Globale Erwärmung beschleunigt heterotrophe Bodenatmung

Kohlenstoffabfluss aus Böden größte terrestrische Kohlenstoffquelle für Atmosphäre

Eine Schweizer Untersuchung legte (schon im Juni – erstmals erwähnt siehe: solarify.eu/erderwaermung-beschleunigt-co2-ausstoss-von-bodenmikroben) dar, dass der Erdboden eine zunehmende Rolle im globalen Temperaturanstieg spielt. So fand ein Forscherteam aus Wissenschaftlern und Umweltschützern heraus, dass die Böden ihren CO2 Ausstoß in den vergangenen Jahren enorm erhöht haben. Die Untersuchungsergebnisse veröffentlichen die Wissenschaftler Alon Nissan, Uria Alcolombri, Nadav Peleg, Nir Galili, Joaquin Jimenez-Martinez, Peter Molnar und Markus Holzner open access in Nature Communications (Global warming accelerates soil heterotrophic respiration).

Ackerboden in Nordessen – Foto © Gerhard Hofmann, Agentur Zukunft, für Solarify

Zusammenfassung

Der Kohlenstoffabfluss aus den Böden ist zwar die größte terrestrische Kohlenstoffquelle für die Atmosphäre, aber immer noch einer der unsichersten Stoffflüsse im Kohlenstoffhaushalt der Erde. Eine dominante Komponente dieses Flusses ist die von verschiedenen Umweltfaktoren, vor allem der Bodentemperatur und -feuchtigkeit beeinflusste heterotrophe Atmung. Hier entwickeln wir ein mechanistisches Modell vom Mikro- bis zum Welt-Maßstab, um zu untersuchen, wie sich Veränderungen des Wassergehalts und der Temperatur im Boden auf die heterotrophe Atmung auswirken. Simulationen, Labormessungen und Feldbeobachtungen validieren den neuen Ansatz. Schätzungen des Modells zeigen, dass die heterotrophe Atmung seit den 1980er Jahren weltweit mit einer Rate von etwa 2 % pro Jahrzehnt zugenommen hat. Unter Verwendung zukünftiger Projektionen der Oberflächentemperatur und der Bodenfeuchtigkeit sagt das Modell einen globalen Anstieg der heterotrophen Atmung um etwa 40 % bis zum Ende des Jahrhunderts unter dem ungünstigsten Emissionsszenario voraus, wobei für die arktische Region ein mehr als zweifacher Anstieg erwartet wird, der in erster Linie durch die abnehmende Bodenfeuchtigkeit und nicht durch den Temperaturanstieg verursacht wird.

Einleitung

Der Anstieg der atmosphärischen Kohlendioxid (CO2)-Konzentration ist eine der Hauptursachen für die globale Erwärmung. Innerhalb des terrestrischen Kohlenstoffkreislaufs ist die Bodenatmung, die Emission von CO2 durch die (autotrophe) Wurzelatmung und die (heterotrophe) mikrobielle Atmung, der größte Kohlenstoffausstoß in die Atmosphäre. Daher ist eine zuverlässige Quantifizierung der Auswirkungen des Klimawandels auf die Bodenatmung von entscheidender Bedeutung für die Vorhersage künftiger atmosphärischer CO2-Konzentrationen. Die Schätzung des terrestrischen Kohlenstoffaustrags, der in erster Linie durch die Bodenatmung bestimmt wird, ist jedoch äußerst unsicher. Der globale Kohlenstoffhaushalt wird in erheblichem Maße durch terrestrische Kohlenstoffflüsse beeinflusst, so dass es von entscheidender Bedeutung ist, die derzeitigen Schätzungen zu verbessern. Die Kohlenstoffflüsse im Boden sind von komplexen Wechselwirkungen zwischen biologischen, chemischen und physikalischen Prozessen abhängig, die unter schwankenden und heterogenen Umweltbedingungen ablaufen. Daher ist die Beobachtung, Messung und Modellierung von Kohlenstoffflüssen im Boden eine Herausforderung.

Böden spielen eine wichtige Rolle bei der Übertragung, Pufferung, Filterung und Akkumulation von Kohlenstoff an der Schnittstelle zwischen Atmosphäre, Biosphäre und Lithosphäre. So enthalten Böden beispielsweise etwa dreimal so viel Kohlenstoff (1500-2400 PgC, 1 Pg = 1015 g) wie die Atmosphäre (600-800 PgC) oder die Vegetation der Erde (450-650 PgC). Etwa ein Fünftel des atmosphärischen CO2 stammt aus den Böden (~110 PgC/Jahr), das ist etwa zehnmal mehr als die anthropogenen CO2-Emissionen (~11 PgC /Jahr). Die heterotrophe Bodenatmung (heterotrophic respiration, HR) ist einer der wichtigsten Mechanismen, durch den terrestrische Ökosysteme CO2 in die Atmosphäre freisetzen, und es wurde beobachtet, dass ihr relativer Beitrag in den vergangenen zwei Jahrzehnten allmählich zunahm.

Die HR variiert über ein breites Spektrum von Zeitskalen (z. B. tägliche Schwankungen und saisonale Zyklen) und wird hauptsächlich durch zwei Klimavariablen gesteuert: Bodentemperatur und Feuchtigkeit. Während die Bodentemperatur positiv mit der HR korreliert ist, zeigt die Bodenfeuchtigkeit eine nicht-monotone Beziehung. Ein niedriger Feuchtigkeitsgehalt des Bodens verringert die HR-Raten, indem er den Fluss von gelösten Stoffen aufgrund einer schlechten Wasserverbindung in den Poren einschränkt. Ein hoher Feuchtigkeitsgehalt reduziert die HR, indem er die Zufuhr von Sauerstoff (O2) aus der Atmosphäre aufgrund der geringen Diffusionsfähigkeit von O2 in Wasser im Vergleich zu Gas einschränkt. Infolgedessen zeigt die Reaktion der HR auf die Wassersättigung des Bodens eine glockenförmige Kurve, wobei die optimalen Bedingungen für die Atmung bei mittlerem Feuchtigkeitsgehalt des Bodens gegeben sind.

Die Modellierung von HR-Raten auf der Grundlage von Bodentemperatur und -feuchtigkeit ist aufgrund der vielen interagierenden Prozesse, die durch diese Variablen gesteuert werden, eine Herausforderung. Daher werden bei den meisten Modellierungsversuchen zur Quantifizierung von Veränderungen der HR-Raten in Abhängigkeit von Temperatur und Feuchtigkeit empirische Parametrisierungen unter Verwendung von (Massen-)Eigenschaften des Bodens auf Makroebene oder empirische Anpassungen unter Verwendung einer Vielzahl von Funktionsformen verwendet. Diese Parametrisierungen haben oft keinen direkten Bezug zu biophysikalischen Prozessen und sind eher standortabhängig als universelle Gesetze.

Die Untersuchung bietet eine mechanistische Perspektive auf die Boden-HR, die auf porenskaligen Prozessen an der Grenzfläche zwischen den Körnern aufbaut, wo sich mikrobielle Gemeinschaften aufhalten, und verknüpfen dies mit Mustern auf globaler Ebene und zukünftigen Trends. Zunächst haben wir die Boden-HR ausgehend von der Porenskala (Mikroskala) quantifiziert und dabei biologische (z. B. mikrobielle Atmung und CO2-Produktion), chemische (Reaktionsprozesse) und physikalische (Transportmechanismen und Bodentextur) Parameter integriert. Anschließend haben wir die HR-Beziehungen auf der Porenskala hochskaliert, indem wir mit Hilfe der Perkolationstheorie20 Skalierungsgesetze von Poren zu Wasserflecken definiert haben, die es uns ermöglichen, Vorhersagen über HR-Flüsse für größere (Feld-)Skalen zu treffen und gleichzeitig die biophysikalische Darstellung der Porenskala beizubehalten. Anschließend zeigen wir unter Berücksichtigung der räumlichen und zeitlichen Schwankungen von Bodentemperatur und -feuchtigkeit, dass das Modell Schätzungen der jüngsten Trends bei den HR-Raten im Boden auf globaler Ebene liefert, die mit den Beobachtungen übereinstimmen. Schließlich verwenden wir dieses mechanistische Modell, um zu simulieren, wie sich die Boden-HR unter dem ungünstigsten zukünftigen Klimaszenario aus den CMIP6-Klimawandel-Experimenten verändern könnte.

->Quellen: