EEG-Ausnahmen nicht unbedingt nötig

Deutliche Reduzierung ohne Gefährdung wettbewerbsintensiver Branchen möglich

Die Ausnahmen von der EEG-Umlage könnten deutlich reduziert werden, ohne wettbewerbsintensive Branchen zu gefährden – das ist das Ergebnis einer neuen Studie von vier Instituten. Sie schlägt vor, die Begünstigung für stromintensive Produkte in Anlehnung an die Strompreiskompensation im EU-Emissionshandelssystem zu gestalten.

Zentrale Elemente des Vorschlags von FÖS, DIW Berlin, Arepo Consult und der Uni Erlangen-Nürnberg sind

  • Begrenzung der Vergünstigung auf bestimmte Branchen beziehungsweise Produkte,
  • Anhebung der reduzierten Umlage auf 20 Prozent,
  • Begrenzung der Entlastung nach Benchmarks und
  • stärkere Beteiligung des Eigenstroms

Damit könnte die EEG-Umlage um 1 Cent je Kilowattstunden sinken, so die Studienmacher (epid-online).

Aus der Studie:

In den vergangenen Monaten sind die Regelungen zur Entlastung von der EEG?Umlage für viele Industrieunternehmen zunehmend in die Kritik geraten, da sie als zu pauschal empfunden wurden und die Stromkosten für die „nichtprivilegierten” Verbraucher erhöhen. Die Autoren der Studie haben – aufbauend auf früheren Arbeiten für das Bundesfinanzministerium, Wirtschaftsministerium Rheinland?Pfalz und das Umweltbundesamt – Optionen zur zielgenaueren Ausgestaltung von Vergünstigungen untersucht und einen Reformvorschlag ausgearbeitet, der auf den in 2012 veröffentlichten Leitlinien der EU?Kommission zur Kompensation von Strompreisanstiegen durch den Emissionshandel beruht.

Diese EU Leitlinien waren auf der Grundlage von umfangreichen Studien und eines Konsultationsprozesses unter Einbeziehung der Industrie entwickelt worden. Das zentrale Element des Vorschlages für die neue Besondere Ausgleichsregelung (BesAR) ist eine um 80% reduzierte EEG?Umlage auf eine standardisierte Stromverbrauchsmenge, die i.a. für die Herstellung von bestimmten handels? und stromintensiven Produkten notwendig ist.Dabei erfolgt die Bemessung der privilegierten Strommenge entsprechend der auf EU-Ebene erstellten Benchmarks pro Produktionsvolumen und mit einem Kürzungsfaktor von 85%. Durch die Benchmarks werden die vollen Anreize für Effizienzverbesserung aufrechterhalten.

Für einige Branchen, die von der EU-Kommission als stromintensiv und dem internationalen Wettbewerb ausgesetzt bewertet wurden und die somit für eine Privilegierung in Frage kommen, wurden noch keine entsprechenden Benchmarks definiert. Bis zur Entwicklung der Benchmarks privilegiert die Übergangsregelung für diese Branchen analog zur EU-Strompreiskompensation 80% der historischen, spezifischen Stromverbräuche. Damit Unternehmen, die in mehreren Branchen aktiv sind und somit eine gewisse Flexibilität bei der Zuordnung aufweisen, nur im Falle eines großen Anteils von stromintensiven Produkten von dieser Regelung erfasst werden, wird ein zusätzliches Unternehmenskriterium angewandt: Die Privilegierung innerhalb der strom- und handelsintensiven Branchen ohne definierte Benchmarks wird nur für Unternehmen gewährt, bei denen die Stromkosten einen Anteil von mindestens 14% an der Bruttowertschöpfung ausmachen.

Selbstbehalt begrenzt Verwaltungsaufwand

Zur Begrenzung des Verwaltungs- und Umsetzungsaufwands ist ein Selbstbehalt vorgesehen. Danach wird die Privilegierung nur für Reduktionsbeträge gewährt, soweit sie 20.000 Euro überschriten. Dieser Selbstbehalt dient in erster Linie der Verwaltungsvereinfachung. Er entspricht in etwa der Hälfte des derzeit im EEG verwendeten Selbstbehaltes für einen Verbrauch von 1 GWh bei teilprivilegierten Unternehmen. Bei der neuen Regelung wird sowohl selbst erzeugter als auch fremdbezogener Strom von der EEG-Umlage erfasst und im Falle einer strom- und handelsintensiven Produktion privilegiert. Damit muss auch das Eigenstromprivileg angepasst werden. Kleinanlagen bleiben aus administrativen Gründen zunächst weiterhin befreit, eine Nachfolgeregelung sollte später unter Berücksichtigung der umweltpolitischen Anreizwirkung entwickelt werden.

  1. Zwei Ausgestaltungsoptionen für die Beteiligung von Eigenstrom werden vorgestellt:  In der Option A wird die Umlage für den eigenerzeugten Strom aus besonders effizienten KWK?Anlagen oder aus nicht EEG-geförderten neuen erneuerbaren Anlagen gegenüber der allgemeinen Umlage um 20% reduziert. Diese Entlastung wirkt ggf. ergänzend zur 80%-Reduktion, die für die privilegierte Strommenge nach Benchmark gewährt wird. Somit bestehen volle Anreize sowohl zur Erzeugung von effizienten oder erneuerbaren Eigenstroms als auch dazu, eine Verlagerung von einer strom- und handelsintensiven Produktion zu vermeiden.
  2. Als alternative Ausgestaltungsoption (Szenario B) könnte für effizient oder erneuerbar erzeugten Eigenstrom die EEG-Umlage um 90% reduziert werden. Die Eigenstromerzeugung wird dann allerdings auf die privilegierte Strommenge angerechnet, so dass hier eine Mehrfachentlastung für die gleiche Strommenge ausgeschlossen ist. Diese zweite Regelung würde weniger Veränderungen gegenüber der aktuellen Gesetzeslage mit sich bringen, kann allerdings zu einigen Fehlanreizen führen.

Auswirkungen der Vorschläge

Die Umsetzung des Reformvorschlags hat im Vergleich zur geltenden Regelung im Jahr 2013 folgende Auswirkungen:

  • Die Unternehmen der privilegierten Branchen verbrauchen im Jahr insgesamt rund 85 TWh Strom. Mit einer Entlastung nach Benchmarks in Anlehnung an die EU?Strompreiskompensation, verringert sich die durch die BesAR begünstigte Strommenge auf rund 65 TWh. Das sind rund drei Viertel der Strommenge, die heute im EEG durch die BesAR begünstigt ist.
  • Zusätzlich können Unternehmen eine Entlastung für effiziente oder nachhaltige Eigenerzeugung beantragen. Dies betrifft in den BesAR?Branchen eine Strommenge von rund 16 TWh und außerhalb der BesAR-Branchen eine Strommenge von rund 17 TWh.
  • Durch diese beiden Entlastungsregelungen hätte die EEG-Umlage im Jahr 2013 statt 5,3 Ct/kWh zwischen 4,3 und 4,4 Ct/kWh betragen.
  • Das Entlastungsvolumen für das Produzierende Gewerbe sinkt von heute 5,6 Mrd. Euro auf rund 2,2 bis 2,6 Mrd. Euro (je nach Ausgestaltung des Eigenstromprivilegs).

Ausgangslage und Handlungsbedarf

Ausnahmen und Entlastungen von der EEG-Umlage werden derzeit (Bezugsjahr 2013) als reduzierter Betrag für bestimmte stromintensive Unternehmen und für Schienenbahnen gewährt (Besondere Ausgleichsregelung „BesAR“ nach §§ 40 ff. EEG). Da nur netzbezogener Strom in das Umlagesystem einbezogen wird, wird selbst erzeugter und verbrauchter Strom nicht mit der Umlage belegt (Eigenstromprivileg nach § 37 EEG).

Das folgende Kapitel gibt einen Überblick über den Hintergrund und die Entwicklung der geltenden Regelungen, deren finanzielles Volumen und die dadurch verursachten Zusatzkosten für die übrigen Stromverbraucher. Ferner wird dargestellt, welche Branchen von den Ausnahmen profitieren und welche weiteren Entlastungsregelungen für die Industrie beim Strompreis existieren, da die Ausnahmeregelungen beim EEG im Gesamtkontext der Industriestrompreise gesehen und bewertet werden müssen.

In der abschließenden Bewertung der Ausgangslage werden der Reformbedarf sowie die bestehenden rechtlichen Unsicherheiten aufgezeigt und somit die Grundlage für die Formulierung von Anforderungen an eine Neugestaltung gelegt.
->Quelle: Studie zur Ausgleichsregelung; diw.de