37,8 Milliarden Euro Atom-Rückstellungen

BUND legt Analyse der Atom-Rückstellungen vor – Bundesregierung muss für Transparenz sorgen und Rückstellungen schnell sichern

Die Atom-Rückstellungen der Energiekonzerne RWE, Vattenfall, E.ON und EnBW für Stilllegung und Rückbau der Atomanlagen sowie für die Atommülllagerung beliefen sich bis Ende des Jahres 2014 auf insgesamt 37,8 Milliarden Euro. Dies geht aus einer aktuellen Analyse hervor, die das Forum Ökologisch-Soziale Marktwirtschaft (FÖS) im Auftrag des Bund für Umwelt und Naturschutz Deutschland (BUND) erstellt hat.

Die Analyse zeigt, dass die Kraftwerksbetreiber nur unzureichend informieren, für welchen genauen Zweck, für welches Kraftwerk und für welchen Zeitpunkt die Rückstellungen vorgesehen sind. Auch über Beweggründe für Aufstockungen oder Auflösungen von Rückstellungsbeträgen veröffentlichen die Energiekonzerne nur wenige Informationen. Zudem sind Niveau, Entwicklung und Struktur der Rückstellungen sehr unterschiedlich. So lagen die Rückstellungen für Atomkraftwerke in Betrieb Ende 2013 zwischen rund 1.300 Euro/kW (AKW Emsland) und 2.100 Euro/kW (AKW Brunsbüttel). RWE hat Atomrückstellungen von rund 1.300 Euro/kW gebildet, Vattenfall von über 2.000 Euro/kW.

Informationswert und Vergleichbarkeit der Angaben stark eingeschränkt

Unterschiedliche Methoden bei der Bilanzierung der Atomrückstellungen in den Geschäftsberichten schränken den Informationswert und die Vergleichbarkeit der Angaben stark ein. „Es ist zweifelhaft, ob diese Unterschiede sachlich gerechtfertigt sind. Mit den neuesten Veröffentlichungen zum Bilanzjahr 2014 hat die Intransparenz sogar noch zugenommen“, sagte der BUND-Atomexperte Thorben Becker. Bundeswirtschaftsminister Sigmar Gabriel hatte Mitte März angekündigt, die Atom-Rückstellungen erstmals einem Stresstest unterziehen zu wollen. „Es braucht dringend eine unabhängige und transparente Kostenschätzung. Die Bundesregierung muss nach jahrzehntelanger Intransparenz schnellstens klären, welche Rückstellungen wo und zu welchem Zweck vorhanden sind“, sagte Becker. Nach Einschätzung des BUND-Atomexperten ist die Finanzierung der Folgekosten der Atomenergie infrage gestellt, sofern die bisher gebildeten 37,8 Milliarden Euro Rückstellungen in der Hand der Stromkonzerne verbleiben.

Schnell öffentlich-rechtlichen Fonds einrichten

„Die Rückstellungen für die Lagerung des Atommülls müssen schnellstens in einen öffentlich-rechtlichen Fonds überführt werden“, sagte Becker. Es bestehe akuter Handlungsbedarf, auch weil Eon gerade seine alten Kraftwerke ausgliedere und Vattenfall seine Braunkohlesparte verkaufe. Die Betreiber der deutschen Atomkraftwerke hätten in den zurückliegenden Jahren mit den Rückstellungen für die Atommüllentsorgung Zusatzprofite in Höhe von rund 80 Milliarden Euro erwirtschaftet. Diese Gelder seien jedoch in den Bilanzen und Gewinnen der AKW-Betreiber verschwunden. „Die Gefahr ist groß, dass die Rückstellungen schon bald nicht mehr verfügbar sind. Es müssen zusätzliche Maßnahmen zur Haftungssicherung eingeleitet werden. Die AKW-Betreiber müssen nicht nur die vorhandenen Rückstellungen in den öffentlich-rechtlichen Fonds einbringen, sondern auch für zu erwartende Kostensteigerungen haften“, forderte Becker.

[note Aus der Zusammenfassung der FÖS-Kurzanalyse: Die Betreiber haben uneingeschränkt sämtliche Kosten des Rückbaus und der Stilllegung sowie der „Entsorgung“ radioaktiver Abfälle der kommerziellen Kernkraftwerke zu tragen. Für diesen Zweck bilden sie Rückstellungen. Die Atomrückstellungen hatten Ende 2014 ein finanzielles Volumen von rund 38 Mrd. EUR und wurden damit erneut gegenüber dem Vorjahr angehoben. Ende 2013 betrugen die Rückstellungen rund 36 Mrd. EUR.
Es liegen unzureichende Informationen darüber vor, für welchen genauen Zweck, für welches Kraftwerk und für welchen Zeitpunkt die Mittel vorgesehen sind. Auch über die Beweggründe für Aufstockungen und Auflösungen in den vergangenen Jahren liegen keine hinreichenden Informationen vor. Mit den neuesten Veröffentlichungen zum Bilanzjahr 2014 hat die Intransparenz sogar noch zugenommen. Unterschiedliche Methoden und Abgrenzungen bei der Bilanzierung der Atomrückstellungen schränken den Informationswert und die Vergleichbarkeit der Angaben in den Geschäftsberichten weiter ein.
Niveau, Entwicklung und Struktur der Rückstellungen sind für einzelne Kraftwerke bzw. einzelne Konzerne sehr unterschiedlich. Die Rückstellungen für KKW in Betrieb lagen Ende 2013 zwischen rund 1.300 EUR/kW (KKW Lippe-Ems) und 2.100 EUR/kW (KKW Brunsbüttel). RWE hatte Ende 2014 Atomrückstellungen von rund 1.300 EUR/kW gebildet, Vattenfall von über 2.000 EUR/kW. Auch die Aufteilung der Rückstellungen auf Stilllegung und Rückbau einerseits und Entsorgung andererseits ist sehr unterschiedlich.
Ohne nähere Informationen lässt sich nicht beurteilen, inwieweit die Unterschiede in Höhe und Struktur der Rückstellungen plausible Gründe haben oder auf unzureichend objektive und einheitliche Festsetzungskriterien und -methoden zurückzuführen sind. Auch die aktuelle Analyse der Atomrückstellungen in den Geschäftsberichten für das Jahr 2014 bestätigt noch einmal, dass die Transparenz der Atomrückstellungen deutlich verbessert werden muss. Die Kernforderungen lauten:

  • Pflicht zu kernkraftwerksscharfer Bilanzierung,
  • dabei einheitliche Differenzierung nach Stilllegung/Rückbau und Entsorgung,
  • Veröffentlichung der Kalkulationsgrundlagen der KKW-Betreiber für die Rückstellungen,
  • und vom Staat zu veranlassende unabhängige Überprüfung.]

->Quellen: