CO2-Blase: Die Wette auf den Klimaschock

Bei Rohstofftiteln  zählen Cashflows auf kurze Sicht

Das legt nahe, eher auf Staaten und staatsnahe Firmen zu hoffen, die mit 73 Prozent das Gros der Reserven halten. Sie haben tendenziell weniger Marktdruck, sie komplett und rasch zu verfeuern. Der zweite Einwand: Dass die Konzerne nicht weit vorausdenken, liegt auch daran, wie der Markt sie bewertet. Während Investoren bei jungen Technologiefirmen auf hohe Gewinne in fernerer Zukunft hoffen, zählen bei Rohstofftiteln die Cashflows auf kurze Sicht. Was erst in 20 Jahren passiert, fällt durch die starke Abzinsung kaum ins Gewicht. Damit können Blasen-Skeptiker elegant auf die neutrale IEA verweisen: Beim optimistischen Zwei-Grad-Szenario der Energieagentur geht zwar der Anteil von Öl, Gas und Kohle am Energiemix bis 2035 deutlich zurück. Weil aber der Gesamtbedarf steigt, sinkt der fossile Konsum absolut nur um elf Prozent – keine Größenordnung, die Investoren heute zu sorgen braucht. Ergo: Es gibt keine Blase.

Grüne Revolution. Freilich: Nach 2035 fällt der fossile Anteil im IAE-Pfad steil ab. Muss er auch, denn nach 2050 soll ja fast gar kein CO2 mehr in die Atmosphäre gelangen. Das Dilemma der IAE: Ihre Szenarien sollen dem Stand der Klimaforschung entsprechen, aber realistisch bleiben. Und realistisch ist, dass sich der Energiemix in den nächsten 20 Jahren nicht großartig ändert. So verschiebt sich die Wende nach hinten. Rascher, glaubt auch die IEA, sei sie ohnehin nicht leistbar. Heisenbergs Fazit: „Die Spin-Doktoren der Öl- und Gaskonzerne reichen uns Schlaftabletten und die IEA trägt dass Kissen hinterher.“ Shell will sich noch mehr Zeit lassen: Bis 2050 werde sich wenig tun. Umbrüche brauchten eben Zeit, das zeige die Geschichte. Verzichten könnten wir auf fossile Quellen erst Ende des Jahrhunderts. Was bis dahin mit dem Klima passiert? Schulterzucken.

Viel versprechen sich Shell und Exxon jedenfalls (im Gegensatz zu Carbon Tracker) von der Kohlenstoffspeicherung – wohl auch deshalb, weil sie bei dieser Technologie tüchtig mitmischen. Das Potenzial für Strom aus Sonne und Wind halten sie hingegen für schon bald ausgereizt. Was Heisenberg nicht wundert: „Wir setzen viel zu wenig auf die Möglichkeiten einer Technologierevolution durch erneuerbare Energien. Und wenn die nicht massiv gewollt und gefördert wird, tritt sie auch nicht schnell ein.“ Dennoch bleibt sie seine letzte, große Hoffnung: „Die Erfindung des Internets hat eine Tech-Spirale in Gang gesetzt, die die Welt in 20 Jahren verändert hat. Und so wird es auch mit der Revolution der sauberen Energie sein.“