Gabriel verteidigt Industrie-Rabatte
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Solarwirtschaft fordert Verzicht auf geplante „Sonnensteuer“

Der Bundesverband Solarwirtschaft forderte dringende Nachbesserungen an der EEG-Novelle. Er warnte davor, Privathaushalte und Gewerbebetriebe künftig finanziell zu belasten, wenn sie Solarstrom vom eigenen Dach oder vom Vermieter beziehen. Andernfalls werde die Nachfrage nach Solarstromanlagen auf einen Bruchteil einbrechen und die Energiewende massiven Schaden nehmen. Wenn Bürger und kleine Gewerbetreibende Solarstrom für den eigenen Bedarf herstellen, sollen sie nach Vorstellung von Bundeswirtschaftsminister Sigmar Gabriel künftig etwa 3 Cent je Kilowattstunde EEG-Umlage zahlen, Mieter das Doppelte. „Dies würde einen Großteil künftiger Photovoltaik-Investitionen unwirtschaftlich machen“, warnt BSW-Solar-Geschäftsführer Körnig. Im Gegenzug ließe sich durch die geplante „Sonnensteuer“ nach Berechnungen von Verbraucherschützern der Strompreis der Allgemeinheit nicht merklich reduzieren.

Gleichzeitig sollen große Teile der Industrie weitgehend von den Kosten der Energiewende befreit werden, auch wenn sie ihren Strom weiterhin aus Gas- und Kohlekraftwerken beziehen. „Klimasünder werden großzügig entlastet, Klimaschützer hingegen zur Kasse gebeten. Das sei ungerecht, die geplante „Sonnensteuer“ muss schnell vom Tisch. Wer mit Solarstrom die Umwelt entlastet, darf dafür nicht bestraft werden“, so Körnig. Gegen die geplante „Sonnensteuer“ bei gleichzeitig großzügiger Befreiung industrieller fossiler Energieverbraucher von den Kosten der Energiewende formiere sich gegenwärtig ein breiter Widerstand in der Bevölkerung.

Hintergrund: Ab dem 01.08.2014 soll der Eigenverbrauch selbst erzeugten Solarstroms in den meisten Fällen mit 50 Prozent der EEG-Umlage finanziell belastet werden. Das entspricht derzeit rund 3,1 Cent je Kilowattstunde (kWh). Mieter, die ihren Solarstrom vom Dach des Vermieters beziehen, sollen sogar 100 Prozent der EEG-Umlage zahlen (derzeit 6,24 Cent je kWh). Eigenstromerzeuger aus besonders energieintensiven Betrieben, aus dem Bergbau und dem verarbeitenden Gewerbe sollen hingegen lediglich 15 Prozent der EEG-Umlage abführen (rd. 0,94 Cent je kWh), auch wenn sie ihren Strom in der Regel aus fossilen Kohle- oder Gaskraftwerken beziehen. Von der Belastung mit der EEG-Umlage werden nach ersten Schätzungen des BSW-Solar über zwei Drittel des deutschen Solarmarktes betroffen sein. Lediglich Betreiber von Photovoltaik-Kleinstanlagen mit einer Leistung von bis zu 10 kWp – das klassische Eigenheim-Segment – sollen von der Öko-Abgabe weiterhin befreit bleiben. Diese machten im letzten Jahr jedoch lediglich knapp ein Fünftel der neu installierten Photovoltaik-Leistung aus.

Kabinett beschließt Gesetz zur Besonderen Ausgleichsregelung – Ausnahmen bleiben weitgehend erhalten

Das Bundeskabinett hatte am 08.05.2014 (einen Tag zuvor) den von Gabriel vorgelegten Entwurf für ein „Gesetz zur Neuregelung der Besonderen Ausgleichsregelung für stromkosten- und handelsintensive Unternehmen“ beschlossen; dieser enthält die im EEG vorgesehenen Änderungen für die Befreiungen von der EEG-Umlage (§ 60 bis 65 sowie § 99 bis 100 EEG). Befreiungen sind dem Entwurf zufolge für alle Unternehmen mit einem jährlichen Stromverbrauch von mehr als einer Gigawattstunde möglich. Eine weitere Voraussetzung sind neben einem zertifizierten Energie- oder Umweltmanagement mindestens 16 Prozent (2017: 17 Prozent), bzw. 20 Prozent Anteil der „Stromkostenintensität“ (Anteil der Stromkosten an der Bruttowertschöpfung).

Für den Verbrauch solcher Unternehmen wird die Umlage für die erste Gigawattstunde nicht begrenzt, darüber fallen 15 Prozent des normalen Satzes an – aber nur bis zu einer Gesamthöhe von 4 Prozent der Bruttowertschöpfung bei Unternehmen mit einer Stromkostenintensität von unter 20 Prozent und 0,5 Prozent bei einer Stromkostenintensität ab 20 Prozent. Mindestens müssen aber 0,1 Cent je Kilowattstunde für den gesamten Verbrauch oberhalb einer Gigawattstunde erreicht werden. Für Schienenbahnen gilt ein geringerer Umlagesatz von 20 Prozent nur ab einem Jahresverbrauch von mindestens zwei Gigawattstunden für den Fahrbetrieb.
Folgt: Industrie lobt und Stimmen zur EEG-Novelle