Hinkley Point C-Entscheidung verschoben

EDF vertagt Investitionsbeschluss für britisches AKW-Projekt um Monate – „Mit jeder Verschiebung wird Bau von Hinkley Point C unwahrscheinlicher“

Der verantwortliche Konzern für das geplante Atomkraftwerks Hinkley Point C in Großbritannien, Electricité de France (EDF), verschiebt seine ursprüngliche für Anfang Mai vorgesehene Investitionsentscheidung für den umstrittenen AKW-Bau auf September. Damit rücke „der Bau des auch von Österreich bekämpften Kernkraftwerks in Großbritannien in die Ferne“, so der österreichische Standard. Zunächst müssen drei Bedingungen erfüllt sein, so Frankreichs Wirtschaftsminister Emmanuel Macron gegenüber der Zeitung „Journal du Dimanche“, darunter die Stärkung der finanziellen Lage von EDF.

Der Bau von Hinkley Point ist umstritten. Österreich und andere Staaten klagen vor dem Europäischen Gerichtshof (EuGH) gegen die milliardenschweren Staatssubventionen für das Projekt. Am Freitag hatte der vom französischen Staat kontrollierte Konzern EDF eine vier Milliarden Euro schwere Kapitalerhöhung bekanntgegeben. Es müsse auch sichergestellt werden, dass die Pläne zum Bau des AKWs realisierbar sind. Außerdem müssten Beratungen mit den Gewerkschaften stattfinden. Macron hatte im März gesagt, dass ein Beschluss über das Projekt Anfang Mai gefällt werden solle.

Die Entscheidung kommentiert Marcel Keiffenheim, Leiter Politik und Kommunikation bei Greenpeace Energy: „Hinkley Point C stirbt einen teuren Tod auf Raten. Üppige Garantien, mehr als 100 Milliarden Euro Subventionen vom britischen Staat sowie die gerade erst zugesagten Finanzspritzen aus der französischen Staatskasse reichen offenbar immer noch nicht, dem Risiko-Projekt die nötige Investitionssicherheit zu geben. Diese erneute, mehrmonatige Verschiebung des Baus ist eine Bankrotterklärung der Atomindustrie und zeigt, wie schwer sich die beteiligten Staaten inzwischen tun, Hinkley Point C gegen bestehende wirtschaftliche, juristische und technische Probleme durchzudrücken. Bei diesem AKW-Projekt geht es längst nicht mehr um Energieversorgung, sondern einzig und allein um politische Gesichtswahrung. Allerdings wird mit jeder weiteren Verschiebung unwahrscheinlicher, dass Hinkley Point C jemals ans Netz geht.“

Ein am 22.04.2016 veröffentlichtes Rechtsgutachten von Greenpeace Großbritannien kommt zu dem Fazit, dass weitere Finanzspritzen für den EDF-Konzern zum Bau von Hinkley Point C vermutlich mit dem EU-Beihilferecht nicht vereinbar sind.

[note: Der oberösterreichische Landesrat Rudi Anschober (Grüne) äußerte sich zufrieden: „Atomprojekt Hinkley Point vor dem Aus – Einstieg in den europaweiten Atomausstieg kann jetzt gelingen“Neuerlich hat der Atomgigant EdF die Investitionsentscheidung für das britischen Atomprojekt Hinkley Point verschoben, vorerst bis in den Sommer. „30 Jahre nach Tschernobyl, 5 Jahre nach Fukushima ist es uns gelungen, die Atomenergie völlig unwirtschaftlich zu machen. Gelingt es uns nun mithilfe der Nichtigkeitsklage gegen die Genehmigung der für HP geplanten Milliardensubvention, das größte Neubauprojekt im Atombereich in Europa zu stoppen – und dafür stehen die Chancen gut – dann könnte dies einen Dominoeffekt schaffen und auch die geplanten Projekte in unserer Nachbarschaft in Temelin, Dukovany, Pacs und Krsko stoppen. Denn ohne Milliardensubventionen ist kein Neubauprojekt mehr umsetzbar“, betont Grün Landesrat Rudi Anschober. Die von Anschober gegründete „Allianz der Regionen für einen europaweiten Atomausstieg“, die von 8 Regionen vor wenigen Wochen gestartet wurde, erfreut sich mittlerweile reger Nachfrage – weitere 7 Regionen haben aktuell bereits um Beitritt angefragt.]

Hintergrund: Hinkley Point C soll nach der aktuellen Planung 2025 ans Netz gehen. Die britische Regierung will mit dem geplanten Atomkraftwerk die Versorgungssicherheit des Landes sicherstellen und hat den AKW-Investoren für die Laufzeit von 35 Jahren eine garantierte Einspeisevergütung von umgerechnet rund 120 Euro für jede in Hinkley Point C produzierte Megawattstunde versprochen. Das sind rund 40 Prozent mehr, als etwa ein neuer Windpark in Deutschland an Vergütung erhält.

Laut Berechnungen des Berliner Analyseinstituts Energy Brainpool summiert sich die Garantie-Vergütung für Hinkley Point C über die Förderlaufzeit von 35 Jahren unter Berücksichtigung der Inflation auf rund 108 Milliarden Euro. Greenpeace Energy klagt gemeinsam mit neun weiteren Unternehmen gegen dieses Subventionspaket, weil es den Wettbewerb auf dem europäischen Energiemarkt zu Lasten der Erneuerbaren verzerrt (Solarify berichtete mehrfach: solarify.eu/klage-gegen-eu-kommission-wg-hinkley-point)

->Quellen: