Kohlestrom rentiert sich weltweit schon zur Hälfte nicht mehr

Neue Berichte – Boom und Bust 2020: Nachzeichnung der weltweiten Kohlekraftwerk-Entwicklung

In diesem Jahr können 46 Prozent der weltweit laufenden Kohlekraftwerke nicht mehr wirtschaftlich betrieben werden, schätzt die laut einer Medienmitteilung von Matt Gray am 01.04.2020 veröffentlichte Analyse „Global Energy Monitor“ des Thinktanks Carbon Tracker („COVID and coal power: outlook and opportunities“ – COVID und Kohlestrom: Perspektiven und Möglichkeiten). Entsprechend ging die weltweite Kohleverstromung 2019 schon das vierte Jahr in Folge zurück, aber für das Pariser Klimaabkommen sind wesentlich stärkere Reduzierungen erforderlich – so eine Medienmitteilung von Christine Shearer am 25.03.2020 über den neuen Bericht von EndCoal („Boom and Bust 2020“). Weltweit schrumpften die Kohlekraftwerkskapazitäten zwar, aber Chinas Genehmigungsboom fresse den globalen Rückgang wieder auf: Im März habe Peking bereits mehr neue Kohlekraftwerksleistung genehmigt als im ganzen Jahr 2019.

Vor allem in Europa und China rechnet sich Kohle nicht mehr – Kohlekraftwerk Niederaußem, RWE – Foto © Franziska Vogt für Solarify

energiezukunft: Fast die Hälfte aller Kohlekraftwerke 2020 im Minus

Auch das Branchenblatt energiezukunft geht ausführlich auf die Carbon Tracker-Analyse ein: Deren Experten haben Einnahmen und Ausgaben von 6.696 am Netz und 1.046 im Bau oder Genehmigungsverfahren befindlicher Kohlekraftwerke unter die Lupe genommen – also 95 Prozent aller Kohlenmeiler weltweit – mit dem Ergebnis, 46 Prozent aller laufenden Kohlekraftwerke werde rote Zahlen schreiben. Wie energiezukunft-Autor Manuel Först erklärt, basieren die Untersuchungen auf geschätzten Einnahmen aus Stromhandel, Zusatz- und Ausgleichszahlungen und Erträgen aus dem Kapitalmarkt. Ausgaben ergäben sich aus laufenden Betriebskosten und für CO2-Bepreisungssysteme, wie den Emissionshandel und Richtlinien zur Luftverschmutzung. Weltweit stiegen CO2-Bepreisungssysteme 2019 um 45 Prozent. Auch wenn der europäische Emissionshandel in der Coronakrise kollabiert und der CO2-Preis in den vergangenen Wochen von 23 Euro auf 15,45 Euro pro Tonne fiel, müsste der Preis laut Analysten von Carbon Tracker dauerhaft auf neun Euro sinken, um ein Revival der Kohlekraft in Europa einzuläuten.

Vor allem in Europa und China rechnet sich Kohle nicht mehr

In Europa werden nach Berechnungen von Carbon Tracker sogar 62 Prozent aller Kohlekraftwerke 2020 Verluste machen. Neben Großbritannien, Spanien und Tschechien, gehört Deutschland zu den Staaten mit den meisten unprofitablen Kohlekraftwerken innerhalb Europas. 90 Prozent aller deutschen Kohlekraftwerke werden voraussichtlich Verluste einfahren. Im Durchschnitt zahlen deutsche Kohlekraftwerke hierzulande 8,30 Euro pro Megawattstunde drauf.

Folgt: Abschaltungen von US-Kohlekraftwerken unter Trump im Vergleich zu Obama um 67% gestiegen