Auf dem Weg zum grünen Wasserstoffpartner

Oman will mit H2-Infrastruktur punkten

Wind, Sonne und jede Menge Know-how – diese Zutaten sollen im Oman künftig intensiv genutzt werden, um grünen Wasserstoff herzustellen. Im Vergleich zu anderen Golfstaaten geht das Sultanat dabei mit großen Schritten voran, schreibt Natascha Plankermann in hydrogeit.de. Der Öko-Energieträger soll exportiert, aber auch vor Ort genutzt werden. Erste Projekte laufen an und die Infrastruktur wird ausgebaut. Experten sehen im Oman einen vielversprechenden Partner für die Energiewende in Deutschland.

Die Bagger sind angerollt, aus den provisorisch aufgebauten Büros wird der Sand herausgekehrt: Startschuss für ein Stahlwerk im Industriehafen von Duqm im Golfstaat Oman. Ab 2027 soll hier grüner Wasserstoff produziert werden. „Vulcan Green Steel“ nennen die indischen Eigentümer aus der Familie Jindal diesen Geschäftszweig, für den ein eigener Kai zum Verschiffen der Produkte errichtet wird – gleich gegenüber den anderen Hafenkais, von denen aus Container und Fahrzeuge über den Arabischen Golf transportiert werden. Abnehmer für den grünen Stahl sieht Jindal in Europa, etwa in der deutschen Automobilindustrie. Weitere Teile und Produkte wie „grüner“ Stahl sollen über die Industriehäfen in Sohar, Duqm oder Salalah im Süden Omans verschifft werden, zum Beispiel nach Deutschland.

Die Infrastruktur in Duqm wächst rasant, und das neu entstehende Stahlwerk ist einer der Bausteine für die Zukunft des Oman, die sich konsequent in Richtung grüner Wasserstoff entwickeln soll. Für den Export werden laut Firas Al-Abduwani vom omanischen Energieministerium derzeit vorwiegend Ammoniak und Methanol als Transportmittel ins Auge gefasst. Einen Teil des neuen Energieträgers will man aber im Land nutzen.

Zukunftspläne mit besten Voraussetzungen

Experten der Internationalen Energieagentur (IEA) und der Stiftung für Wissenschaft und Politik sehen ideale Voraussetzungen für die Zukunftspläne des Oman: Mehr als 2.000 Kilometer Meeresküste, an denen rund um die Uhr der Wind weht, acht bis mehr als zehn Sonnenstunden pro Tag.

Außerdem gibt es im Land führendes Know-how in der Wasserstoffherstellung, gut ausgebaute Häfen mit strategischen Positionen und Anlagen zum Entsalzen von Meerwasser. Diese arbeiten zumeist mit der Umkehrosmose, um gelöste Stoffe herauszufiltern. Die damit verbundenen Kosten für die Wasserstoffproduktion schätzt Dawud Ansari von der Forschungsgruppe Globale Fragen der Stiftung Wissenschaft und Politik als gering ein – er spricht von etwa einem Prozent des Kilopreises für Wasserstoff.

Darauf will sich die staatliche Institution Hydrom allerdings noch nicht festlegen. Hydrom erarbeitet seit Herbst 2022 im Oman einen Masterplan für den grünen Wasserstoffsektor und schafft die Voraussetzungen für die Produktion. Derzeit wird auch erörtert, dafür aufbereitetes Abwasser aus der Öl- und Gaswirtschaft zu verwenden.

Der Oman treibt die Entwicklung von grünem Wasserstoff als künftigem Energielieferanten mit Nachdruck voran, um wirtschaftlich nicht mehr überwiegend von den zusehends schwindenden Öl- und Gasreserven abhängig zu sein. Auch sollen die Klimaneutralitätspläne des Landes unterstützt werden, die der regierende Sultan Haitham Bin Tarik in der Oman Vision 2040 festschreibt. Dadurch kann das Sultanat ein aussichtsreicher Kandidat für die Unterstützung der Energiewende in Deutschland werden. Laut dem Wuppertal Institut kann 2030 lediglich bis zu einem Sechstel des erwarteten H2-Bedarfs in Deutschland aus heimischer Produktion gedeckt werden. Der überwiegende Teil müsste importiert werden – dafür werden weltweit Partner gesucht.

Pionierarbeit beginnt mit fünf Konsortien vor Ort

Vor diesem Hintergrund bringt sich der Oman in Stellung: Die Strategie von Hydrom sieht vor, dass der Oman ab 2030 jährlich eine Million Tonnen grünen Wasserstoff produziert, bis 2050 sollen es rund 8,5 Millionen Tonnen sein. Bis dahin will der Oman seine CO2-Emissionen vollständig reduzieren und zudem rund 70.000 neue Arbeitsplätze schaffen. Geschätzte Investitionskosten laut Hydrom und dem Energieministerium: rund 150 Mrd. US-Dollar.

