Luftverschmutzung fordert immer mehr Todesopfer

Bis 2050 könnten jährlich 6,6 Millionen Menschen an Schadstoffbelastung sterben

Jedes Jahr sterben weltweit 3,3 Millionen Menschen vorzeitig an den Folgen von Luftverschmutzung. Diese Zahl könnte sich bis 2050 verdoppeln, wenn die Emissionen ähnlich ansteigen wie bisher – das hat die Studie eines Teams um Forscher des Max-Planck-Instituts für Chemie in Mainz ergeben. Die Hauptquellen für schlechte Luft sind überraschenderweise nicht Industrie und Verkehr, sondern häusliche Kleinfeuer und die Landwirtschaft.

In Asien, vor allem in China und Indien, leiden Menschen besonders unter der Belastung mit Luftschadstoffen. Dort treten auch drei Viertel der weltweiten Todesfälle auf, wie das Team um Johannes Lelieveld, Direktor am Max-Planck-Institut für Chemie, in der aktuellen Ausgabe der Zeitschrift Nature berichtet: 1,4 Millionen Menschen pro Jahr sterben demnach in China vorzeitig an den Folgen von Luftverschmutzung, 650.000 in Indien. Auch in der EU führt die Belastung mit Feinstaub und Ozon jährlich zu 180.000 Todesfällen, davon 35.000 in Deutschland. Damit  sterben in vielen Ländern etwa zehnmal so viele Menschen aufgrund der Schadstoffbelastung wie im Straßenverkehr.

Lelieveld, sein Kollege Andrea Pozzer und ihre Kollegen aus den USA, Zypern und Saudi-Arabien untersuchten in der Studie erstmals, wie sich unterschiedliche Emissionsquellen auf die Sterberaten auswirken, etwa Industrie, Verkehr, Landwirtschaft, Kohle-, Öl- und Gaskraftwerke und so genannte häusliche Kleinfeuer. Unter letzteren fassen die Forscher Dieselgeneratoren, kleine Öfen und offene, stark qualmende Holzfeuer zusammen, die viele Menschen in Asien zum Heizen und Kochen verwenden. Außerdem kalkulierten die Forscher die Sterberate in einzelnen Ländern sowie den Anteil unterschiedlicher Krankheiten an den Todesfällen.

Schlaganfälle und Herzinfarkte führen zu drei Vierteln der Todesfälle

Hochhaus in Peking im Dunst – Foto © Gerhard Hofmann, Agentur Zukunft

Das Team um Lelieveld konzentrierte sich auf die wichtigsten Luftschadstoffe, nämlich Feinstaubpartikel mit einem Durchmesser von weniger als 2,5 Mikrometern und Ozon. Deren Konzentrationen berechneten die Forscher mit einem globalen Modell für Atmosphärenchemie, zur Ergänzung auch für Orte, an denen keine Messungen gemacht werden. Die Ergebnisse kombinierten sie wiederum mit epidemiologischen Daten. „Aus statistischen epidemiologischen Studien in Europa und den USA mit mehreren hunderttausend Teilnehmern weiß man recht zuverlässig, wie sich bestimmte Schadstoffkonzentrationen auf die Sterberaten auswirken“, sagt Johannes Lelieveld. Allerdings, so berichtet der Atmosphärenchemiker aus Mainz, sind diese Daten nicht repräsentativ für viele Megastädte Asiens, wo die Luftverschmutzung wesentlich höher ist als in europäischen oder amerikanischen Metropolen. Das Team nutzte daher einen verbesserten Methode, um auch die Auswirkungen des extremen Smogs dort ermitteln zu können.

„3,3 Millionen Menschen sterben jedes Jahr vorzeitig aufgrund der Luftverschmutzung, das ist eine Riesenzahl“, kommentiert Lelieveld das Ergebnis. Knapp drei Viertel der Todesfälle sind auf Schlaganfälle und Herzinfarkte zurückzuführen, 27 Prozent auf Atemwegserkrankungen und Lungenkrebs. Feinstaubpartikel verursachen epidemiologischen Studien zufolge Erkrankungen des Herz-Kreislaufsystems und Lungenkrebs, während Ozon eher Lungenkrankheiten wie chronischen Husten und Atemnot hervorruft. Die mikroskopisch kleinen Feinstaub-Partikel dringen tief in die Lunge und womöglich sogar in die Blutgefäße ein. Es gibt Hinweise darauf, dass sie dort zur Bildung von Plaques beitragen und dadurch das Risiko für Herzinfarkte und Schlaganfälle erhöhen. Bislang ist unklar, inwieweit verschiedene Sorten von Feinstaubpartikeln – etwa Ruß, Sulfate, organische Stoffe oder mineralische Staubteilchen – unterschiedlich giftig sind.

Folgt: Häusliche Kleinfeuer sind die schlimmsten Luftverschmutzer