Power-to-Gas sinnvoll oder nicht?

Speicheroptionen nutzen

Die Autoren der Öko-Instituts-Studie, Hauke Hermann, Lukas Emele und Charlotte Loreck empfehlen denn auch, bevor Power-to-Gas eingesetzt werde, Speicheroptionen zu nutzen, die sich durch höhere Wirkungsgrade auszeichnen:

  • Biomassekraftwerke und Biogasanlagen nur noch zur Spitzenlastproduktion einsetzen
  • Durch stärkere Einbindung europäischer Wasserkraftwerke (Alpen und Skandinavien) Strom mit einem besseren Wirkungsgrad speichern
  • Strom in Zeiten niedriger Preise zur Wärmeproduktion einsetzen (Power-to-Heat) – eingespartes Erdgas später zur Stromproduktion oder für andere Anwendungen wie z. B. im Verkehr nutzen („virtuelle Methanisierung“)
  • Wasserstoffeinsatz in energieintensiven Industrien (Raffinerien, Ammoniakherstellung und andere Prozesse) komplett auf erneuerbaren Wasserstoff (aus Elektrolyse) umstellen – Strom dafür in Abhängigkeit des EE-Angebots zeitlich flexibel beziehen
  • Möglichkeiten der Beimischung von Wasserstoff im Erdgasnetz weitgehend ausschöpfen
  • Bevor synthetisches Methan gespeichert wird, sollten die Möglichkeiten zur Wasserstoffspeicherung ausgeschöpft werden, da die Umwandlungsverluste geringer sind.

Foto © Gerhard Hofmann, Agentur Zukunft

Bei guter Vernetzung der europäischen Stromnetze – resümiert die Öko-Instituts-Studie – könne der Speicherbedarf sehr stark reduziert werden. Über die europaweit derzeit im Bau befindlichen Speicher hinaus werde ein Speicherausbau erst bei sehr hohen regenerativen Anteilen nötig. Gerade auch im europäischen Kontext stünden weitere, deutlich effizientere und kostengünstigere Speicheroptionen zur Verfügung. Fazit: Power-to-Gas sollte im Rahmen der Energiewende erst sehr spät zum Einsatz kommen – will heißen: „In den nächsten zwanzig Jahren zeichnen sich keine sinnvollen Anwendungsmöglichkeiten für synthetisches Methan als Flexibilitätsoption für den Stromsektor ab, die über einige wenige Demonstrationsprojekte hinausgehen.“

„Speicherpapst „Sterner: Netz kann Drei-Monate-Vorrat speichern

Michael Sterner von der OTH Regensburg (Vorholz: „Co-Autor eines kürzlich erschienenen Lehr- und Fachbuches über Energiespeicher, quasi Deutschlands ‚Speicherpapst'“) hält dagegen: Mit Windgas, das in die bereits vorhandenen deutschen Gasspeicher eingespeist werden und die Stromversorgung für rund drei Monate absichern kann, lassen sich auch bei hohen Anteilen erneuerbarer Energien im Stromsystem lange “Dunkelflauten” überbrücken, also Phasen mit wenig Wind oder Sonneneinstrahlung: “Die heute vorhandenen Speicherkapazitäten im Erdgas-System reichen theoretisch aus, um den deutschen Strombedarf für mehr als drei Monate zu decken”, so Sterner. “Keine andere Speichertechnologie in Deutschland hat dafür ausreichende Kapazitäten, dazu ist Windgas über Zeiträume von zwei Wochen hinaus günstiger als jeder andere Speicher.” Aber auch in anderen Wirtschaftsbereichen wie Verkehr und Chemie werde Windgas zur Dekarbonisierung notwendig. “Nur durch den Einsatz von Windgas in der Kraftstoff- und Rohstoff-Herstellung können diese Sektoren ihre Klimaziele erreichen”, so Sterner: “Windgas gewährleistet auch bei einer regenerativen Vollversorgung die Sicherheit und Zuverlässigkeit unserer Energieversorgung, wie wir es heute gewohnt sind”.

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