Wege zu einer nachhaltigen und resilienten Rohstoffversorgung

Eckpunktepapier des BMWK

Die Sicherstellung einer nachhaltigen Rohstoffversorgung ist eine der zentralen Grundlagen für die deutsche Wirtschaft und die Erreichung der Klimaziele. Dabei ist die Ausgangslage definiert durch folgende Faktoren: Der Ausstieg aus den fossilen Technologien und die Transformation hin zu treibhausgasneutralen Technologien führt zu einem erheblichen Mehrbedarf an entsprechenden mineralischen Rohstoffen und insbesondere an Metallen wie z.B. Lithium, Nickel, Kupfer, Magnesium, Titan, Gallium, Germanium, Seltenen Erden und Iridium. Solarify dokumentiert das Eckpunktepapier aus dem Bundeswirtschaftsministerium.

Rohstoff Kupfer – Foto © Gerhard Hofmann, Agentur Zukunft für Solarify

Verschiedene Analysen und Studien gehen bei einzelnen dieser Metalle von mehrfachen Bedarfen der derzeitigen Weltproduktion für diese Zukunftstechnologien aus. Auch wenn sich neue Verfahren mit reduzierten oder anderen Rohstoffbedarfen entwickeln werden, gilt: Je schneller die Transformation hin zu fossilfreien Technologien vollzogen wird und je mehr Länder dies ebenfalls tun, desto schneller wächst dieser Mehrbedarf an. Die Internationale Energieagentur (IEA) schätzt beispielsweise, dass die Nachfrage nach kritischen Rohstoffen, die zur Erreichung der Ziele des Pariser Abkommens benötigt werden, zwischen dem Jahr 2020 und dem Jahr 2040 im Bereich der Seltenen Erden um das Siebenfache und für Lithium sogar um das 42-fache steigen könnte (IEA 2021). Ähnliche Prognosen trifft auch die Deutsche Rohstoffagentur (DERA) für den Anstieg der weltweiten Rohstoffgewinnung. Danach werden für Lithium, je nach Szenario, im Vergleich zur heutigen weltweiten Gewinnung bis zu sechsmal höhere Mengen benötigt (DERA 2021).

Alle Analysen zeigen zudem, dass die ungenügende Versorgung mit diesen Rohstoffen ein erhebliches Risiko für die Erreichung der globalen Klimaschutzziele darstellt. Bei der Gewinnung und vor allem der Verarbeitung von Metallen sind Deutschland und die EU bereits jetzt sehr stark von einzelnen Ländern abhängig. Die Förderung kritischer Rohstoffe ist zudem stark geografisch konzentriert. Mehr als 80 % der Seltenen Erden werden z.B. in China gefördert und Südafrika und Russland besitzen mit rund 80 % Marktanteil eine beherrschende Stellung bei der Bergwerksförderung von Platin und Palladium. Beide Edelmetalle werden vor allem in Katalysatoren eingesetzt. Auch die Weiterverarbeitung findet häufig außerhalb Europas statt und ist ebenfalls auf einige wenige Länder konzentriert. Insbesondere China hat sich in den vergangenen Jahrzehnten als wichtigster Produzent auf dem Weltmarkt etabliert (DERA Rohstoffinformationen 49).

Bei dem weiter steigenden Bedarf an mineralischen Rohstoffen werden sich diese Abhängigkeiten ggf. noch verstärken. Die Folgen der Pandemie sowie auch die Auswirkungen des Krieges gegen die Ukraine haben die negativen Auswirkungen hoher Abhängigkeiten von wichtigen (Vor-)Produkten auf die Volkswirtschaft deutlich gemacht. Rohstoffabbau und Weiterverarbeitung sind mit Eingriffen in die Umwelt verbunden und zudem meist auch energieintensiv. Der Anteil des Bergbausektors an der globalen Treibhausgasemission, einschließlich der Verarbeitung, betrug 2020 rund 10 %1. Die aufwendigen Explorations-, Gewinnungs -und Aufbereitungsprozesse kritischer Rohstoffe, die eine kurzfristige Ausweitung des Angebots erschweren, tragen zur hohen Konzentration des Rohstoffmarkts bei. In vielen Fällen erfordert ihre Gewinnung lange Vorlaufzeiten und einen hohen Kapitalaufwand. Analysen der IEA legen nahe, dass zwischen der Aufsuchung kritischer Rohstoffe bis zur ersten Produktion durchschnittlich 16 Jahre vergehen (IEA, 2021). Für die Entwicklung und Inbetriebnahme der Rohstoffprojekte sind deshalb lange Zeitperspektiven nötig. Auch wenn viele mineralische Rohstoffe geologisch in hinreichender Menge vorhanden sind, folgt daraus nicht, dass entsprechende Rohstoffprodukte rechtzeitig in benötigten Mengen zur Verfügung stehen. Die möglicherweise entstehende Diskrepanz zwischen Angebot und Nachfrage führt bestenfalls zu steigenden Preisen für Zwischen- und Endprodukte, es kann aber auch zu kompletten Lieferausfällen kommen. Die Verantwortung für die Sicherung der Rohstoffversorgung liegt grundsätzlich bei den Unternehmen. Deshalb beschränkte sich die Bundesregierung bisher auf die Flankierung der unternehmerischen Bemühungen.

Während in Zeiten der freien Märkte und eines Ausgleichs von Angebot und Nachfrage Unternehmen am besten ihre konkreten Bedarfe an Rohstoffen sichern können, ist dies in Zeiten hoch konzentrierter bzw. z.T. sogar nicht existenter Märkte und zugleich angespannter geopolitischer Lagen insbesondere bei den für die Transformation besonders strategischen Rohstoffen (vor allem Metallen) nicht unbedingt der Fall. Das BMWK wird deshalb die 2020 beschlossene Rohstoffstrategie der Bundesregierung mit weiteren Maßnahmen ergänzen, um damit in Zukunft die Unternehmen bei der Sicherung einer nachhaltigen und langfristigen Rohstoffversorgung stärker unterstützen zu können. Damit soll sichergestellt werden, dass die volkswirtschaftlichen und strategischen Interessen der Bundesrepublik im Bereich der Rohstoffe mittel- und langfristig gewahrt bleiben. In diesem Sinne werden wir uns aktiv in die anstehenden Verhandlungen zu einem Raw Materials Act auf EU-Ebene einbringen. Die Schwerpunkte der neuen Ausrichtung der Rohstoffpolitik sind folgende:

I. Kreislaufwirtschaft, Ressourceneffizienz und Recycling

  • Enge Verzahnung von Kreislaufwirtschafts- und Rohstoffstrategie: Aufbau von Leitmärkten u.a. durch Quoten für Recyclingrohstoffe und Rezyklate.
  • Analyse einzelner Stoffströme und Identifikation wirksamer Maßnahmen zum zielgerichteten Abbau bestehender Hemmnisse für den Einsatz von Recyclingrohstoffen. Dabei Blick auf rechtliche Hürden, Normen, Standards, Genehmigungs- oder Planungsverfahren zur Umsetzung von weitgehend geschlossenen Rohstoffkreisläufen.
  • Ökonomische Anreizsysteme, regulatorische Mindestanforderungen und Finanzierungsinstrumente, um Innovationen in Ressourceneffizienz und Recycling anzureizen und einen Wettbewerb um die besten Lösungen auf den Weg zu bringen und entsprechende Markthochläufe zu beschleunigen.
  • Verstetigung und Ausbau von Forschung und Entwicklung mit den Zielen, neue Verfahren und Technologien zeitnah marktfähig zu machen und gewonnene Erkenntnisse in die Lehre einfließen zu lassen.

II. Diversifizierung der Rohstofflieferketten

  • Monitoring kritischer Rohstofflieferketten.
  • Erhalt und Ausbau der heimischen und EU-Rohstoffgewinnung: Heimischer Bergbau hilft uns z.B. bei Baurohstoffen sowie bei einzelnen Industriemineralen (z.B. Kali- und Magnesiumsalzen, Quarz, Flussspat etc.) unabhängig von Einfuhren zu bleiben bzw. die Importabhängigkeit zu mindern. Diese gilt es zu erhalten und die Rohstoffgewinnung bei kritischen Rohstoffen (insb. bei Metallen) zusätzlich zu befördern. Der kommende EU-Legislativvorschlag zu kritischen Rohstoffen wird dabei eine wichtige Rolle spielen, genauso die Modernisierung des Bergrechts in Deutschland.
  • Rohstofflagerhaltung: Unterstützung der Lagerung bei den Unternehmen; eine strategische staatliche Bevorratung kritischer Rohstoffe ist im öffentlichen Interesse.
  • Unterstützung u.a. durch einen Rohstoff-Fonds zur Erhöhung der Produktionskapazitäten im In- und Ausland: Identifizierung und Unterstützung strategischer Rohstoffprojekte in Deutschland, der EU und weltweit in den Bereichen Gewinnung, Weiterverarbeitung und Recycling. Etablierung von weiteren beihilferechtlichen Möglichkeiten durch die EU-Kommission für die staatliche Förderung von Projekten, die von strategischer Bedeutung für die EU sind.
  • Strategische Ausrichtung der internationalen Zusammenarbeit im Rohstoffbereich: Strategischer Auf- und Ausbau von internationalen bilateralen und regionalen Partnerschaften (mit konkreten Projekten und Initiativen der Unternehmen untersetzt), wo möglich flankiert durch trilaterale Kooperationen mit ausgewählten Partnern (z.B. Japan, USA etc.).

III. Sicherstellung eines fairen und nachhaltigen Marktrahmens

  • Unterstützung der Entwicklung kohärenter ESG-Standards (Environment, Social, Governance) für den Import von Rohstoffen und deren weiterverarbeitete Produkte im Rahmen des EU Raw Materials Acts zur Sicherstellung fairer Wettbewerbsbedingungen. ? Internationale Zusammenarbeit für einheitliche ESG-Standards: Gemeinsame Anstrengungen mit der EU-Kommission, Frankreich und anderen EU-Mitgliedstaaten, USA, Kanada, Australien sowie weiteren Partnern für internationale ESG-Standards im Bereich Rohstoffgewinnung, Rohstoffweiterverarbeitung und Recycling.
  • Unterstützung zur Bewertung von ESG-Risiken und Entwicklung von ESG-Beiträgen: Ausbau der Beratung und Unterstützung von KMU im Hinblick auf eine nachhaltige und resiliente Rohstoffversorgung (BGR/DERA, GTAI, AHKs, GIZ)i.

B. Im Einzelnen

I. Kreislaufwirtschaft, Ressourceneffizienz und Recycling

Die hohen Rohstoffbedarfe für Klimatechnologien und Digitalisierung erfordern eine konsequente Kreislaufwirtschaft mit dem jeweils effizientesten Einsatz der Rohstoffe und der Minimierung von Verlusten im gesamten Kreislauf. Neben der Rohstoffsicherung durch heimischen Bergbau und Importe und das Heben der Potenziale des Urban Minings stellt ein intelligenter und sparsamer Einsatz von Rohstoffen durch Produktdesign, kaskadierte Nutzung, Ressourceneffizienz, Recycling und Substitution eine wichtige Säule der deutschen Rohstoffstrategie dar. Der Einsatz von Recyclingrohstoffen leistet einen zentralen Beitrag zur Entkopplung von Wirtschaftswachstum und Ressourcenverbrauch, zur Erreichung der Klimaneutralität und wirkt dem Verlust biologischer Vielfalt entgegen; gleichzeitig hat eine zirkuläre Wirtschaft positive Auswirkungen auf Arbeitsplätze und Wertschöpfung.

In einigen Bereichen werden in Deutschland bereits hohe Recyclingquoten von über 90 % erreicht. Dies gilt insbesondere für Glas und Papier sowie für die Massenströme metallischer Abfälle aus Eisen, Kupfer oder Aluminium2 und teilweise auch für mineralische Bauabfälle (zur Nutzung im Straßen- und Deponiebau oder zur Verfüllung)3. Für diese genannten Stoffströme gilt es vor allem, hochwertige Verwertungswege zu nutzen und die Qualität des Recyclings noch weiter zu steigern (z.B. Nutzung von Recycling-Beton im Hochbau, bessere Trennung von Metalllegierungen etc.). Der gesamte prozentuale Materialanteil, der durch Recycling im Kreislauf gehalten wird, liegt in Deutschland allerdings aktuell nur bei ca. 13 % (Platz sechs in der EU)4 . Deshalb unterstützt die Bundesregierung das von der EU-Kommission im Aktionsplan Kreislaufwirtschaft vorgeschlagene Ziel, den Einsatz von Recyclingmaterial bis 2030 zu verdoppeln. Zu Erhöhung der Rohstoffeffizienz- und Produktivität können neben dem vermehrten Einsatz von Sekundärrohstoffen ergänzend besonders Leichtbautechnologien beitragen. Entscheidende Voraussetzung für eine funktionierende Kreislaufwirtschaft ist, dass die Kreislaufwirtschaft direkt beim Design von Produkten beginnt. Produkte müssen ressourcenschonend, langlebig, reparaturfähig und kreislauffähig gestaltet sein. Je nach Stoffstrom bedarf es aber unterschiedlicher Maßnahmen zur Förderung der Kreislaufwirtschaft. Zu diesem Ziel hat die EUKommission Ende März 2022 den Entwurf der „Ecodesign for Sustainable Products Regulation“ (ESPR), Ökodesign-Verordnung, vorgestellt. Die ESPR soll die geltende Ökodesign-Richtlinie (vermutlich ab 2024) ablösen. In ihren Anwendungsbereich fallen dann alle physischen Produkte mit Ausnahme von Lebens- und Futtermitteln, Human- und Tierarzneimitteln, lebenden Pflanzen und Tieren. Der Verordnungsentwurf selbst enthält keine Ökodesign-Anforderungen, sondern legt den allgemeinen Rahmen für die Annahme von zukünftigen Ökodesign-Anforderungen fest, indem er bestimmt, welche Produktaspekte z.B. Haltbarkeit, Reparierbarkeit, Ressourcennutzung oder Ressourceneffizienz mit diesen Anforderungen verbessert werden können.

Mit den nachfolgenden Punkten soll die Kreislaufwirtschaft im Rahmen der Rohstoffstrategie gestärkt werden:

  1. Verzahnung von Kreislaufwirtschafts- und Rohstoffstrategie
    Der Koalitionsvertrag gibt den Rahmen für die Weiterentwicklung der Kreislaufwirtschaft vor: „In einer „Nationalen Kreislaufwirtschaftsstrategie“ sollen bestehende rohstoffpolitische Strategien gebündelt werden.“ Wichtige konkrete Maßnahmen zur Stärkung der Kreislaufwirtschaft und zur Schaffung von Leitmärkten sind die Einführung von digitalen Produktpässen, die Beschleunigung der Entwicklung von Qualitätsstandards für Rezyklate, die Entlassung qualitätsgesicherter Abfallprodukte aus dem Abfallrecht, die Festschreibung höherer Recyclingquoten und eine produktspezifische Mindestquote für den Einsatz von Rezyklaten und Sekundärrohstoffen auf europäischer Ebene. Für den Ausbau und die Stärkung der Kreislaufwirtschaft gilt es, bei der laufenden Erarbeitung der Nationalen Kreislaufwirtschaftsstrategie als Rahmenstrategie unter der Federführung des Bundesministerium für Umwelt, Naturschutz, nukleare Sicherheit und Verbraucherschutz (BMUV) diese eng mit der Rohstoffstrategie zu verknüpfen und Synergien zu heben. Weitere Synergiepotentiale ergeben sich aus der Arbeit an Definitionen und Bemessungsstandards für emissionsarme oder „grüne“ Grundstoffe wie Stahl und Zement, die den Einsatz von Sekundärrohstoffen ebenfalls berücksichtigen. Diese werden im Konzept „grüne Leitmärkte“ des BMWK (geplant für 2023) näher dargestellt. Außerdem enthält der Ökodesign-Verordnungsentwurf Regelungen zum auch im Koalitionsvertrag vorgesehenen Digitalen Produktpass zur nachhaltigen öffentlichen Beschaffung, zu einem möglichen Vernichtungsverbot für unverkaufte Konsumgüter und für ein neben dem bestehenden EU-Energielabel zukünftiges Ökodesign-Label.
  2. Wirksame Maßnahmen zum Abbau bestehender Hemmnisse Zur Stärkung der Kreislaufwirtschaft müssen bestehende rechtliche Hürden und Hemmnisse, die den Ausbau der Kreislaufwirtschaft behindern, identifiziert und konsequent abgebaut werden. Maßnahmen zum Bürokratieabbau und zur Fachkräftesicherung sowie neue Möglichkeiten bei Reallaboren gilt es gezielt auch für die Kreislaufwirtschaft zu nutzen. Darüber hinaus gilt es, zielgerichtete „Enabler“ zu entwickeln und Maßnahmen zu priorisieren, die dazu beitragen, dass besonders relevante Stoffkreisläufe besser geschlossen und die Qualitäten von Sekundärrohstoffen erhöht werden können. Das gilt insbesondere für Metalle und Industrieminerale. Erste Ergebnisse des auf zwei Jahre angelegten breiten Dialogprozesses der vom BMWK beauftragten „Dialogplattformen Recycling“ bei der DERA zeigen notwendige Handlungsfelder für wichtige industrielle Rohstoffe, welche in die Nationale Kreislaufwirtschaftsstrategie eingebracht werden sollen:
  • Kreislauf– und recyclingfähigeres Produktdesign, so wie es in den Vorschlägen der EUKommission für eine Ökodesignverordnung angelegt ist (s.o.);
  • Praktikable und rechtssichere Abgrenzung von Beginn und Ende der Abfalleigenschaft. Harmonisierung bestehender Rechtsvorschriften im Hinblick auf die Belange einer Kreislaufwirtschaft, national und europäisch;
  • Vereinheitlichung von Begriffen und Definitionen (Produkt, Abfall, Rohstoff, Sekundärrohstoff, Rezyklat, etc.) sowie Erhöhung der Akzeptanz für Sekundärrohstoffe;
  • Überarbeitung und Fortschreibung bestehender Regelwerke und Normen im Hinblick auf den Einsatz von Sekundärrohstoffen (wie z.B. im Betonbau);
  • Aufbau einer Recyclinginfrastruktur mit verbindlichen europäischen Recyclingstandards (z.B. nach dem Vorbild CENELEC EN50625 für Elektro- und Elektronikaltgeräte);
  • Sicherung der Nachfrage für Recyclingrohstoffe, u.a. durch eine Ausrichtung der öffentlichen Beschaffung zur Förderung der Kreislaufwirtschaft;
  • Optimierung der Möglichkeiten zur Ausschleusung von Schadstoffen sowie eine Überprüfung der bestehenden Schadstoffobergrenzen im Hinblick für eine verbesserte Kreislaufführung und die Etablierung eines Sekundärrohstoffkreislaufs;
  • Bessere Nutzung der Möglichkeiten der Digitalisierung, zur Verfügbarkeit von Daten, zur Optimierung von Stoffströmen oder zur Verringerung und Vermeidung von Transporten durch eine bessere Vernetzung der Beteiligten in der Wertschöpfungskette;
  • Verbesserung der Getrennthaltung von Abfällen, der Sortierqualität und Sortenreinheit von Stoffströmen und Stärkung des Vollzuges bestehender Rechtsvorschriften;
  • Standortsicherung für bestehende Anlagen und weiterer Ausbau von Recyclingkapazitäten in Deutschland und Europa (Schaffung eines Level Playing Fields) vor allem im Hinblick auf den Gehalt an strategischen und kritischen Rohstoffen wie z.B. Lithium und Kobalt und
  • Systematische Überprüfung von Abfällen, die für den Export bestimmt sind (etwa im Bereich Altauto oder Elektro- und Elektronikaltgeräten), im Hinblick auf den Gehalt an kritischen Rohstoffen, verbunden mit dem Ziel, ein wirtschaftlich attraktives Umfeld zu schaffen, um solche Stoffströme stärker in Recycling-Anlagen in Deutschland oder Europa umzulenken.

3. Ökonomische Anreizsysteme und begleitende Finanzierungsinstrumente

Im Bereich der Seltenen Erden oder anderer Spezialmetalle kommen Kreislaufwirtschaftsansätze oder Recyclingverfahren bislang kaum über den Stand von Forschung und Entwicklung hinaus, da neben technischen Herausforderungen Aufwand und Kosten gerade zu Beginn sehr hoch sind. In diesen Fällen können verfügbare Recyclingrohstoffe gegenüber der Gewinnung von Primärressourcen je nach Qualität und Material zum Teil sogar deutlich teurer sein. Ökonomische Anreize sind in diesen Fällen wichtige Treiber, um Innovationen anzureizen und diese Recyclingrohstoffe zukünftig wettbewerbsfähig zu machen. Entsprechende Finanzierungsinstrumente können ergänzend zu den zuvor beschriebenen Maßnahmen helfen, die Nachfrage nach Recyclingrohstoffen langfristig und planbar abzusichern, und zudem dafür sorgen, dass neue Technologien auf den Markt kommen. Hierbei gilt es, nach Stoffströmen und dem jeweiligen Stand der Entwicklung zu unterscheiden und vor allem bereits bestehende Instrumente – wie sie etwa in Form der Produktverantwortungssysteme bereits bestehen – zu berücksichtigen. Folgende Schritte sind vorgesehen:

  • Überprüfung der Lenkungswirkung bestehender Produktverantwortungssysteme und Erarbeitung von weitergehenden Vorschlägen für ergänzende ökonomische Maßnahmen z.B. Förderprogramme oder auch Ansätze wie Umlagesysteme oder Angebote in Form von Differenzverträgen (Contracts for Difference).

4. Forschung und Entwicklung

Neben den bereits genannten Maßnahmen ist auch die Verstetigung und der Ausbau der Forschungsanstrengungen im Bereich Recycling und Kreislaufwirtschaft notwendig:

  • Mit einem neuen Forschungsprogramm „Rohstoffe für die Transformation“ sollen innovative Projekte zur Rohstoffgewinnung, Rohstoffverarbeitung, zu Recyclingtechnologien sowie im Bereich der Substitution kritischer und strategischer Rohstoffe gefördert werden. Vielversprechende Ergebnisse der Forschung sollen zeitnah in die praktische Erprobung und Anwendung kommen.
  • Bestehende Forschungsprogramme sollen genutzt werden, um Forschungslücken schnell zu schließen, damit mittel- bis langfristig die Forschungsergebnisse marktfähig werden.
  • Über die an den Projekten beteiligten Universitäten und Forschungseinrichtungen sollen die Erkenntnisse zu Recyclingtechnologien und zur Kreislaufwirtschaft direkt in die Lehre einfließen.

II. Diversifizierung der Rohstofflieferketten

Die Bundesregierung sieht die Notwendigkeit, die Diversifizierung in den Lieferketten kritischer und strategischer Rohstoffe im Zusammenwirken mit den Unternehmen mittel- und langfristig zu erhöhen. BMWK wird die Unternehmen bei ihren entsprechenden Bemühungen unterstützen. Anhand der vorhandenen Analysen der DERA zur Angebotskonzentration der Bergwerksförderung und der Raffinadeproduktion wird BMWK gemeinsam mit den Unternehmen die kritischen/relevanten Lieferketten sowie die konkreten Engpasssituationen in diesen identifizieren. Wir werden zudem prüfen, wie für bestimmte größere Unternehmen mit sehr hohen Angebotskonzentrationen bei der Rohstoffversorgung in ihren Lieferketten auch langfristig die Rahmenbedingungen und Anreize für eine Risikominimierung durch Diversifizierung verbessert werden können. Folgende Schwerpunkte dienen als Leitplanken der Diversifizierung:

  1. Erhalt und Ausbau der heimischen und EU-Rohstoffgewinnung
    a) Heimische Rohstoffgewinnung
    Heimischer Bergbau ist dann den Rohstoffimporten vorzuziehen, wenn er zu besseren ökologischen und sozialen Standards führt und die Resilienz von Lieferketten stärkt. Denn der Rohstoffabbau in Deutschland, neben der Gewinnung innerhalb der EU, sichert am besten die Versorgung und garantiert die Einhaltung unserer hohen Umwelt- und Sozialstandards. Zudem ist er unverzichtbare Grundlage zahlreicher inländischer Wertschöpfungsketten und schafft Arbeitsplätze vor Ort. Klimaschädliche Transportwege verkürzen sich im Vergleich zu Importen. Hinzu kommt: Bei einigen wichtigen Rohstoffen, auch solchen, die wir für die Energiewende brauchen, lohnt sich der Transport aus Kostengründen nicht, z.B. bei Kiesen und Sanden. Einige der heimischen Rohstoffe (wie z.B. Spezialtone, Quarzrohstoffe, Fluss- und Schwerspat sowie Stein- und Kalisalze) sind zudem auch von besonderer strategischer Bedeutung für die europäische Industrie. Der heimische Rohstoffabbau braucht dafür einen verlässlichen Rechtsrahmen. Diesen bietet das Bergrecht. Die Bundesregierung wird diesen Rechtsrahmen modernisieren. Dazu soll noch in dieser Legislaturperiode das Bundesberggesetz geändert werden. Ziele sind eine ökologische Ausrichtung der Rohstoffgewinnung und zugleich eine Erleichterung des Abbaus heimischer Rohstoffe.
    b) EU- Rohstoffgewinnung
    Die EU-Kommission wird einen Raw Materials Act Ende des ersten Quartals 2023 vorlegen. Mit dem Raw Materials Act (ähnlich dem Chips Act) soll mit konkreten Maßnahmen den Risiken bei der Rohstoffversorgung begegnet und die Industrie bei den notwendigen Anstrengungen zur Diversifizierung und zu mehr Nachhaltigkeit bei der Rohstoffversorgung unterstützt werden. Dazu gehört auch die Unterstützung der Rohstoffgewinnung und der Rohstoffweiterverarbeitung in der EU. Deutschland und Frankreich haben zu dem Legislativvorschlag ein gemeinsames Positionspapier ausgearbeitet und Anfang September der EU-Kommission übermittelt.
  2. Lagerhaltung
    Zur Abmilderung von kurzfristig eintretenden Risiken (externe Schocks) bei der Rohstoffversorgung ist eine Lagerhaltung für kritische bzw. strategische Rohstoffe bei Unternehmen zu fördern. Dazu sind vorhandene private Instrumente (Inventory finance, etc.) prioritär zu nutzen. Ziel ist es, dass Unternehmen eine entsprechende Lagerhaltung betreiben. Staatlich kann dies z.B. unterstützt werden, indem importierte Rohstoffe in der Lagerhaltung erst dann zu bezollen bzw. besteuern sind, wenn sie aus der Lagerhaltung entnommen werden oder indem die Rücklagenbildung steuerlich besser berücksichtigt wird. Zusätzlich sollen konkrete Optionen der staatlichen Lagerhaltung für eng definierte strategische Rohstoffe – z.B. für die Verteidigungs- oder Gesundheitsindustrie – auch unter Berücksichtigung möglicher Marktverzerrungen geprüft werden.
  3. Unterstützung zur Erhöhung der Produktionskapazitäten im In- und Ausland
    Zur Abminderung der langfristigen Versorgungsrisiken sind die Erhöhung und der Zugang zu Produktionskapazitäten im In- und Ausland notwendig. BMWK wird deshalb für Rohstoffprojekte im In- und Ausland einen Private/Public Fonds unter Einhaltung hoher ESG-Standards initiieren. Der Fonds soll Zuschüsse, Eigenkapital, Darlehen und Bürgschaften zur Finanzierung von Projekten zur Rohstoffgewinnung, zur Weiterverarbeitung und zum Recycling von Rohstoffen – insbesondere in der kapitalintensiven Skalierungsphase – bereitstellen. Als Vorbild könnte der Zukunftsfonds zur Stärkung der Start-Up-Finanzierung oder der PtX-Wachstumsfonds/Entwicklungsfonds dienen. Zudem wird BMWK prüfen, ob im Zuge bestehender Important Projects of Common European Interest (IPCEI) die Rohstoffversorgung geeignet adressiert werden kann (bspw. durch verstärkte Kooperationen mit Unternehmen in der Vorkette in vertikal organisierten IPCEI wie bspw. im Batteriebereich, ggf. auch durch gezielte Erweiterungen der IPCEI im Bereich der Rohstoffversorgung, soweit entsprechende Projekte und Finanzierungsoptionen bestehen und die EU-Kommission dies unterstützt. Hierzu könnten ggf. die Erweiterungsklauseln genutzt werden, die seit den Batterie-IPCEI Teil der IPCEI-Governance sind). Wir werden für industrielle Projekte in Deutschland, die mit Mitteln der Bundesregierung unterstützt werden, Informationen zur Diversifizierung der Rohstoffquellen in die Entscheidung einfließen lassen, soweit dies nicht anderen Zielen wie bspw. der Innovationsförderung entgegensteht.
  4. Strategische Ausrichtung der internationalen Zusammenarbeit
    Rohstoffimporte spielen aufgrund der geographischen Verteilung der Rohstoffe und vor allem der Bergbau- und Raffinadeproduktion für Deutschland und die gesamte EU eine grundlegende Rolle. Aus diesem Grund kommt der politischen Flankierung in der internationalen Zusammenarbeit eine besondere Rolle zu. Ziel ist der Auf- und Ausbau bi- und multilateraler sowie regionaler Partnerschaften im Rohstoffbereich, um Versorgungslücken auch langfristig zu decken. Durch den Auf- und Ausbau strategischer Kooperationen (z.B. Minerals Security Partnership mit USA, Japan, Kanada, Australien, Frankreich, Finnland und weiteren Partnern sowie bilaterale Rohstoffpartnerschaften und Rohstoffkooperationen mit Chile, Australien, Kanada etc.) soll die bisher existierende einseitige Abhängigkeit von einigen Staaten und Regionen nicht nur reduziert werden, sondern auch die Kooperation mit solchen Ländern und Regionen ausgebaut werden, die als Wertepartner für die Bundesregierung gelten. Ziel der Zusammenarbeit ist ein ganzheitlicher Ansatz, der auch die Belange der Abbauländer in den Fokus nimmt. Die Partnerschaften sollen so ausgestaltet sein, dass sie für die Partnerländer durch die Umsetzung entsprechender Projekte langfristige Anreize bieten (bspw. durch die Förderung lokaler Wertschöpfungsansätze) und zur Stärkung ihrer eigenen Industriebasis und zur Entwicklung einer langfristig klimaneutralen Industrie führen. Die strategischen Partnerschaften sollen mit Maßnahmen zur Förderung der nachhaltigen Gewinnung, der Weiterverarbeitung und des Recyclings von Rohstoffen unterstützt und mit konkreten Initiativen und Projekten der Unternehmen unterlegt werden. Um frühe Investitionen deutscher Unternehmen zu befördern, sollen Maßnahmen zur politischen Flankierung auf den Weg gebracht werden. Grundlagen dafür sind enge und rohstoffspezifische Abstimmungen mit der Industrie sowie die Einbindung der DERA und der AHK-Kompetenzzentren Bergbau und Rohstoffe.

II. Sicherstellung eines fairen und nachhaltigen Marktrahmens

Wir wollen einen fairen Markt mit Level Playing Field im Rohstoffbereich ermöglichen. Dafür ist es wichtig, dass Rohstoffe – auch in weiterverarbeiteter Form – beim Import hohen ESG-Standards genügen. Deutschland gehört zu den europäischen Staaten, die mit dem Lieferkettensorgfaltspflichtengesetz bereits verbindliche Sorgfaltspflichten für einen ersten Schritt in der Lieferkette auf nationaler Ebene verankert haben. Auf EU-Ebene sind eine Reihe von Regulierungen auf den Weg gebracht worden, die ESG-Anforderungen (auch) für die Lieferkette von Rohstoffen verbindlich machen bzw. zukünftig machen sollen (z.B. sog. EU Konfliktrohstoffverordnung, Batterieverordnung, EU Directive on Corporate Sustainability Due Diligence, Weiterentwicklung der EU Principles for Sustainable Raw Materials). Als Voraussetzung für Rohstoffimporte aus indigenen Territorien ist auch die Einhaltung der ILO-Konvention 169 relevant. In den letzten Jahren haben sich zudem mehrere Unternehmens- und Multistakeholderinitiativen etabliert, mit dem Ziel, verantwortungsvolle Rohstoffgewinnung in Lieferketten zu fördern und zu prüfen. Rund 1/3 der weltweiten Produktion mineralischer Rohstoffe erfolgt bereits von Unternehmen, die sich solchen Standardinitiativen angeschlossen haben. Abnehmer, z.B. aus der Automobilindustrie, nutzen zunehmend diese Initiativen (z.B. Initiative for Responsible Mining Assurance – IRMA) zur Unterstützung der Sorgfaltspflichten und für Nachhaltigkeitsmaßnahmen in der Rohstoffgewinnung. Die Initiativen haben jedoch teilweise ein sehr unterschiedliches Anspruchsniveau bezüglich ihrer ESG-Standards und deren Prüfung. Ziel ist es, die ESG-Standards (für Wirtschaftsakteure, einschl. Importeure, und für weitere Schritte in der Lieferkette) zu vereinheitlichen und sicherzustellen, dass nicht parallele Anforderungen zu Doppelungen in der Berichterstattung führen. Eine Diversifizierung der Rohstofflieferketten ist zunehmend auch davon abhängig, ob die Einhaltung von ESG-Standards plausibel nachgewiesen werden kann bzw. entsprechende Sorgfaltspflichten umgesetzt werden können. Gemeinsam mit der EU-Kommission, Frankreich und anderen EU-MS sowie USA, Kanada, Australien, Japan und weiteren internationalen Partnern wird sich die Bundesregierung für die Um- und Durchsetzung internationaler ESG-Standards im Bereich Rohstoffgewinnung, Rohstoffverarbeitung und Recycling einsetzen (u.a. in der Minerals Security Partnership). Das wesentlich von Kanada geförderte Intergovernmental Forum on Mining, Minerals, Metals and Sustainable Development (IGF) hat mit seinem Rahmenwerk zur Bergbaupolitik (Mining Policy Framework) einen internationalen Rahmen für gute Praxis im Bergbau definiert. Die Bundesregierung unterstützt über BGR und GIZ (im Auftrag von BMWK und des Bundesministeriums für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung – BMZ) die Weiterentwicklung gemeinsam mit seinen 80 Mitgliedsländern. Auch die OECD-Arbeitsgruppe zu mineralischen Rohstoffen (Minerals Working Group der Responsible Business Unit) soll in der Weiterentwicklung des Leitfadens für einen verantwortungsvollen Rohstoffbezug bezüglich der Umweltaspekte unterstützt werden, die inzwischen als internationaler Standard etabliert sind. Die Dialoge mit staatlichen Stellen und Unternehmen im Ausland werden zu ESG-Standards und den deutschen Anforderungen für Lieferketten mit Hilfe der Unterstützung der Kompetenzzentren und der AHK weitergeführt. Zudem wird die Beratung und Unterstützung von kleinen und mittleren Unternehmen (KMU) mit Blick auf eine nachhaltige und resiliente Rohstoffversorgung weiter ausgebaut. Für die Ausweitung dieser Angebote sollen die bisherigen Strukturen der BGR/DERA, GTAI und der AHKs noch stärker genutzt werden, insbesondere um Informationen von unterschiedlichen Stufen der Lieferkette zu sammeln und zusammenzuführen.

->Quelle: bmwk.de/eckpunktepapier-nachhaltige-und-resiliente-rohstoffversorgung.pdf