Bakterium mit Knall-Effekt

Oxidation von Wasserstoff ermöglicht Leben entkoppelt vom Stickstoffkreislauf

Nitrit-oxidierende Bakterien spielen eine Schlüsselrolle in Kläranlagen und im natürlichen Stickstoffkreislauf der Erde. Bislang wurde angenommen, dass diese Spezialisten stets Nitrit als Energiequelle benötigen. Ein internationales ForscherInnenteam unter der Leitung von Holger Daims, Mikrobiologe an der Universität Wien, hat nun in Science publiziert, dass Nitrit-oxidierende Bakterien Wasserstoff als alternative Energiequelle nutzen können. Die Oxidation von Wasserstoff mit Sauerstoff, auch Knallgas-Reaktion genannt, ermöglicht ihnen Wachstum unabhängig von Nitrit und damit ein Leben entkoppelt vom Stickstoffkreislauf.

Stickstoff ist ein zentraler Baustein des Lebens und wird im globalen Stickstoffkreislauf in vielen Schritten in seine unterschiedlichen chemischen Formen umgewandelt. Nitrit-oxidierende Bakterien sind wichtige Akteure im Stickstoffkreislauf, da sie giftiges Nitrit zu harmloserem Nitrat umsetzen. „Der Mensch macht sich diesen Prozess in der biologischen Abwasserreinigung zunutze. Das gebildete Nitrat ist aber auch Grundlage für weitere wichtige mikrobielle Prozesse und eine Stickstoffquelle für viele Pflanzen“, erläutert die Erstautorin der Studie, Hanna Koch, Doktorandin am Department für Mikrobiologie und Ökosystemforschung der Universität Wien. Seit der ersten Beschreibung von Nitrit-oxidierenden Bakterien im 19. Jahrhundert wurde angenommen, dass ihr Überleben von Nitrit als Energiequelle abhängt. Daher wurde das Vorkommen dieser Bakterien in der Umwelt und in Kläranlagen immer mit dem Stickstoffkreislauf in Verbindung gebracht.

Nitrospira: Nitrit-Oxidierer mit überraschenden Eigenschaften

Die am weitesten in der Natur verbreiteten Nitrit-Oxidierer gehören zur Gattung Nitrospira. Diese Bakterien kommen in verschiedenen Lebensräumen wie Böden, Flüssen, Seen und Meeren bis hin zu heißen Quellen vor. Nitrospira-Bakterien sind auch die Schlüsselfiguren der Nitrit-Oxidation in Kläranlagen. Ein Team von ForscherInnen aus Österreich, Dänemark, Deutschland und Frankreich hat nun Überraschendes über die Bakterien herausgefunden. „Die Analyse der Erbinformation einer Nitrospira-Art ergab Hinweise auf die Verwendung von Wasserstoff als alternative Energiequelle. Die biologische Energiegewinnung aus Wasserstoff in Gegenwart von Sauerstoff wird auch als Knallgas-Stoffwechsel bezeichnet – in Anlehnung an die explosive Wirkung des Gemischs der beiden Gase“, so Holger Daims vom Department für Mikrobiologie und Ökosystemforschung der Universität Wien. Das Potenzial von Nitrospira zur Nutzung als Energiequelle, wurde genau untersucht.