Mehr Investitionen in Nachhaltigkeit trotz ökonomischer Unsicherheit

CxO Sustainability Survey 2023: Wirtschaftswachstum mit Klimazielen vereinbar

Für Vorstände deutscher Unternehmen gehört der Klimawandel 2023 zu den drei Top-Prioritäten. Als drängender werden lediglich die künftige Konjunkturentwicklung und Innovationen angesehen, gleichauf liegen Lieferkettenprobleme. Dahinter folgen Fachkräftemangel und geopolitische Konflikte. International liegt der Klimawandel auf Platz zwei der größten Herausforderungen. Dies ist eines der Ergebnisse des CxO Sustainability Survey 2023 von Deloitte, der beim jährlichen Treffen des Weltwirtschaftsforums in Davos vorgestellt wurde. Weltweit wurden im Herbst 2022 über 2.000 C-Level-Führungskräfte befragt, darunter 105 aus Deutschland.

Deutsche Wirtschaft investiert zunehmend in Nachhaligkeit – Foto © Gerhard Hofmann für Solarify

Obwohl Top-Manager in Deutschland dem Klimawandel eine etwas geringere Bedeutung beimessten als der weltweite Durchschnitt der Befragten, habe das Thema für sie große Relevanz. Dies zeige sich bei den Investitionen des vergangenen Jahres: 76 Prozent der untersuchten deutschen Unternehmen – und damit ein ähnlich hoher Anteil wie global – hätten ihre Investitionen in Nachhaltigkeit gesteigert, ein Fünftel von ihnen sogar um 20 Prozent oder mehr. Keiner der Vorstände hierzulande habe angegeben, die Finanzmittel reduziert zu haben.

„In einer Zeit sich überlagernder Krisen und stetiger Unsicherheit haben Vorstände die Dringlichkeit der aktuellen Klimakrise erkannt und sie zu einem ihrer wichtigsten Handlungsfelder gemacht“, sagt Prof. Dr. Bernhard Lorentz, globaler Consulting Lead für Sustainability & Climate Strategy bei Deloitte. „Diese unbedingt erforderlichen Investitionen stellen die Weichen, um die grüne Transformation von Wirtschaft und Gesellschaft entschlossen anzugehen. Neben diesen ermutigenden Zahlen zeigt auch die Agenda des WEF diese Woche in Davos erneut, wie hoch das Thema auf der Prioritätenskala der Unternehmensvorstände weltweit ist.“

Klimawandel abmildern: Vorstände zeigen sich optimistisch

Rund 60 Prozent aller befragten Top-Manager hätten angegeben, der Klimawandel werde in den nächsten drei Jahren voraussichtlich einen großen bzw. sehr großen Einfluss auf die Strategie und das operative Geschäft ihrer Unternehmen haben. Verglichen mit dem Vorjahr sei dieser Wert bei den deutschen Studienteilnehmenden damit um zehn Prozentpunkte gestiegen. Sie spürten die Auswirkungen, seien es erhöhte Ressourcenknappheit oder -kosten, stärker als der internationale Durchschnitt, heißt es in der Pressemitteilung von Deloitte vom 17.01.2023 weiter.

Über 80 Prozent der deutschen Vorstände hätten erklärt, bereits persönlich vom Klimawandel betroffen gewesen zu sein. Dennoch zeige sich nur knapp die Hälfte von ihnen besorgt – und damit deutlich weniger als der weltweite Schnitt (62 %). Gleichzeitig seien 60 Prozent der Vorstände hierzulande optimistisch, dass die Weltgemeinschaft ausreichende Maßnahmen ergreifen werde, um die schlimmsten Folgen des Klimawandels zu verhindern. Global liege der Wert mit 78 Prozent merklich höher. Die Mehrheit der Befragten (72 % in Deutschland, 84 % international) sei der Meinung, dass nachhaltiges Wirtschaftswachstum möglich sei.

„Gerade deutsche Unternehmen merken verstärkt, wie tiefgreifend der Klimawandel das Geschäftsumfeld verändert. Ihr Optimismus, diesen Trend einzudämmen, fällt im globalen Vergleich zwar geringer aus. Doch es gibt Anlass zu Zuversicht: Wirtschaftswachstum lässt sich nach Meinung der Top-Manager im Einklang mit den Klimazielen realisieren. Allerdings braucht es deutlich mehr Tempo bei der Umsetzung von Klimaschutzmaßnahmen sowie bei der Anpassung an den Klimawandel. Wirtschaft und Politik sind gefordert, gemeinsam Innovationen zu fördern und einen gerechten Übergang für alle Beteiligten zu ermöglichen“, so Lorentz.

Veränderungswille ist da, Umsetzung weiterhin ausbaufähig

Klimabezogenen Handlungsdruck spürten deutsche Vorstände insbesondere von Aufsichtsrat und Management, Konsumenten, Kunden und Investoren – wenn auch weniger stark als im globalen Schnitt. Bei rund der Hälfte der untersuchten Unternehmen habe das sich verändernde regulatorische Umfeld dazu beigetragen, die Nachhaltigkeitsmaßnahmen im vergangenen Jahr zu erweitern, erklärt Lorentz weiter.

Zu den Top-Maßnahmen hierzulande zählten – noch vor dem weltweiten Durchschnitt – der Einsatz nachhaltiger Materialien, die Reduktion von Flugreisen, die Erhöhung der Energieeffizienz (z. B. von Gebäuden) und der Bezug erneuerbarer Energien. Maßnahmen, die zeigten, dass Klimaschutz tatsächlich in Strategie, Kultur sowie im Operativen verankert sei, kämen nach wie vor zu kurz. Dazu gehöre unter anderem die Koppelung der Führungskräftevergütung an die Nachhaltigkeitsperformance, kritisiert der Autor der Studie.

Überaus kritisch seien die Vorstände in Deutschland bei der Frage, wie konsequent der private Sektor und die Regierung den Klimawandel adressierten: Die Bemühungen der Wirtschaft würden von 19 Prozent der Befragten in Deutschland und 29 Prozent weltweit als „sehr ernst“ eingeschätzt, die der Politik von 11 bzw. 28 Prozent. „Der Transformationswille ist da. Jetzt kommt es darauf an, die Lücke zwischen Anspruch, Umsetzung und Wirkung zügig zu schließen. Effektive Hebel sind unter anderem transparente Kommunikation sowie das Reporting von Klimazielen und Maßnahmen. Entscheidend sind aber ambitioniertere Dekarbonisierungsstrategien sowie ihre regelmäßige Messung und Umsetzung“, betont Lorentz.

Größtes Hindernis: Nachhaltigkeit noch unzureichend quantifizierbar

Deutsche Unternehmen, die Nachhaltigkeit vorantreiben, berichteten über positive Effekte für Markenbekanntheit und Reputation, Kundenzufriedenheit, Arbeitsmoral und Wohlbefinden der Mitarbeitenden sowie die Bewältigung des Klimawandels. Als deutlich weniger relevant stuften sie hingegen den Einfluss auf finanzielle KPIs wie Umsatz und Marge ein.

„Viele Vorstände sehen Klimaschutz vor allem als Möglichkeit, die Beziehungen zu ihren Stakeholdern zu stärken. Enormer Aufholbedarf besteht bei der Messbarkeit des Umwelt-Impacts. Nachhaltigkeit muss künftig noch eindeutiger quantifizierbar werden. Nur so lässt sich der langfristige finanzielle Nutzen von Nachhaltigkeitsmaßnahmen bewerten und mit den kurzfristigen Kosten in Einklang bringen“, unterstreicht Prof. Dr. Bernhard Lorentz abschließend.

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