Windstrom billiger als Atom

Greenpeace Energy-Studie mit Alternative zu Hinkley Point C

Der britische Strombedarf lässt sich erheblich kostengünstiger durch Windenergie in Kombination mit der ökologischen Speichertechnik Windgas decken, als dies mit dem geplanten Atomkraftwerk Hinkley Point C der Fall wäre. Das zeigt eine vom deutschen Ökoenergieanbieter Greenpeace Energy in Auftrag gegebene Kurzstudie des Analyseinstituts Energy Brainpool. Die Berliner Forscher haben dafür eine Stromversorgung aus neuen Windenergieanlagen, Gaskraftwerken und so genannten Windgasanlagen berechnet, die überschüssigen Windstrom in Wasserstoff umwandeln und somit speicherbar machen.

Dieses System liefert mindestens die gleiche Leistung und Versorgungssicherheit wie Hinkley Point C, kostet dabei aber rund sieben Milliarden Euro weniger als die für das Atomkraftwerk geplanten Subventionen, die sich laut Berechnungen von Energy Brainpool auf bis zu 108 Milliarden Euro summieren.

„Angesichts weiterer AKW-Kosten, wie Kreditgarantien für den Bau oder die teure und unsichere Entsorgung von Atommüll, fällt das Windstromkonzept im Vergleich sogar noch erheblich kostengünstiger aus“, sagt Sönke Tangermann, Vorstand von Greenpeace Energy. Der Bau und Betrieb aller nötigen Windenergieanlagen, Windgasanlagen und Gaskraftwerke ist im errechneten Gesamtpreis von 101 Milliarden Euro oder 110,51 Euro pro Megawattstunde enthalten. Die Windgas- oder „Power-to-Gas“-Technik gleicht natürliche, wetterbedingte Schwankungen des Windstroms aus. Sie nutzt Stromüberschüsse, um per Elektrolyse sauberen Wasserstoff und in einem weiteren Schritt Methan zu produzieren. Diese erneuerbaren Gase lassen  sich im Erdgasnetz speichern und später in Gaskraftwerken erneut zu Strom wandeln.

„Großbritannien würde damit zu geringeren Kosten ein sauberes, leistungsfähiges und flexibles Gesamtsystem inklusive ganzjährig verfügbarer Reserveleistung bekommen – und nicht nur ein einzelnes Kraftwerk wie Hinkley Point C“, sagt Studienleiter Thorsten Lenck von Energy Brainpool. „Dieses Alternativ-System ist auch bei Windflauten in der Lage, Strom in identischer Menge und Verfügbarkeit wie Hinkley Point C zu erzeugen“, so Lenck. Neben Windgas gibt es weitere Technologien, um die Windstrom-Erzeugung an den Bedarf anzupassen, die zwar eine geringere Kapazität aufweisen, zum Teil aber deutlich kostengünstiger sind. Ihr Einsatz würde den Kostenvorteil der erneuerbaren Alternative zum AKW-Neubau noch weiter steigern.

Auch Polen, Tschechien, Ungarn oder die Slowakei planen derzeit den Bau von Atomkraftwerken. „Diese Staaten dürfen sich nicht länger an teuren Subventionsmodellen wie für Hinkley Point C orientieren, wenn eine für die Steuerzahler deutlich kostengünstigere und zugleich ökologisch unbedenkliche Alternative auf dem Tisch liegt“, so Tangermann.

Hintergrund: Hinkley Point C soll 2025 ans Netz gehen. Die britische Regierung will mit dem geplanten Atomkraftwerk die Versorgungssicherheit des Landes sicherstellen und hat den AKW-Investoren eine garantierte Einspeisevergütung von umgerechnet 120,51 Euro für jede in Hinkley Point C produzierte Megawattstunde versprochen. Laut Berechnungen von Energy Brainpool summiert sich diese Vergütung über die Förderlaufzeit von 35 Jahren unter Berücksichtigung der Inflation auf rund 108 Milliarden Euro. Diese hohen Subventionen verzerren den Energiemarkt in der EU zu Lasten erneuerbarer Energien. Greenpeace Energy hat deshalb 2015 vor dem Gericht der Europäischen Union gegen die EU-Kommission geklagt, die diese Beihilfen genehmigt hatte. Inzwischen haben neben der AKW-Betreiberfirma und dem britischen Staat auch Frankreich, Polen, die Slowakei, Tschechien und Ungarn beantragt, auf Seiten der Kommission in das laufende Gerichtsverfahren einzusteigen, um die umstrittenen Subventionen für Hinkley Point C zu verteidigen.

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