5 Jahre Fukushima – 5 Jahre Atomwende

Münchmeyer: Viele Niederlagen – Fukushima als Schrecken und Chance zugleich

Tobias Münchmeyer von Greenpeace begann seine – „bewusst subjektive“ – Darstellung der Ereignisse mit dem „Vater der pakistanischen Atombombe“, Abdul Kadir Khan aus Pakistan, der, ausgebildet 1962-65 an der TU Berlin,  sein Wissen auch an Nordkorea, Iran und Libyen weitergab. Im Mittelpunkt der deutschen Diskussion habe vor acht Jahren weniger die Atomenergie selbst gestanden, als vielmehr der Skandal um die Asse. Damals habe man schon Leckagen mit Kontaminationen im Wasser messen können. Dies nutzte Greenpeace im Herbst 2008, um die Anti-Atom-Bewegung wieder zu beleben. In Tschernobyl projizierten sie „Schon vergessen Frau Merkel?“ an den Sarkophag des GAU-Meilers und besetzten die Kuppel das AKW Unterweser über der aufgepinselten Warnung „Atomkraft schadet Deutschland“ – gleichzeitig ein drastischer Hinweis auf die mangelnde Terrorsicherheit der deutschen AKW: „Wer mit 50 Kilo Farbe auf die Kuppel steigen konnte, hätte das auch mit 50 Kilo TNT machen können…“, so Münchmeyer.

Protest gegen schmutzigen Atom-Deal – Sie liegen als Strahlenopfer zwischen gelben Atommüllfässern, eine Sirene heult. Dazwischen ein Banner: „Stoppt Merkels Atomdeal“. Greenpeace-Aktivisten protestierten vor dem Berliner InterContinental gegen Angela Merkels Schulterschluss mit der Stromindustrie pro Atomkraft. Im InterConti tagte der Bundesverband der Energie- und Wasserwirtschaft (BDEW). Zwei der Greenpeace-Atommüllfässer waren besonders abgeschirmt. Sie enthielten radioaktiv verseuchten Erdboden aus der Region Tschernobyl – entnommen rund 50 Kilometer von der AKW-Ruine entfernt.

Zum CDU-Wahlprogramm stellte Greenpeace ein sieben Meter hohes Trojanisches Pferd vors Adenauer-Haus . Denn die Union lehnte zwar damals in ihrem Wahlprogramm „den Neubau von Kernkraftwerken ab“, doch die Parteiführung sprach anders: Merkel erklärte, es sei „jammerschade“, wenn Deutschland aus der Atomenergie aussteige. Der damalige CDU-Generalsekretär Pofalla nannte die Atomkraft eine „Öko-Energie“. Und der seinerzeitige baden-württembergische Ministerpräsident Oettinger wollte die Rahmenbedingungen – auch für Atomkraftwerke der „neuen Generation“ – in Deutschland verbessern.

2010 hängten zwölf Kletterer an der Außenfassade der CDU-Parteizentrale ein 10 mal 7,5 Meter großes Fotobanner auf. Unter der Überschrift „CDU – Politik für Atomkonzerne“ prosten sich Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) und der Vorstandsvorsitzende des Atomkonzerns RWE, Jürgen Großmann, mit Schnapsgläsern zu (Foto © Kay Michalak, Greenpeace). Die Aktivisten protestierten gegen die Laufzeitverlängerung von Atomkraftwerken und die Klientelpolitik der CDU für die vier Atomkonzerne RWE, E.ON, EnBW und Vattenfall. Sie forderten jeden einzelnen CDU-Abgeordneten auf, gegen die Laufzeitverlängerung zu stimmen. Münchmeyer: „Viele, die vorbeifuhren, bekundeten mit Handzeichen oder Hupen ihre Sympathie. Nach einem Störfall schweißten Greenpeace-Aktivisten das Eingangstor des AKW Krümmel zu – dazu ein Transparent mit der Inschrift: „Geschlossen wegen Unzuverlässigkeit von Vattenfall“.

Gleichzeitig schilderte Münchmeyer die Arbeit von Greenpeace für die Erneuerbaren Energien – beispielsweise eine Aktion am Reichstag – schließlich am 05.09.2009 die große Anti-Atom-Demo (Foto © Friko Berlin) in Berlin mit 60.000 Teilnehmern. Aber: 14 Tage später gewann Schwarz-Gelb trotz des AKW-Themas. 2010 kam die Laufzeitverlängerung für AKW – die Niederlage schien vollständig. So berichtet Münchmeyer von zahlreichen Rückschlägen – bis am 11.03.2011 Fukushima dann alles verändert habe. Schrecken und Chance zugleich…

Nach Fukushima sei alles einfacher gewesen – wie etwa die Menschenkette um Neckarwestheim. Und Fukushima wirkte nicht nur Deutschland, auch in der Schweiz, in Frankreich (dort hatte man hatte Tschernobyl schlicht verschlafen) – dagegen hat Fukushima in Großbritannien „gar nicht stattgefunden“. Münchmeyer abschließend: „Die Geschichte hört erst 2022 auf, danach folgen aber Zehntausende Jahre Endlagerung. Zweiter großer Brocken ist jetzt der Kohleausstieg“.

Folgt: Tetsch: „Der größte jemals unternommene Versuch zur Auswirkung radioaktiver Strahlung auf Menschen“