EnBW-Eigner trennen sich – taktisch

Gemeint ist (eigentlich) E.on

Die BMWi-Gesetzesinitiative zur Haftung von Atomrisiken ist eigentlich auf den EnBW-Konkurrenten Eon zugeschnitten. Denn Eon hatte angekündigt, den durch die Energiewende gebeutelten Konzern aufspalten zu wollen. Die Sorge in Berlin: Geht die für Atomstrom zuständige Tochter irgendwann pleite, kann sie nicht mehr für die Kosten des Atomausstiegs in Anspruch genommen werden. Dieser Aufwand könnte laut Experten-Schätzungen zwischen 29 und 77 Milliarden Euro betragen – bezahlen sollen ihn die vier Energiekonzerne RWE, Eon, Vattenfall und eben EnBW. Genau kann die Kosten niemand kalkulieren, denn selbst die politische Suche nach einem Endlager dürfte noch Jahrzehnte dauern. Folglich hatte Wirtschaftsminister Gabriel ein Gesetz schreiben lassen, demzufolge beherrschende Organisationen nach dem Prinzip „Eltern haften für ihre Kinder“ zeitlich unbegrenzt für Atomrisiken der Töchter aufkommen müssen.

Der Gesetzentwurf führt eine umfassende gesetzliche Nachhaftung von herrschenden Unternehmen für von ihnen beherrschte Betreibergesellschaften ein

  • für die Kosten von Stilllegung und
  • Rückbau ihrer Kernkraftwerke sowie
  • Entsorgung einschließlich
  • Endlagerung der radioaktiven Abfälle.

Gesellschaftsrechtliche Umstrukturierungen und Beendigungen von Beherrschungs- und Ergebnisabführungsverträgen innerhalb der Konzerne sollen diese durch die gesetzliche Sonderregelung für den Nuklearbereich nicht mehr von der Haftung für ihr Erbe befreien können – etwa durch eine Insolvenz der Betreiber-Töchter. Und um es dicht zu machen: „Wir werden im weiteren Verfahren klären, ob es Umgehungstatbestände des Gesetzes gibt und diese gegebenenfalls ausschließen“.

Logischerweise sorgt man sich im Ländle: Das Gesetz träfe sowohl das Land als auch die Haushalte der neun OEW-Landkreise, die den Karlsruher Konzern bisher mit zusammen 93,5 Prozent der Anteile gemeinsam beherrschen. Um unabsehbare Haftungsrisiken abzubiegen, kündigen beide Seiten diese Zusammenarbeit nun offiziell auf. Aus dem 93,5 Prozent-Block, der Strategie und Spitze des mehr als 19 000 Mitarbeiter beschäftigenden Konzerns bestimmte, werden nun zwei Parteien mit je 46,75 Prozent, also ohne eigene Mehrheit.

In Berlin versuchen derweil Land und CDU-MdB, Gabriels Nachhaftungsgesetz im Sinne des Südwestens zu entschärfen. Gebremst haben sie es laut schwäbische.de angeblich schon. „Wir machen keinen Hehl daraus, dass wir es gerne noch in diesem Jahr verabschiedet hätten“, sagt ein Sprecher von Finanzminister Gabriel. Doch man sei zuversichtlich, das Gesetz „in den ersten Monaten 2016“ durch den Bundestag zu bekommen. Die „Schwäbische“ schließt hoffnungsvoll: „Möglich, dass die Herrschaftsklausel bis dahin noch entschärft wird. Dann stünde einer neuen Aktionärsvereinbarung nichts im Weg. Der Scheidung in 2015 könnte also 2016 eine neue Vernunftheirat folgen.“

Riskant für Steuerzahler

Die SPD-Bundestagsabgeordnete Nina Scheer hatte sich gleich nach der Einbringung des Gesetzes strikt gegen jede Verschiebung gewendet: “ Sowohl das Bundesministerium für Wirtschaft und Energie als auch die SPD-Bundestagsfraktion drängen auf eine Verabschiedung des Gesetzes noch in 2015. Auch wenn das Nachhaftungsgesetz mangels Einigung mit dem Koalitionspartner in dieser Woche nicht behandelt werden konnte, besteht nach wie vor die Möglichkeit einer Verabschiedung noch in 2015. Selbst wenn dies mit einer extremen Fristverkürzung beim Bundesrat verbunden wäre, sollte eine Verschiebung ins kommende Jahr nicht riskiert werden. Eine aus den Reihen von CDU/CSU derzeit angestrebte Synchronisierung mit der Kommission zur Überprüfung der Finanzierung des Kernenergieausstiegs (KFK), deren Ergebnisse erst im Frühjahr 2016 zu erwarten sind, birgt mit Blick auf die Energiekonzerne das Risiko, dass die Haftungsmasse bei den betreffenden Unternehmen in unumkehrbarer Weise verkleinert wird. Auf diesem Weg riskiert der Koalitionspartner eine massive, milliardenschwere Mehrbelastung des Steuerzahlers, für die er letztlich auch die politische Verantwortung tragen wird. Im öffentlichen und somit gemeinsamen Interesse erwarte ich von unserem Koalitionspartner, die Verantwortung des Gesetzgebers wahrzunehmen und lösungsorientiert eine Verabschiedung des Gesetzes noch in diesem Jahr zu ermöglichen.“

->Quellen: