Bayerns 288-MW-Prestigewindpark fraglich

Wind-Wende wackelt

Bayern ist – nicht unverschuldet – der Prügelknabe unter den Bundesländern in Sachen Windenergie. Das hat man jetzt versucht zu ändern und ließ das französische Windenergieunternehmen Qair in einem Waldareal von gut 100 Quadratkilometer Ausdehnung Pläne erarbeiten, die bis 2027 bei Altötting die Errichtung von 40 Windturbinen mit jeweils 7,2 Megawatt (MW) Nennleistung vorsehen. In Südostbayern sollte Deutschlands größter Landwindpark entstehen, schreibt Tilmann Weber am in Energiezukunft – doch jetzt bröckle das Projekt. Die Staatsregierung versuche zu retten.

Windgenerator im Wald – Foto © Gerhard Hofmann, Agentur Zukunft

Zusammen würden die bereits für den Betrieb einkalkulierten Vestas-Windturbinen mit 172 Meter Rotordurchmesser und bei bisher noch unerreichten 199 Meter Nabenhöhe jährlich rund 500 Gigawattstunden (GWh) ins Netz einspeisen. Der Projektierer rechnet  mit einer sehr geringen Auslastung des 288-MW-Windparks von rechnerisch 2.000 oder gar klar unter 2.000 Volllaststunden im Jahr. Die Durchschnitts-Windgeschwindigkeiten erreichen teilweise rund 5,5 Meter bis knapp 6 Meter pro Sekunde – ein im Vergleich auch mit anderen windschwachen süddeutschen Standorten eher geringer Wert.

Spannend macht das Projekt offenbar, dass es ein Bündnis der wichtigsten Chemieunternehmen wünscht, die hier im Umkreis ansässig sind. Die Initiative für den Windpark im sogenannten Chemie-Dreieck Bayerns stammt von der Unternehmerorganisation, deren Mitglieder die Abnahme des Stroms wohl in langfristigen Abnahmeverträgen ankündigen. Doch nach einem negativen Bürgervotum in einer der neun betroffenen Ortschaften könnte das Projekt nun bedroht sein.

Südostbayerisches Chemie-Dreieck: Enthält wesentliche Teile des Landkreises Altötting, ein Teil des Landkreises Mühldorf am Inn sowie der nördliche Teil des Landkreises Traunstein zwischen Simbach am Inn, Ampfing und Traunreut. Die wichtigsten Industriestandorte sind Burghausen, Trostberg, Waldkraiburg und Burgkirchen.Insgesamt 27 Unternehmen der Branche habe sich hier angesiedelt.

Schon im Juni vor einem Jahr hatte die bayerische Staatsregierung in Person von Ministerpräsident Markus Söder selbst und Landesforstministerin Michaela Kaniber, beide CSU, das Ergebnis der Ausschreibung der bayerischen Staatsforsten bekannt gegeben und sprachen dabei von einem „Meilenstein“. Die Staatsregierung hatte das Unternehmen der landeseigenen Waldflächen dazu gebracht, mögliche Windturbinen-Standorte auszuweisen und zur Nutzung auszuschreiben. Insgesamt Standorte für 100 Anlagen waren hatten die Staatsforsten bestimmt. Weil das südöstliche Bundesland bislang durch eine sehr restriktive Windkraftnutzung im Umfeld von Siedlungen – die 10H-Regel – von sich reden gemacht hat, sind in den vergangenen Jahren fast keine Neuerrichtungen mehr genehmigt worden: im gesamten vergangenen Jahr nur 14 neue Windenergieanlagen. Die Staatsforsten sollten nach dem Willen der Regierung einen Ausgleich ermöglichen.

Dieses Konzept scheint am Waldstandort bei Altötting nun in sich zusammenzufallen. Denn eigentlich sollten Waldstandorte einen Kompromiss für die umgebenden Kommunen ermöglichen. Diese konnten gemäß der inzwischen teilweise aufgehobenen sogenannten 10-H-Regel – 10 H steht für die zehnfache Höhe einer Windenergieanlage als Mindestabstand zur nächsten Siedlung – den weitreichenden Abstand durch gemeinsame Zustimmung zu einem Windpark aufheben. Nun hat die Gemeinde Mehring als eine der anliegenden Gemeinden in einer Volksabstimmung gegen den Windpark votiert.

>Die meisten Bürgermeister und sogar der vor kurzem noch gegen Windkraft auftretende Landrat Erwin Schneider (CSU) sind für das Projekt. Wirtschaftsminister Hubert Aiwanger (Freie Wähler) traf sich am 06.02.2024 bereits mit den Bürgermeistern, um einen Ausweg auszuloten. Er will den Einwohnern entgegenkommen, womöglich nur einen Teil der Windräder bauen lassen und günstigen Windstrom für die Anwohnenden versprechen. Bayerns Ministerpräsident Söder will dagegen an den kompletten 40 Turbinen festhalten. Beide Kabinettsmitglieder werfen einander nun vor, für die ablehnende Haltung der Anwohner in Mehring mitverantwortlich zu sein – und das Projekt ungenügend beworben zu haben. Der Zeitplan von Qair sieht vor, noch 2024 den Antrag einzureichen und 2025 die Genehmigung zu erhalten, um 2026 an der Ausschreibung für eine Mindesteinspeisevergütung teilzunehmen.

->Quelle: erneuerbareenergien.de/daempfer-fuer-bayerns-288-mw-prestigewindpark