Noch eine Gefahr aus dem polaren Schmelzeis: Mikroplastik

Erderwärmung droht, Billionen im Arktiseis eingeschlossene Plastikkleinstpartikel ins Meer zu entlassen

„Das Schmelzen der Polareiskappen könnte katastrophal für Küstenstädte werden, aber der Meeresspiegel-Anstieg ist nicht die einzige Drohung des arktischen Tauwetters“, schrieb die Huffington Post in ihrer englischen Ausgabe am 29.05.2014. In einer neuen Studie (veröffentlicht in der Open-Source-Zeitschrift Earth’s Future) kämen Forscher zu dem Schluss, dass arktisches Eis große Mengen von Plastik und synthetischen Materialien enthält, die kleiner sind als eine Bleistiftspitze. Wenn das nord-polare Seeeis im Lauf des nächsten Jahrzehnts abschmilzt, würden mehr als eine Billion winziger Plastikstückchen – „Mikroplastik“ – ins umgebende Wasser freigesetzt werden, so die Studie. Während Umweltwissenschaftlern bekannt sei, dass Ozeane voller Müllhalden seien, zeigten sich die Forscher erschüttert, als sie sich klardarüber gewordenseien, wie weit der Abfall bereits edrungen sei.

Abstract der Studie: „Globale Erwärmung setzt im arktischen Meereis eingefrorenes Mikroplastik-Erbe frei“

Wenn Meerwasser zu Eis erstarrt, schließt es kleinste Partikel aus dem Wasser ein, die dann eingeschlossen bleiben, bis das Eis wieder schmilzt. In den letzten Jahren hat das Abschmelzen zu Rekord-Tiefstständen des arktischen Eises geführt – letztmals im September 2012. Globale Klimamodelle, wie das von Gregor et al. [2002] weisen darauf hin, dass der Volumens-Rückgang des arktischen Eises (3,4 % pro Jahrzehnt) tatsächlich stärker ist als der Rückgang der Meereis-Ausdehnung, etwas, das Laxon et al. [2013] unterstützt von Satellitendaten gezeigt haben.In welchem Ausmaß in dem schmelzenden Eis synthetische Partikel enthalten sind, die dann ins offene Meer gelangen würden, ist noch nicht untersucht worden.

Hier zeigen wir, dass arktisches Meereis Konzentrationen von Kunststoffkleinstpartikel von entfernten Standorten enthält – mindestens um zwei Größenordnungen größer als die in stark kontaminierten Oberflächengewässern, wie die des Pacific Gyre, über die schon zuvor berichtet worden ist. Unsere Ergebnisse deuten darauf hin, dass sich weit weg von Ballungszentren Kunststoffkleinpartikel angesammelt haben und, dass das polare Meereis eine größere weltweite historische Senke menschen-gemachter Partikel ist. Daher muss das Potenzial erheblicher Mengen älterer Verunreinigungen mit Kunststoffkleinstpartikeln evaluiert werden, die freigegeben würden und ins Meer gelangen würden, wenn das Eis schmilzt , wie auch die physikalischen und toxikologischen Wirkungen von Kunststoffen auf den Bestand der Meerestiere.

Warum Mikroplastik ein Problem darstellt

Aus der taz: „Kunststoffe sind extrem beständig und überdauern im Meer hunderte von Jahren. Besondere Sorge machen den Forschern aber weniger die umhertreibenden Plastiktüten und andere größere Teile, auch wenn diese von Tieren verschluckt werden können. Sie fürchten vor allem die möglichen Folgen der Mikropartikel, zu denen Plastik mit der Zeit zerfällt. „Mit diesen millimeterkleinen Teilen fangen die ökologischen Probleme wahrscheinlich erst richtig an“, so eine Meeresbiologin des Alfred-Wegener-Instituts. Die Plastik-Mikropartikel fungieren im Wasser wie Magnete für fettliebende (liophile) Giftstoffe. Zudem können sich auch in der Nahrungskette anreichern.

[note Von der Internetseite des Alfred-Wegener-Instituts: Aufgrund seiner mikroskopischen Größe birgt Mikroplastik die Gefahr sowohl von benthischen als auch planktischen Organismen, die an der Basis der Nahrungskette stehen, als vermeintliches Futter gefressen zu werden. Neben rein physikalischen Schädigungen ist auch die Aufnahme und Akkumulation von Schadstoffen aus den Mikroplastik-Partikeln zu erwarten. Wie sich dies auf den einzelnen Organismus, die nächst höheren trophischen Ebenen bzw. das Nahrungsnetz auswirkt, ist bislang nicht untersucht, jedoch sind negative Folgen zu befürchten.
Über die genaue Menge, die Zusammensetzung und den Verbleib von Mikroplastik im Meer ist bis jetzt jedoch kaum etwas bekannt. Deswegen ist für die zuverlässige Evaluierung der biologischen Risiken von Mikroplastik im Meer zuallererst ein detailliertes qualitatives wie auch quantitatives Monitoring von Mikroplastik in der marinen Umwelt notwendig. Dies wird so auch durch die Meerestrategie-Rahmenrichtlinie der EU gefordert.
Eine zuverlässige Technik zur Detektion von Kunststoffpartikeln in Umweltproben bietet heute die neue Generation der FTIR (Fourier-Transformations-Infrarotspektroskopie) Mikroskope. Diese ermöglichen die Detektion kleinster Mikroplastik-Partikel und bieten gleichzeitig die Möglichkeit der high-throughput Analyse mittels FTIR-Imaging. Diese Technik soll innerhalb des Projektes angewendet werden um eine realistische Analyse des gesamten Größenspektrums von Mikroplastik-Partikeln in Umwelt-Proben zu erreichen.]

->Quelle: onlinelibrary.wiley.com; taz.de; awi.de; huffingtonpost.com