EEG-Novelle umstritten

Eurosolar fordert in offenem Brief Korrektur der EEG-Novelle

Die Europäische Vereinigung für Erneuerbare Energien e.V. (Eurosolar) appellierte in einem offenen Brief an alle Bundestagsabgeordneten, den Entwurf zur Novelle des Erneuerbare-Energien-Gesetzes (EEG) 2016 zu korrigieren. In sieben Punkte gegliedert belegt Eurosolar, wie KMU durch Ausschreibungen und Zubaubeschränkungen in ihrem Engagement für den EE-Ausbau behindert werden. Eurosolar fordert, die „europarechtlich zulässige Bagatellgrenze von einem Megawatt bei der Photovoltaik“ auszuschöpfen. Zudem müsse der „willkürliche 52-Gigawatt-Deckel, nach dessen Erreichen neue PV-Anlagen keine EEG-Einspeisevergütung mehr erhalten“ abgeschafft werden, weil er sinnlos sei, vielmehr  „offensichtlich allein zum Schutz der Betreiber von fossilen und nuklearen Kraftwerken vor Konkurrenz“ diene. Solarify dokumentiert den Wortlaut des Briefs (Fettungen von Eurosolar).

„Sehr geehrte Mitglieder des Bundestags,

Sie sollen in der letzten Sitzungswoche vor der Sommerpause über die Novellierung des Erneuerbare Energien Gesetzes (EEG) entscheiden. Kern der Novelle ist die Einführung von Ausschreibungen bei gleichzeitiger massiver Reglementierung des Zubaus von Anlagen zur Stromerzeugung mit Erneuerbaren Energien. Begründet wird diese Änderung mit der Behauptung, dadurch die Kosten der EEG-Umlage zu begrenzen. Tatsächlich ist aber gar nicht der Zubau von Erzeugungsanlagen Kostentreiber der EEG-Umlage, sondern Kostentreiber sind die ökonomischen Folgen einiger Eingriffe in das EEG, wie z.B. die Ausweitung der sog. Besonderen Ausgleichregelung („Industrierabatte“) und der seit 2009 neue Wälzungsmechanismus, der dazu führt, dass die EEG-Umlage bei sinkenden Strompreisen steigt – und die Strompreise sinken seit Jahren immer weiter, besonders dank der Erneuerbaren Energien. Wir reden hier über rund 2 ct/kWh, die die EEG-Umlage ohne diese Effekte niedriger wäre. Zum Vergleich: 1.000 MW Windkraft an Land führen zu einer Steigerung der EEG-Umlage um ca. 0,04 ct/kWh.

Insofern ist die massive Beschränkung des Zubaus der falsche Ansatzpunkt, wenn man das Kostenargument ernst nimmt. Gleiches gilt für das Instrument der Vergabe durch Ausschreibungen. Erfahrungen haben gezeigt, dass Ausschreibungen zu Fehlallokationen führen und dass Projekte nach Zuschlagserteilung häufig nicht realisiert werden. Dies führt dann zu einer Unterschreitung der vorgegebenen Ausbauziele. Vor allem aber ist dieses Instrument extrem bürokratisch und mit hohen Vorkosten für Bieter verbunden. Dies verursacht massive Finanzierungs- und Realisierungsprobleme für kleine und mittlere Unternehmungen, wie z.B. Stadtwerke, lokale KMU und Bürgerenergiegenossenschaften. Diese kleinen und mittleren Unternehmungen sind aber der Treiber der Energiewende auf dem Weg zu einem echten Energiemarkt mit vielen lokalen und regionalen Energieproduzenten, die ihren Strom lokal, regional und bundesweit anbieten.

Daher macht der Koalitionsvertrag zwischen CDU, SPD und CSU auch die Vorgabe, dass Ausschreibungen nur dann eingeführt werden sollen, wenn es dadurch nicht zur Behinderung für die oben genannten Treiber der Energiewende kommt. Zudem sieht der Koalitionsvertrag vor, dass Ausschreibungen unter den oben genannten Bedingungen erst 2018 eingeführt werden. Dies wurde von der SPD zusätzlich durch ein Mitgliedervotum bestätigt.

Wenn aber ein Vergaberegime mit Ausschreibungen eingeführt werden soll (nach Vorlage des BMWi im Widerspruch zum Koalitionsvertrag und zum SPD-Mitgliedervotum sogar bereits ab 2017), so müssen kleine und mittlere Unternehmungen im Bereich der Erneuerbaren Energien wenigstens durch eine De-minimis-Regelung ausgenommen werden. Die EU-Kommission hat für die Windkraft an Land eine solche Regelung für Windparks mit max. sechs Anlagen mit je max. 3 MW für europarechtskonform erklärt. Eine solche Regelung fordert auch der Bundesrat. Die Behauptung von interessierter Seite, eine solche Regelung würde zur Überschreitung der von der Koalition vereinbarten Ausbauziele führen, entbehrt vor dem Hintergrund der tatsächlichen Ausbauzahlen der o.a. Investoren und unter Berücksichtigung der durch die Ankündigung von Ausschreibungen entstandenen Vorzieheffekte jeder empirischen Grundlage.

Zusammenfassung: Was für die Weiterentwicklung einer mittelständischen Energiewende auf dem Weg zu einem echten Energiemarkt JETZT zu tun ist:

  1. Ausschreibung nur, wenn die im Koalitionsvertrag genannten Bedingungen empirisch belastbar erfüllt werden. Ausschreibungen nicht vor 2018, wie im Koalitionsvertrag und durch das SPD-Mitgliedervotum festgeschrieben.
  2. Für kleine Windparks muss eine Ausnahme von den Ausschreibungen eingeführt werden. Die EU-Kommission lässt Ausnahmen für kleine Windparks mit max. sechs Anlagen mit je max. 3 MW zu. Kommunen, Mittelstand und Bürger würden mit dieser Regelung die nötige Luft zum Atmen bekommen, um die preiswerte Windkraft in regional verwurzelten Projekten weiter ausbauen zu können.
  3. Die Wettbewerbsfähigkeit ordentlicher Binnenlandstandorte für Windkraftanlagen ab 60% des Referenzstandorts (nicht erst ab 70%) muss gegenüber Küsten- und anderen Topstandorten gesichert werden.
  4. Streichung der verfassungswidrigen 5%-Sonderkürzung der Vergütung von Windenergieanlagen mit einer Genehmigung vor dem 1.Januar 2017. Diese Sonderkürzung verletzt das in das EEG 2014 gesetzte Vertrauen, bis Ende 2016 genehmigte Windenergieanlagen zu den Bedingungen des EEG 2014 errichten zu dürfen.
  5. Keine pauschalen Zubaubeschränkungen in sogenannten „Netzengpassgebieten“. Es ist nicht nachvollziehbar, warum es in Gebieten Zubaubeschränkungen wegen angeblicher Netzengpässe im Übertragungsnetz geben soll, in denen der Strom aus Erneuerbaren Energien gar nicht das Übertragungsnetz erreicht.
  6. Die europarechtlich zulässige Bagatellgrenze von 1 Megawatt bei der Photovoltaik (PV) muss ebenfalls ausgeschöpft werden. Der willkürliche 52-Gigawatt-Deckel, nach dessen Erreichen neue PV-Anlagen keine EEG-Einspeisevergütung mehr erhalten, ergibt vor dem Hintergrund der durch die Realität widerlegten pessimistischen Grundannahmen zur Kostenentwicklung keinen Sinn und muss wieder abgeschafft werden. Er dient offensichtlich allein zum Schutz der Betreiber von fossilen und nuklearen Kraftwerken vor Konkurrenz.
  7. Die EEG-Umlage auf selbstgenutzten und Mieterstrom (Sonnensteuer) ist abzuschaffen, weil selbsterzeugter und -verbrauchter Strom die Netze sogar entlastet. Gerade Mieterstrommodelle führen dazu, dass auch die kleinen Leute ohne Eigenheim von den Vorteilen der Erneuerbaren Energien profitieren können.

In der Anlage finden Sie zur vertiefenden Information unser Memorandum NEUE ENERGIE-MARKTORDNUNG statt nur ein Strommarktdesign. Für Ihre Rückfragen und für weitergehende Informationen zur Energiepolitik stehen wir Ihnen gern zur Verfügung.
Mit freundlichen Grüßen
gezeichnet
Stephan Grüger, MdL (Vizepräsident EUROSOLAR e.V.) – Dr. Axel BergVorsitzender, Vorstand der Deutschen Sektion von EUROSOLAR e.V.“

->Quellen: