Unternehmen

Mit der neuen Verordnung werden strenge verbindliche Sorgfaltspflichtvorschriften für Unternehmen festgelegt, die relevante Produkte in der EU in Verkehr bringen oder aus der EU ausführen wollen. Marktteilnehmer und Händler müssen nachweisen, dass die Erzeugnisse sowohl entwaldungsfrei (d. h. auf Flächen erzeugt, die nicht nach dem 31.12.2020 entwaldet wurden), als auch legal (im Einklang mit allen im Erzeugerland geltenden einschlägigen Rechtsvorschriften) sind.

Die Unternehmen werden auch verpflichtet sein, genaue geografische Informationen über die landwirtschaftlichen Nutzflächen zu erheben, auf denen die von ihnen bezogenen Erzeugnisse erzeugt wurden, damit diese auf Einhaltung der Vorschriften überprüft werden können. Die Mitgliedstaaten müssen sicherstellen, dass die Nichteinhaltung der Vorschriften zu wirksamen und abschreckenden Sanktionen führt.

Die Liste der erfassten Rohstoffe wird regelmäßig überprüft und aktualisiert, wobei neue Daten wie sich verändernde Entwaldungsmuster berücksichtigt werden. Die Kommission wird zudem ein Benchmarking-System einführen, bei dem die Länder oder Teile davon und ihr Risiko für Entwaldung und Waldschädigung –hoch, normal oder gering – unter Berücksichtigung der Ausweitung der Landwirtschaft bei der Erzeugung der sieben Rohstoffe und ihrer Folgeprodukte bewertet werden. Verpflichtungen für Unternehmen hängen von der Höhe des Risikos ab. Dies wird auch dazu beitragen, die Zusammenarbeit der EU mit den Partnerländern bei der Eindämmung der Entwaldung zu lenken und gleichzeitig der Lage der lokalen Gemeinschaften und der indigenen Völker besonders Rechnung zu tragen.

Auf internationaler Ebene wird die EU ihr Engagement verstärken, sowohl bilateral mit Erzeuger- und Verbraucherländern als auch in einschlägigen multilateralen Foren, um sicherzustellen, dass die neuen Rechtsvorschriften wirksam umgesetzt werden, und Erzeugerländer falls nötig zu unterstützen. Die neuen Vorschriften werden nicht nur die Treibhausgasemissionen und den Verlust an biologischer Vielfalt verringern, sondern auch dazu beitragen, die Lebensgrundlagen von Millionen von Menschen, einschließlich indigener Völker und lokaler Gemeinschaften auf der ganzen Welt, die stark von Waldökosystemen abhängig sind, zu sichern.

Auch wird das Gesetz nicht nur die legale und illegale Rodung von Wäldern ahnden: Auch die Degradierung ist zukünftig nicht mehr zulässig. Ein Aspekt der besonders für den Rohstoff Holz und der damit verbundenen Produktpalette relevant ist. Ob die Degradierungsdefinition jedoch robust genug ist, wird aus den bisherigen Informationen nicht klar.

Mit den neuen Vorschriften wird sichergestellt, dass Produkte, die auf den EU-Markt gelangen, frei von Abholzung sind. Eine breite Palette von Produkten wie Kaffee, Soja, Palmöl, Holzerzeugnisse wie Drucksachen und Kautschuk ist davon betroffen. Dank dieses Gesetzes soll sichergestellt werden, dass diese Produkte bis zu ihrem Herstellungsort zurückverfolgt werden können. EU-Entscheidungsträger*innen haben sich darauf geeinigt, dass jährliche Kontrollen von Unternehmen und Produkten die Einhaltung der Vorschriften überprüfen sollen. Strafgelder werden mindestens 4 % des Umsatzes eines Unternehmens in der EU ausmachen.

Was noch fehlt

Leider wurden andere wichtige Bestandteile, die von der #Together4forests-Kampagne gefordert wurden, außen vor gelassen. So wurden bewaldete Gebiete wie Savannen, von denen es viele gibt (z. B. den brasilianischen Cerrado), von der Vereinbarung ausgeschlossen – obwohl sie unter dem Druck der Landwirtschaftsbetriebe stehen, die sie in Großfarmen umwandeln. Diese Kohlenstoffspeicher, Rückzugsgebiete für Tiere und Lebensgrundlage für indigene Völker und lokale Gemeinschaften brauchen weiterhin unseren Schutz. Die EU-Kommission wird eine Folgeabschätzung zur Realisierbarkeit der Einbeziehung anderer natürlicher Ökosysteme durchführen. Diese Möglichkeit wird ein Jahr nach Inkrafttreten des Gesetzes überprüft.

Außerdem fehlt ein klarer Schutz der Menschenrechte indigener Völker und lokaler Gemeinschaften. Der derzeitige Text begnügt sich mit den national geltenden Gesetzen. Das bedeutet, dass bestimmte Rechte indigener Völker oder lokaler Gemeinschaften, die nicht in diesen Gesetzen verankert sind, auch nicht durch das EU-Recht geschützt werden.

->Quellen: