Weltrekord im IPP-Teststand ELISE

Eine Heizung für den Fusionstestreaktor ITER / energiereicher Teilchenstrahl in Rekordqualität

Nach zwei Jahren Forschungsarbeit wurden im Teststand ELISE des Max-Planck-Instituts für Plasmaphysik (IPP) in Garching bei München jetzt Weltrekord-Werte erreicht: Im erstmals gelungenen Ein-Stunden-Betrieb wurde ein gepulster Teilchenstrahl bislang unerreichter Qualität  erzeugt: baumstammdick, homogen, zeitlich stabil und dabei neun Ampere stark. Mit ELISE, der weltweit größten Testanlage ihrer Art, wird die Heizung entwickelt, die das Plasma des internationalen Fusionstestreaktors ITER auf viele Millionen Grad bringen soll. Kernstück ist eine im IPP entwickelte neuartige Hochfrequenz-Ionenquelle, die den energiereichen Teilchenstrahl erzeugt.

Die von dem internationalen Testreaktor ITER (lat.: der Weg) gestellte Aufgabe ist anspruchsvoll: Um das ITER-Plasma auf viele Millionen Grad Celsius aufzuheizen, sollen zwei energiereiche Teilchenstrahlen je 16,5 MW Heizleistung in das 800 m³ große Plasmavolumen pumpen. Ungefähr türgroß wird der Querschnitt dieser Teilchenstrahlen sein – und damit die heute genutzten Strahlen, die mit etwa tellergroßem Querschnitt und deutlich kleinerer Leistung auskommen, weit hinter sich lassen.

Die Testanlage ITER, die zurzeit in weltweiter Zusammenarbeit in Cadarache in Südfrankreich aufgebaut wird, soll zeigen, dass ein Energie lieferndes Fusionsfeuer möglich ist. Ähnlich wie die Sonne soll ein künftiges Fusionskraftwerk aus der Verschmelzung von Atomkernen Energie gewinnen. Der Brennstoff – ein Wasserstoffplasma – muss dazu berührungsfrei in einem Magnetfeldkäfig eingeschlossen und auf Zündtemperaturen über 100 Millionen Grad aufgeheizt werden. 500 Megawatt Fusionsleistung soll ITER erzeugen – zehnmal mehr, als zuvor zur Plasmaheizung aufgewendet wurde.

Entwicklungsarbeit im Teststand ELISE

Diese Plasmaheizung wird etwa zur Hälfte die so genannte „Neutralteilchen-Heizung“ übernehmen: Schnelle Wasserstoffatome, die durch den Magnetfeldkäfig hindurch in das Plasma hineingeschossen werden, geben über Stöße ihre Energie an die Plasmateilchen ab. So bringen heutige Heizungen, zum Beispiel an der IPP-Fusionsanlage ASDEX Upgrade in Garching, das Plasma per Knopfdruck auf ein Mehrfaches der Sonnentemperatur. Die Großanlage ITER stellt jedoch erhöhte Anforderungen: Zum Beispiel müssen die Teilchenstrahlen viel dicker und die einzelnen Teilchen viel schneller sein als bisher, damit sie tief genug in das voluminöse Plasma eindringen können. Anstelle der bisher für die Produktion des Teilchenstrahls genutzten elektrisch positiv geladenen Ionen müssen daher negativ geladene Ionen verwendet werden, die extrem fragil sind. Die dazu im IPP entwickelte Hochfrequenz-Ionenquelle wurde als Prototyp in den ITER-Entwurf aufgenommen. Auch der Auftrag zur Anpassung an die ITER-Anforderungen ging Ende 2012 an das IPP.

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