USA frackt sich an die Spitze – und ins Aus?

Allgemeine Verunsicherung:

  • BHP Billiton schließt Schieferölanlagen
  • Eni warnt vor Ölpreis von 200 Dollar
  • Fracking auch ökonomisch umstritten

Das Fracking habe die USA zwar zum größten Öl- und Gasförderer der Welt gemacht; doch der Preisverfall mache die Sache unattraktiv – sagen die einen. Die anderen, im selben Blatt: „Fracking verändert die Logik des Öl-Geschäfts grundlegend.“ Denn das Fracking reagiere flexibel und werde immer billiger. Gleichzeitig warnt der Eni-Chef davor, dass das Barrel auf 200 Dollar (175 Euro) ansteigen könne und forderte die OPEC zum Eingreifen auf. Ein Vermögensverwalter hält gar einen Preis von 25 Euro pro Fass für möglich, wenn auch nicht lange.
Der australisch-britische Bergbaukonzern BHP Billiton reagierte bereits mit drastischen Maßnahmen auf den aktuellen Ölpreisverfall und baut massiv US-Frackinganlagen ab. Das weltgrößte Bergbau-Unternehmen will seine Bohranlagen auf dem US-Festland von 26 auf 16 verringern, teilte es am 21.01.2015 in Sydney mit. Damit machen bis Ende Juli 40 Prozent der BHP-Schieferöl-Bohranlagen in den Vereinigten Staaten dicht. Keine Rede davon, dass sie die Naturzerstörung wiedergutmachen. In einer Woche ist die Zahl der aktiven Öl-Bohrlöcher in den USA um 94 auf nur noch 1.223 zurückgegangen.
Die USA sind zwar mit dem umstrittenen Fracking zum größten Förderer der Welt aufgestiegen – weil aber die alten Förderländer wie Saudi-Arabien oder Russland ihre Menge nicht drosseln, gibt es zu viel Öl. Das drückt den Preis – seit September ist er um fast 60 Prozent gefallen. Den Golfstaaten entgehen geschätzte 300 Milliarden Dollar durch den niedrigen Ölpreis. Zur Freude der Lenker von spritfressenden SUVs und zum Schaden von Umwelt und Klima.
Wenn aber jetzt als Folge des Billigöls die Investitionen ausbleiben, dürfte sich der Ölpreis-Verfall ins Gegenteil umkehren: So hat der Chef des italienischen Energiekonzerns Eni, Claudio Descalzi, am Rand des Weltwirtschaftsforums in Davos vor einem Anstieg des Rohölpreises auf 175 Euro gewarnt: Wenn Investitionen sinken, werde bald nicht mehr genügend gefördert. Aber OPEC-Generalsekretär Abdullah al-Badri winkt ab – er erwartet, dass der Ölpreis bald wieder zulegt: Man komme sehr bald „wieder auf das normale Niveau“ – was immer das ist.
Niemand hatte den Preissturz kommen sehen. Schickten sich doch die fossilen Brennstoffe, weil sie endlich sind und sich schädlicher als stets behauptet für Klima und Umwelt auswirken, eben an, aus der Mode zu kommen und mehr und mehr den längst konkurrenzfähigen Öko-Energien Platz zu machen. Zudem ist das Energiesparen auf dem (wenn auch noch mangelhaften) Vormarsch: Gerade in den Industrieländern wird der Energieverbrauch allmählich vom Wirtschaftswachstum abgekoppelt. Daher stellen sich die Lordsiegelbewahrer der Fossilen die bange Frage, ob der Boom schon wieder vorbei sein könnte, kaum dass er begonnen hat. Sehr wahrscheinlich haben sich die unermüdlichen US-Bohrer ins Aus gefrackt. Genug Hinweise dafür gibt es. BP sieht die Ölindustrie vor einer historischen Krise, kein Wunder, musste man doch eben einen Quartalsverlust von knapp einer Milliarde Dollar verdauen. Die Ölkonzerne drosseln ihre Investitionen; erste Produzenten gehen pleite, die Zulieferer feuern Tausende Beschäftigte, Kredite werden faul und es wird gefährlich für Banken, die den Fracking-Boom mit billigem Geld aus der Geldschwemme befeuert haben. Die von der Talfahrt am Ölmarkt ausgelöste Wertvernichtung summiert sich seit Juni 2014 auf insgesamt 350 Milliarden Euro, so ein deutsches Wirtschaftsblatt.
Ob das Fracking die Proteste wegen der Naturzerstörung überdauert, ist ungewiss. Ob es in der Lage sein wird, die alten Regeln des Ölgeschäfts neu zu schreiben, weil es flexibler reagiert, nicht minder. Dauern wird es maximal 10 Jahre, sagen Fachleute. Hatten Fachleute anfänglich „gewusst“, unter 70 Dollar pro Fass könne kein Fracker überdauern, hieß es dann, 60 Dollar seien tödlich, sollen jetzt angeblich viele Fracker womöglich mit 40 Dollar überleben können. Allerdings sind die gebohrten Fracking-Quellen leicht an- und abschaltbar. Das, so die FAZ, verändere „die alte Logik des Ölgeschäfts für immer“. Jetzt sollten die Fracker nur noch einen ebenso flexiblen, sprich klimafreundlichen Umgang mit den [[CO2]]-Emissionen (er)finden. Aber: Mit erneuerbaren Energien wäre das ganze Tohuwabohu überflüssig.