Um die ehrgeizigen Ziele zu erreichen, ist Pionierarbeit gefragt: Es gilt zum Beispiel Unternehmen anzusiedeln, welche die entsprechende Technologie entwickeln. Elektrolyseure für industrielle Prozesse, die Sonne, Wind und Wasser nutzen, müssen gebaut werden. Darüber hinaus stehen Pläne für nachhaltig wirksame, wirtschaftliche Businessmodelle aus.

Die ersten fünf internationalen Konsortien haben just von Hydrom den Zuschlag dafür erhalten, auf einer Gesamtfläche von rund 1.500 Quadratkilometern in der Region Duqm grünen Wasserstoff und Ammoniak für den Export sowie den Eigenbedarf zu produzieren. Weitere rund 1.800 Quadratkilometer Land werden derzeit im Süden des Oman, in Salalah, über eine zweite öffentliche Ausschreibung zur Verfügung gestellt. Diese Auktion läuft bis April 2024.

Potenzial für deutsche Unternehmen

Deutsche Unternehmen sind bereits an der Entwicklung im Oman beteiligt. Doch die hochfliegenden Pläne des Wüstenstaates bieten noch viel mehr Potenzial. Das sieht etwa Dr. Abdullah Al-Abri, omanischer Berater bei der Energieagentur IEA, so – und wünscht sich, dass die Zusammenarbeit, die im Sommer 2022 in einer Vereinbarung (Joint Declaration of Interest) mit Deutschland beschlossen wurde, an Fahrt gewinnt.

„Bisher sitzen die potenziellen Abnehmer für grünen Wasserstoff aus dem Oman noch überwiegend in Japan oder Korea“, meint der Experte. Dr. Ruth Prelicz, Expertin für Wasserstoff und erneuerbare Energiesysteme bei der AHK Oman, betont indes: „Im Sommer 2023 hat das deutsche Energieversorgungsunternehmen SEFE (Securing Energy for Europe GmbH) einen Abnahmevertrag für verflüssigtes Erdgas (LNG) aus dem Oman geschlossen. Dieser Vertrag über LNG-Lieferungen dient dem Aufbau von vertrauensvollen Geschäftsbeziehungen und wird auch als Vorlauf für spätere Lieferungen von grünem Wasserstoff gesehen.“

Ruth Prelicz beobachtet die Entwicklung vor Ort: Sie unterstützt die Wasserstoffdiplomatie des Auswärtigen Amtes (H2Diplo) und den Energiedialog des Bundesministeriums für Wirtschaft und Klimaschutz (BMWK) im Oman. Die Fachfrau sieht eine Reihe von Chancen für deutsche Unternehmen, von der Zusammenarbeit mit dem Oman im Bereich grüner Wasserstoff zu profitieren: „Es geht nicht nur um die Abnahme des Endproduktes. Der Oman ist auch als Markt für deutsche Hightech-Technologie interessant. Siemens Energy und ThyssenKrupp sind als mögliche Lieferanten von Elektrolyseuren in Oman etabliert. Und im Bereich Wasserstofftransport haben die bayrischen Wasserstoffexperten von Hydrogenious sowie von MAN Energy Solutions ihre Technologie im Bereich flüssige organische Wasserstoffträger (LOHC) und Methanol vorgestellt.“

Auch Firmen, die auf Wasserstoffkompressoren, Rohrleitungen oder Messgeräte spezialisiert sind, sind aus ihrer Sicht künftig im Land gefragt. Weitere Chancen für deutsche Unternehmen gebe es in den Bereichen Zertifizierung von grünem Wasserstoff sowie Training und Ausbildung. Hier ist nach Worten der Expertin etwa der TÜV Süd bereits im Oman aktiv.

Stabile Stellung Omans in der Region

Dass sich eine Zusammenarbeit mit dem Sultanat nicht nur aus handelspolitischer Sicht lohnt, betont Dr. Dawud Ansari von der Stiftung Wissenschaft und Politik: Für ihn bringen vertiefte (Energie-)Bezie­hungen mit dem Sultanat als zentralem Partner Deutschlands in der Region weitere Vorteile: „Deutschland hat ein Interesse darin, Beziehungen mit und Wirtschaft in Oman zu stärken, schließlich bildet das Sultanat einen Eckpfeiler in regionalen Friedensprozessen. Dabei ist Oman selbst sehr stabil und sicher – sowohl hinsichtlich der Handelsbeziehungen als auch innenpolitisch und in Bezug auf seine Nachbarn. Der Jemen-Konflikt und andere regionale Auseinandersetzungen werden dank des diplomatischen Geschicks und der Grenzsicherung Omans nicht auf das Land übergreifen.“

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