Diverses Echo auf Frackingbeschluss

Große Koalition endlich einig

Das umstrittene sogenannte unkonventionelle Fracking („Schiefergas-Förderung“) soll unbefristet verboten werden. Für Probebohrungen hat der Bund die Entscheidung den Ländern aufgehalst. Eine Expertenkommission solle auch einen Erfahrungsbericht erstellen. Diesen Kompromiss hat die große Koalition im Streit über Fracking nach langem Hin und Her gefunden. Das Echo fiel sehr unterschiedlich aus.

Fracking – unkonventionell und konventionell:
Beim konventionellen Fracking wird bis zu 5.000 Meter tief gebohrt und dann das Gestein aufgebrochen – in dieser Tiefe angeblich ungefährlich für das Grundwasser. Zudem seien die Chemikalien unbedenklich und würden offen gelegt. Die Technik wird in Deutschland bereits seit Jahren angewendet.
Beim unkonventionellen oberflächennahen Fracking werden Wasser, Sand und Chemikalien gemischt unter hohem Druck in Ton- oder Schiefergestein gepresst, das wird aufgebrochen, damit die Gasreserven gefördert werden können. Aus Umweltschutzgründen gilt es zudem als bedenklich, dass der Rückfluss des Gemisches entsorgt werden muss. Welche Chemikalien eingesetzt werden, muss nicht offen gelegt werden. Zahlreiche Folgeschäden werden aus den USA (s. solarify.eu/fracking-boom-oder-blase) gemeldet. Siehe auch: solarify.eu/dossier-schiefergas

Die Reaktionen sind teilweise konträr

Während SPD-Fraktionschef Thomas Oppermann das Gesetz „ein Fracking-Begrenzungsrecht“ nannte und der stellvertretende CDU-Vorsitzende Armin Laschet meinte: „Dieses Gesetz schließt Fracking in Deutschland quasi aus“. Sein Landsmann, NRW-Umweltminister Johannes Remmel (Grüne) ist genau gegenteiliger Ansicht: „Durch die geplante Novelle wird der Einsatz von Fracking bundesweit ermöglicht und eben nicht unterbunden.“ Trotz vieler offener Fragen „boxt die Bundesregierung das Fracking-Ermöglichungsgesetz durch“. Das sei „fahrlässig“. Die NRW-Landesregierung will Fracking im neuen Landesentwicklungsplan denn auch ausschließen. Wieder anders Nina Scheer, SPD-MdB: „Nach langer Blockade durch den Koalitionspartner ist es nun gelungen, ein unbefristetes Verbot für Schiefergesteinsfracking, sogenanntes unkonventionelles Fracking, zu erzielen. Das Verbot umfasst sowohl Fracking zur Gewinnung von Gas als auch Öl. Gerade die Einbeziehung von Öl ist aus der Perspektive von Schleswig-Holstein eine gegenüber dem ersten Gesetzesentwurf wichtige Ergänzung. Die Neuregelung sieht für unkonventionelles Fracking zwar die Möglichkeit der Erlaubniserteilung von vier Probebohrungen zu wissenschaftlichen Zwecken vor. Diese bedürfen aber zwingend der Zustimmung der jeweiligen Landesregierung. Die Entscheidung der Landesregierung erfordert eine Abwägung mit den geologischen Besonderheiten der betroffenen Gebiete und sonstigen öffentlichen Interessen. Mit Blick auf die klare Haltung der schleswig-holsteinischen Landesregierung für ein Frackingverbot wird mit dieser Neuregelung in Schleswig-Holstein somit zukünftig unkonventionelles bzw. Schiefergesteinsfracking umfassend verboten sein.“

Um endlich das wesentlich rohstoffreichere und flächenintensivere unkonventionelle Fracking untersagen zu können, erachtet Scheer die Neuregelung für notwendig. Ohne eine Verbots-Regelung bliebe nämlich nach heutiger Rechtslage Fracking erlaubt, womit Unternehmen im Ernstfall Genehmigungen zu erteilen wären. Konventionelles Fracking, wie seit den 60er Jahren vor allem in Niedersachsen angewendet, werde nur nach weitergehend verschärften Umweltschutzanforderungen möglich sein. In Schleswig-Holstein bzw. außerhalb von Niedersachsen wäre den Vorkommen nach aber lediglich unkonventionelles Fracking relevant. Scheer abschließend: „Ein darüber hinausgehendes klima-, gesundheits- und umweltpolitisches Ziel muss aber die generelle Abkehr von fossilen Energieressourcen sein – sowie ein vollständiger Umstieg auf Erneuerbare Energien. Bundesweit gesehen betrifft dies auch die Braunkohle.“

Die in der zwischen den Koalitionspartnern erzielten Einigung enthaltene Erklärung, wonach der Bundestag im Jahr 2021 das gesetzliche Verbot auf seine Verhältnismäßigkeit hin überprüfen werde, stellt laut Scheer „aber keine Befristung des Fracking-Verbots dar.“

Hendricks: „Überschaubar“

Bundesumweltministerin Barbara Hendricks (SPD) begrüßte die Einigung als „guten Abschluss“ einer langen Kontroverse. „Kommerzielle unkonventionelle Fracking-Vorhaben sind in Deutschland damit bis auf weiteres nicht zulässig“. Dass vier Probebohrungen zur Erforschung der Folgen von unkonventionellem Fracking etwa in Schiefergestein erlaubt werden sollen, hält Hendricks für „sehr überschaubar“. Hendricks lobte zudem, dass für konventionelles Fracking in Sandgestein, das in Deutschland seit den 60er Jahren praktiziert wird, künftig strengere Auflagen gelten sollen. Unter anderem will die große Koalition dem Schutz von Trinkwasser einen höheren Stellenwert einräumen.

„Mogelpackung statt konsequentes Fracking-Verbot“

Als „Mogelpackung“ hat der Bundesverband Bürgerinitiativen Umweltschutz (BBU) die Einigung der Bundestagsfraktionen von SPD und CDU/CSU zum Fracking bezeichnet.
Fracking werde keineswegs vollständig verboten. Fracking in bestimmten geologischen Formationen, sogenannten Tight-Gas-Reservoirs, werde in jeder Tiefe erlaubt. Davor könnten auch Länderklauseln nicht schützen.
Und eine endgültige Entscheidung über Fracking im Schiefergestein werde nicht getroffen, sondern auf das Jahr 2021 verschoben. Der BBU appelliert an die Mitglieder des Deutschen Bundestags, das Regelungspaket der Bundesregierung am 24.06.2016 abzulehnen und sich für ein ausnahmsloses Fracking-Verbot einzusetzen.

Oliver Kalusch vom Geschäftsführenden Vorstand des BBU erklärt hierzu:
„Die Große Koalition täuscht die Bevölkerung. Geradezu bühnenreif präsentiert sie das Stück ‚Gutes Fracking – schlechtes Fracking“. Dazu benutzt sie die Fantasiebegriffe ‚konventionelles Fracking‘ und ‚unkonventionelles Fracking‘. Doch die Technik, die zur Ausbeutung verschiedener Gesteinsschichten verwendet wird, ist immer die gleiche.
Und gleich sind auch die Umweltschäden wie Grundwasserkontaminationen oder Erdbeben sowie die Gesundheitsbeeinträchtigungen. Das Ziel von SPD und CDU/CSU ist, die juristischen Hürden für Fracking-Vorhaben in Tight-Gas-Reservoirs aus dem Weg zu räumen. Aufsuchungserlaubnisse und Betriebspläne sollen die Rechtsicherheit bekommen, die sie bisher nicht haben.“

Und Kalusch weiter: „Auch die Hoffnung auf Länderklauseln erweist sich bei näherer Betrachtung als höchst trügerisch. Denn nur für Erprobungsmaßnahmen bedarf es der Zustimmung der Bundesländer. Ein weitergehender Ausschluss kann nur in Gebieten erfolgen, in denen untertägiger Bergbau betrieben wird oder betrieben worden ist. Um darüber hinaus rechtssicher auf Länderebene über die Raumordnung Fracking in anderen Gebieten, insbesondere Tight-Gas-Reservoirs, ausschließen zu können, würde es einer entsprechenden neuen Ermächtigung im Bundesberggesetz bedürfen. Eine solche Änderung hat weder die Bundesregierung noch die Große Koalition vorgelegt. Damit wird jeder Versuch eines Ausschlusses über einen Landesentwicklungsplan zu einem juristischen Glücksspiel.“

Auch für Bohrungen im Schiefergestein bringe die Einigung der Großen Koalition keine abschließende Sicherheit. Der Prüfungsvorbehalt für das Jahr 2021 bedeute lediglich: In den nächsten fünf Jahren werden die Gaskonzerne die Tight-Gas-Reservoirs vollständig ausbeuten und bis 2021 kontinuierlich Druck machen, damit die Schiefergasförderung dann freigegeben wird.

Der BBU appelliert an die Bundestagsabgeordneten, dieses Spiel auf Kosten der Bevölkerung nicht mitzumachen, und sich konsequent für ein ausnahmsloses Fracking-Verbot einzusetzen. Der erste, notwendige Schritt hierzu sei die Ablehnung des Pro-Fracking-Rechts der Bundesregierung am 24.06.2016 im Bundestag.

->Quellen: