Sektorkopplung: Schlüssel für eine erfolgreiche Energiewende?

Thema der Woche aus dem Newsletter des DIHK

Die Integration der Erneuerbaren in das Stromsystem wird immer schwieriger. Damit überschüssiger Ökostrom verwendet statt abgeschaltet wird, will das BMWi Anreize für Technologien wie Nachtspeicherheizungen oder Elektroautos setzen, die Strom in den Sektoren Wärme und Verkehr nutzbar machen. Der DIHK warnt jedoch davor, eine solche „Sektorkopplung“ über punktuelle Förderung zu forcieren. Stattdessen rät er, die Bedingungen für einen sektorübergreifenden Wettbewerb zu verbessern und die Netzentgelte in Zeiten geringer Nachfrage auch für die Verbraucher zu senken.

PV auf Dach des Tagungs-Saals - Foto © Gerhard Hofmann, Agentur Zukunft für SolarifyDas EEG 2017 ist frisch verabschiedet, doch viele Probleme bei der Umsetzung der Energiewende bleiben. Für das nächste Jahr steht wieder eine Erhöhung der EEG-Umlage an. Gleichzeitig wird die Integration der Erneuerbaren in das Stromsystem immer schwieriger: Eine Milliarde Euro, ein Gutteil davon zulasten der Unternehmen, kostete 2015 die Abschaltung von Erneuerbaren-Anlagen vor allem in Norddeutschland und das gleichzeitige Hochfahren konventioneller Erzeugung in Süddeutschland – beides zur Vermeidung von Netzengpässen. Aber nicht nur die Netze, auch der Markt kann den erzeugten Strom zeitweise nicht sinnvoll aufnehmen. Richten soll es unter anderem die sogenannte „Sektorkopplung“, bei der Strom vermehrt in den Sektoren Wärme und Verkehr genutzt werden soll.

Abgaben verhindern Sektorkopplung

Von dieser Idee verspricht sich das BMWi, dass überschüssiger Ökostrom verwendet statt abgeschaltet wird und sich gleichzeitig der Anteil erneuerbarer Energien im Verkehr und im Wärmesektor stärker erhöht. Eine Reihe von Technologien zur Sektorkopplung, seien es Nachtspeicherheizungen, Heizpatronen für eine alternative Wärmeerzeugung in KWK-Anlagen oder Elektroautos, sind bereits am Markt verfügbar oder werden – wie die Wasserstoffherstellung aus Ökostrom (Power-to-Gas) – gerade eingeführt. Trotz Kostensenkungen und Förderung gibt es ein gravierendes Hemmnis: Strom ist mit hohen staatlich induzierten Abgaben – EEG- und KWK-Umlage, Stromsteuer, Netzentgelte – belegt, sodass sich seine Nutzung im Wärme- und Verkehrsbereich vielfach nicht rechnet.

Keine strombasierte Einbahnstraße

Hier sind keine einfachen Lösungen in Sicht. Würde der Stromeinsatz im Wärme- und Mobilitätssektor zum Beispiel von der EEG-Umlage freigestellt, müssten die Förderkosten der Windund Solaranlagen allein von den klassischen Stromkunden geschultert werden. In erster Linie sind Elektroautos, Wärmepumpen und Co. neue Stromverbraucher, die deshalb an Infrastrukturkosten, Steuern und EEG-Umlage beteiligt werden sollten. Eine Entlastung ist nur angemessen, wenn sich volkswirtschaftliche Vorteile ergeben: So sieht das EEG seit Kurzem vor, dass bei großem Ökostromangebot der Mehrverbrauch finanziell Wind und PV bei Bitterfeld - Foto © Gerhard Hofmann, Agentur Zukunft für Solarifybelohnt wird und damit die Abregelungskosten von Windanlagen sinken. Die Politik sollte zudem nicht einseitig auf eine Elektrifizierung der Energienachfrage setzen. Unternehmen brauchen die Freiheit, nach wirtschaftlichen Gesichtspunkten zu entscheiden, welche Energieträger sie für einzelne Anwendungen einsetzen. Ziel der Sektorkopplung sollte aus Sicht des DIHK daher nicht die Nutzung von Erneuerbaren-Strom für Wärme und Verkehr um jeden Preis sein, sondern ein möglichst effizienter und gewinnbringender Einsatz verfügbarer Energie.

Strom, Wärme und Mobilität zusammen denken – mehr Vertrauen in die Innovationskraft des Marktes

Anstatt über Sonderregeln Anreize für einzelne Technologien zu setzen, ist nach Einschätzung des DIHK mehr Vertrauen in die Innovationskraft des Marktes gefragt. Die rechtlichen Rahmenbedingungen und die Systematik von Steuern und Entgelten sollten so weiterentwickelt werden, dass sektorübergreifend zwischen Energiemärkten, Energieformen und Technologien Wettbewerb entsteht. Ein wichtiger Schritt in diese Richtung kann eine breite Entlastung strombasierter Anwendungen durch die Absenkung der Stromsteuer auf das europäische Mindestmaß sein. Eine weitere Möglichkeit besteht darin, die Netzentgelte für Verbraucher zu verringern, die in Zeiten geringer Nachfrage Strom beziehen, wie es für den Fall der sogenannten atypischen Stromnachfrage von Unternehmen bereits vorgesehen ist. Dadurch würde ein Verbrauchsverhalten belohnt, das die Netze entlastet. Letztlich würde dies auch die wirtschaftlichen Chancen von Stromspeichern verbessern, weil sie in diesem Sinne eingesetzt werden könnten.

->Quelle: dihk.de/thema-der-woche